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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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nützlicher gewesen; zumindest in den Augen der Gefolgsleute des Prinzen war sie weit wichtiger. Sie war eine Adlige und die Gattin des Leibsekretärs des Earl of Marischal, während Caitlin… Doch was immer hinter dieser Entführung stecken mochte, Caitlin wurde irgendwo in der Gegend von Montrose gefangen gehalten. Daher war die Losung ausgegeben worden, Gordon lebend festzunehmen – soweit das möglich war. Nur er kannte Caitlins Aufenthaltsort.
    William Gordons Vergangenheit lag im Dunkeln. Niemand wusste besonders viel über ihn. Sein Vater, ein glühender Jakobit, war Laird von Stathavon gewesen und gestorben, als der Junge erst zehn gewesen war. Er besaß zwei jüngere Brüder, an die er eigenartigerweise seine Rechte auf den Titel des Laird abgetreten hatte. Der junge Mann war von recht schweigsamem Naturell und hatte praktisch keine Freunde. Bei den wenigen Gesellschaften, zu deren Besuch er sich herabließ, hatte er sich zurückhaltend benommen, es vorgezogen, die anderen zu beobachten und ihnen zuzuhören, und nur eine Bemerkung abgegeben, wenn er direkt angesprochen wurde. Doch seine merkwürdigen Eigenschaften waren von seinem Pflichteifer und der
Brillanz, mit der er seine Aufgaben erledigte, überstrahlt worden. Ein verdächtiger Punkt allerdings war Patricks Aufmerksamkeit entgangen: Er war von einem Offizier der Hannoveraner großgezogen worden.
    Hufgetrappel, das von den steinernen Fassaden widerhallte, riss ihn aus seinen Überlegungen, und er drehte sich um. Im Licht des aufgehenden Mondes schimmerte ein vergoldeter Brustharnisch, in den das Wappen der Stuarts eingraviert war. Einen Moment lang hätte er geschworen, den Prätendenten vor sich zu haben. Doch dann fing er den Blick des Mannes auf, dessen Gesicht von der schweren, gepuderten Perücke beschattet wurde. Das waren eindeutig Patricks dunkle Augen; die des Prinzen waren hell. Doch in der Dunkelheit und auf die Entfernung würde Gordon keinen Unterschied erkennen können.
    Der Prinz war von acht französischen Soldaten in weißen Westen umgeben. Einige vertrauenswürdige Highlander begleiteten ihn; dazu kamen noch die Edelleute, aus denen das Gefolge des Prinzen bestand und die mit ihm ins Exil gehen würden.
    »Sind unsere Männer auf ihrem Posten?«, fragte sein Sohn hinter ihm.
    Liam drehte sich um.
    »Ja. Und wie geht es dir?«
    Mit einer Kopfbewegung wies er auf Duncans bandagierten Schenkel. Sein Sohn hob eine Falte seines Kilts an. Ein kleiner dunkler Fleck prangte auf dem von Marion sorgfältig angelegten Verband.
    »Recht gut. Aber wenn das so weitergeht, dann wird Marion jeden Teil meines Körpers geflickt haben, ehe ich dreißig bin.«
    Liam stieß ein spöttisches Lachen aus und klopfte Duncan auf die Schulter.
    »Worüber beklagst du dich? Deine kleine Stickerin hat Feenhände. So manch ein Mann würde sich auch die Haut ritzen lassen, um ihre Finger auf seinem Körper zu spüren.«
    Verblüfft zog Duncan die Augenbrauen hoch.
    »Gut für dich, dass sie eine Campbell ist. Der Name reicht aus, um die Männer Respekt zu lehren. Aber Blicke lügen nicht. In ihr fließt das heiße gälische Blut.«

    Sein Sohn grinste verschwörerisch.
    »Wie in Mutter?«
    Ein kurzes, angespanntes Schweigen trat ein.
    »Ja, wie in deiner Mutter«, bestätigte Liam dann in ernstem Ton und legte seinem Sohn die Hand schwer auf die Schulter.
    Er sah ihm fest in die Augen, und seine Kehle schnürte sich zu.
    »Und sie wird dir Söhne schenken, auf die du stolz sein kannst, so wie deine Mutter es für mich getan hat.«
    Vor Stolz schwoll ihm die Brust, und die Augen wurden ihm feucht. Oh ja, er konnte wirklich stolz auf sie sein. Mit einem Mal erinnerte er sich wieder an Duncans Geburt. Caitlin, die niemals etwas so tat wie andere Menschen, hatte ihn auf der Heide zur Welt gebracht. Da niemand anderer zugegen war, hatte er die Hebamme spielen müssen. Er hatte entsetzliche Angst gehabt und fragte sich noch heute, wie er das fertiggebracht hatte. Als er sah, wie seine Frau von den Wehenschmerzen zerrissen wurde, hatte er sich so hilflos gefühlt. Und dann hatte er dieses winzige, neugeborene Wesen in den Händen gehalten, diesen warmen, vor Lebenskraft berstenden Körper in seinen vor Freude zitternden Händen geborgen. Seinen Sohn …
    Seinen zweiten Sohn, verbesserte er sich lautlos. Sein ältester Sohn war Coll gewesen. Was für ein Mensch er wohl geworden wäre, wenn er überlebt hätte? Wie wäre er, und was würde er tun? Er sah immer noch sein

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