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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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sich in Deckung und hätte trotzdem den Strand im Blick. Die zweite war ein dichtes Gestrüpp aus jungen Weiden, deren Äste so ineinander verschlungen waren, dass sie sogar bar jeden Laubwerks einen undurchlässigen Sichtschutz darstellten. Von beiden Stellen aus befanden sich die Boote in Schussweite.
    Etwa zehn Meter von dem Gestrüpp entfernt hatte Liam Männer aufgestellt. Er selbst wollte sich um die Anhöhe kümmern.

    Etwas sagte ihm, dass der Mann sich dort verstecken würde. In einer solchen Lage musste man versuchen, in die Haut seiner Beute zu schlüpfen und ihre Gedanken und Reaktionen vorwegzunehmen, und das hatte er getan. Er selbst hätte die Anhöhe gewählt, weil dieser Platz bessere Fluchtmöglichkeiten bot.
    Eines der Boote hatte sich mit sechs Männern an Bord ein Stück vom Ufer entfernt. Patrick stand noch am Strand, die Stiefel einige Zoll tief im Wasser und dicht umringt von Soldaten mit schussbereiten Musketen. Wenn Gordon sah, dass er keine Aussicht hatte, ihn zu treffen, würde er vielleicht einfach aufgeben. Liam fühlte sich zutiefst zerrissen. Er kam sich vor, als müsse er zwischen Caitlins Leben und dem seines Schwagers wählen, und stieß einen unterdrückten Fluch aus.
    »Hoppla!«, flüsterte Angus. »Dort hinten, siehst du es?«
    Liam zog die Augen zusammen. Nichts.
    »Gleich hinter dieser Eiche«, erklärte sein Kamerad und wies mit dem Lauf seiner Waffe auf die Stelle, die er ihm bezeichnet hatte.
    Liam schaute nach links, wo eine gewaltige, knorrige Eiche ihre dicken Wurzeln langen Krallen gleich in den Boden bohrte. Stark und kräftig hatte sie sich den Stürmen, die an der Küste tobten, widersetzt. Eine Weile verging. Wurde sein Augenlicht etwa schwächer? Erneut blinzelte er. Dann erblickte er ihn. Das helle Hemd und das Aufblitzen eines zu gut polierten Beschlags an seiner Waffe hatten ihn verraten. Liams Herz begann hektisch zu pochen. Der Mann war schussbereit.
    »Er ist es«, flüsterte er. »Herrgott, er wird schießen!«
    Angus und Duncan hatten die Waffen angelegt. Ein Stück weiter wälzte sich Donald herum, um in Stellung zu gehen. Instinktiv sprang Liam plötzlich auf und brüllte Patrick eine Warnung zu. Das war das Zeichen. Rund um ihn herum krachte es, und ein Schusswechsel brach los. Einer der Soldaten in dem Boot brach zusammen. Einen Augenblick lang glaubte Liam zu sehen, wie Patrick wankte und sich am Arm eines Soldaten festhielt, der ihn auf den Boden eines Bootes stieß, in Deckung. Der Bastard hatte Patrick getroffen!

    »Wo ist er?«, schrie er und sprang über die flache, grasbewachsene Düne.
    »Er ist in den Wald geflüchtet«, rief Duncan, der ihm bereits nachsetzte.
    »Wir dürfen den Hundesohn nicht entkommen lassen!«, keuchte Liam, dessen Lungen schon in Flammen standen. »Ich will ihn lebend, habt ihr mich gehört?«
    Dann rannte er los und nahm die Verfolgung auf.

    Ich komme wieder … Ja, er würde zurückkommen… Um mich zu töten? Ich verspürte nicht wirklich den Wunsch, auf ihn zu warten und es festzustellen. Ich musste hier fort, bevor er wiederkam. Denk nach … Seit einer halben Stunde versuchte ich nun schon, die Fesseln zu lösen, die sich schmerzhaft in meine hinter dem Rücken verschnürten Handgelenke gruben. Wütend biss ich in meinen Knebel. Meine Flucht konnte ich nur ganz allein bewerkstelligen.
    Durch die Tür, die offen geblieben war, fiel so viel Licht ein, dass ich meine Umgebung erkennen konnte. Mein verzweifelter Blick streifte über die Holzkästen, die sich in einer Ecke stapelten. Eine alte, rostzerfressene Kohlenpfanne hätte mir mit ihren Eisenkanten von Nutzen sein können, aber die Schnur, mit der er mich festgebunden hatte, war nicht lang genug, um sie zu erreichen und daran meine Fesseln aufzuscheuern. Ein Stapel von Holzwürmern zernagter Bretter. Ein Gestell zum Trocknen von Fisch, an dem noch ein paar bräunliche Fetzen hingen.
    Der einzige Gegenstand, der sich im meiner Reichweite befand, war das umgedrehte Boot. Ich betrachtete es mit ganz neuen Augen und suchte nach etwas, das mir die Freiheit schenken könnte. Schon wollte ich den Blick abwenden, als ein metallisches Glänzen meine Aufmerksamkeit erregte. Ich beugte mich über die Stelle, um sie genauer anzusehen. Am Heck befand sich ein verdrehtes, halb abgerissenes Stück Eisenblech, das wahrscheinlich einmal einen Ring zum Vertäuen gehalten hatte.
    Mit klopfendem Herzen ließ ich mich an dem hölzernen Rumpf entlang zu Boden gleiten und betastete

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