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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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nicht…«
    »Nein, keine Angst, ich habe sie nicht getötet – nur ein wenig erschreckt.«
    Er wusste alles, und er hatte mir von Anfang an etwas vorgemacht. Eine finstere Komödie. Einen Moment lang wünschte ich mir, er wäre nicht mein Sohn. Wie war es möglich, dass ich ein so heimtückisches Wesen in die Welt gesetzt hatte? Wenn ich ihn nur hätte behalten, wenn ich ihm meine Liebe hätte schenken können, wenn Turner nicht sein Herz vergiftet hätte, wenn… wenn… wenn … Doch man hatte mir keine Wahl über Stephens Zukunft gelassen. Betrübt musste ich mir eingestehen, dass ich die falsche Entscheidung getroffen hatte.
    Mein Sohn litt, und ich konnte nichts mehr für ihn tun. Ich beschloss, lieber zu schweigen, nicht länger nutzlos an ihn zu appellieren. Dazu waren mir die Kraft und die Lust vergangen.
    »Was hast du nun mit mir vor?«
    »Mit Euch?«
    »Ja, mit mir! Was willst du mit mir anfangen? Du wirst doch gewiss nicht riskieren, hierher zurückzukehren, nachdem …«
    Fast unmerklich spannte er sich an und reckte den Rücken. Anscheinend war mein Los im Moment die geringste seiner Sorgen. Schroff wandte er den Kopf in Richtung Ufer und trat einen Schritt in den sicheren Schatten zurück. Am Strand hatte sich wohl etwas bewegt. Prompt kam er auf mich zu.
    »Eure Handgelenke!«, befahl er energisch.
    »Stephen…«
    Er maß mich mit einem harten Blick, und ich gehorchte widerstandslos.
Mein Sohn löste die Fesseln, drehte mir die Arme auf den Rücken und verschnürte sie von neuem.
    »Stephen!«, rief ich noch einmal, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken.
    Er steckte sich eine der Pistolen in den Gürtel, ergriff die Muskete und hängte sie um. Dann richtete er die andere Pistole auf mich. Mir wich das Blut aus dem Gesicht. Diese blauen, kalten, berechnenden Augen … Winstons Augen … Die grausamen Züge der Dunnings, und mein Sohn hatte sie geerbt.
    »Ich komme wieder«, sagte er zur Antwort auf meine unausgesprochene Frage.
    Dann zog er sein Taschentuch hervor. Schon der Gedanke, dass er mich erneut knebeln würde, erfüllte mich mit Beklemmung. Wenn mein Mund zugestopft war, hatte ich das Gefühl, keine Luft zu bekommen und ersticken zu müssen. Als er meine entsetzte, verzweifelte Miene sah, zögerte er.
    »Ich kann die Gefahr nicht eingehen, dass Ihr schreit«, erklärte er dann doch und verknotete das Taschentuch.
    Dann verschwand er in die Nacht. Bei seinem eiligen Aufbruch hatte er vergessen, die Tür zu schließen. Mit leeren Augen sah ich in die Ferne. Drei Schiffe ankerten vor der Küste, und hinter ihnen ging ein grauer Mond auf. Mir brach fast das Herz.

    Am Rumpf der drei Boote, die man auf den Strand gezogen hatte, klebten Haufen von mit weißen Muschelschalen durchsetztem Seetang, den die schäumenden Wogen ausgespien hatten. Um sie herum hatten die Soldaten der persönlichen Leibwache des Prätendenten Stellung bezogen und hielten die Ohren offen. Ihre im Schatten ihrer mit einer weißen Kokarde geschmückten Dreispitze liegenden Augen durchforschten den Wald, der an den Strand grenzte. Die Falle war bereit.
    Liam begann ungeduldig zu werden. Nichts hatte sich gerührt. Die Soldaten standen jetzt seit fast einer halben Stunde auf ihrem Posten, und bald würde die Dunkelheit ihr samtschwarzes Tuch über sie werfen. Das würde ihnen ihre Mission sehr erschweren. Mit resignierter Miene drehte er sich zu Duncan um. Er hatte damit gerechnet, dass Gordon, der darauf
brannte, seine makabere Aufgabe zu erledigen, sich zeigen würe, sobald die Männer ihre Posten bezogen hatten. Zugegeben, der junge Mann war gewitzter, als er zunächst gedacht hatte.
    »Geh Patrick holen.«
    Sein Schwager wartete, angetan mit der Kleidung des Prinzen. Liam wäre es allerdings lieber gewesen, jemand anderer hätte diese Rolle gespielt. Mehrere Männer hatten sich angeboten, da sie es als Ehre betrachteten, ihr Leben für den Prätendenten zu opfern. Doch Patrick war hart geblieben. Immer wieder hatte er darauf hingewiesen, dass er den jungen Gordon in den Dienst des Hauses Keith geholt hatte. Wenn das Leben des Prinzen jetzt bedroht war, dann war das ganz allein seine Schuld. Und dann war da noch Caitlin, die er liebevoll Kitty nannte. Auch für ihre missliche Lage fühlte er sich verantwortlich.
    Liam grübelte unablässig darüber nach, warum Gordon Caitlin entführt hatte. Einfach als Geisel, um sich im Notfall seine Freiheit zu erkaufen? Ihm gab das Rätsel auf. Sàra wäre ihm als Faustpfand weit

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