Lanze und Rose
des Schlosses von Edinburgh geworfen. Ich konnte ihn nicht sehen, aber man hat mir mitgeteilt, dass er eine Verletzung am Bein davongetragen hat. Ansonsten weiß ich nichts über seinen Gesundheitszustand und die Art seiner Verwundung. Er ist bei dem Versuch, die Festung für den Prätendenten einzunehmen, in Gefangenschaft geraten; einem Versuch, der unglücklicherweise mit einem Misserfolg endete. Nachdem der Duke of Argyle in die Stadt eingezogen ist, sind die Parteigänger der Jakobiten entweder geflüchtet oder untergetaucht und nicht aufzufinden. Ich bin niedergeschmettert und fürchte um Patricks Leben. Bitte, hilf mir! Ich schicke dir Mr. Marshall, damit er dich hierherbegleitet, falls du bereit bist, mir Beistand zu leisten. Vielleicht können wir zu zweit eine Lösung finden und Patrick aus seiner misslichen Lage befreien. Ich weiß, dass Erntezeit ist und es dir an Arbeit nicht mangeln dürfte. Wenn es dir unmöglich sein sollte, Glencoe zu verlassen, dann werde ich Verständnis dafür haben und dir neue Nachricht geben, sobald sich die Lage ändert.
Mit herzlichen Grüßen,
Sàra Macdonald Dunn
Ich legte den Brief in den Schoß und betrachtete ihn zerstreut. Mein Bruder im Gefängnis … A Dhia! Cuidich mi! Gott helfe mir! Ich musste nach Edinburgh reisen, und wenn auch nur, um Sàra zu trösten. Diese verfluchten Jakobiten! Sobald Gefahr im Verzug war, machten sie sich davon wie Ratten von einem sinkenden Schiff, und Sàra konnte allein zusehen, wie sie meinen Bruder aus seiner Bedrängnis befreite. Von hier aus konnte ich nichts für die beiden tun, höchstens beten, bis mir die Stimme versagte. Doch ich bezweifelte, dass meine Gebete den beiden die Hilfe bringen würde, derer sie bedurften.
Ich seufzte matt und faltete den traurigen Brief sorgfältig zusammen. Ich würde Frances die Arbeit allein überlassen müssen. Aber ich hatte kaum eine andere Wahl. Sie würde mich verstehen
und tun, was sie konnte. Ich vertraute ihr. Sie war starrköpfig, und selten verging ein Tag, ohne dass wir einander in die Haare gerieten. Doch sie scheute sich vor keiner Arbeit und war sogar stolz darauf, alles perfekt zu erledigen. Sie würde sich während meiner Abwesenheit um das Getreide kümmern.
Die Brauerei würde ich dem guten alten Malcolm Macdonald anvertrauen müssen. Im Tal war nur eine Handvoll Männer zurückgeblieben, darunter der Chief, John MacIain. Sein Gesundheitszustand hatte es ihm nicht erlaubt, an der Spitze seines Clans zu marschieren. Daher hatte sein Bruder an seiner Stelle den Posten des Captains eingenommen.
Oh, Liam, wo magst du in diesem Augenblick sein? Meine Finger strichen über die Reihe von Kerben, die ich in das Holz des Bettpfostens geschnitten hatte. Langsam ließ ich die Hand über die von der Zeit polierten Einschnitte gleiten. Zwanzig Jahre… So lange lag das nun schon zurück, doch die Erinnerung an diese schreckliche Wartezeit hatte sich meinem Gedächtnis eingebrannt. Ebenso viele Narben in meinem Herzen wie Kerben im Holz. Vierundzwanzig lange Tage, in denen ich darauf gewartet hatte, dass Liam auf der Türschwelle stehen würde; und ebenso viele Nächte, in denen ich in dem leeren, kalten Bett um meinen Geliebten geweint hatte. Dass er nach seiner Freilassung aus dem Edinburgher Tolbooth-Gefängnis nach Frankreich geflüchtet war, war ein verheerender Schlag für mich gewesen. Ich hatte ihn gehasst und verflucht. Die Liebe vergibt, doch sie vergisst niemals …
Nun waren achtzehn neue, ebenso schmerzhafte Einschnitte dazugekommen, die Tag für Tag mein Herz bluten ließen. Dein Herz wird bald nur noch eine einzige offene Wunde sein, Caitlin. Vielleicht hat es dann endlich genug… Doch dieses Mal konnte ich Liam nicht böse sein, weil er fortgegangen war. Er war jetzt Soldat.
Einen Moment lang schloss ich die Augen und holte tief Luft. Was sein muss, das muss sein, Caitlin! Ich stand auf, steckte den Brief in meine Rocktasche und ging hinaus. Frances schaute von ihrer Flickarbeit auf und sah mich an. Sie war blass, ihr Blick fragend.
»Mutter … ?«
»Der Brief ist von deiner Tante Sàra. Patrick sitzt auf Edinburgh Castle im Gefängnis.«
Ihr Mund klappte auf, und sie stieß einen verblüfften Laut aus.
»Aber warum? Was hat er denn getan?«
Ironisch verzog ich den Mund.
»Die Jakobiten haben versucht, die Festung einzunehmen, doch wie es scheint, ist die Operation fehlgeschlagen. Man hat deinen Onkel festgesetzt und in Ketten gelegt.«
»Und Tante
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