Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
damit ihr Leben zerstören. Genau das, wovor er sie immer
hatte schützen wollen, indem er Seths Geheimnis so lange für sich behielt.
„Alles okay mit dir?“ Zögernd blieb Alex neben ihm
stehen. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, eine zärtliche, warme
Berührung, die ihm mehr Kraft verlieh, als sie ahnen konnte.
Kraft, die er gleich brauchen würde.
Aus dem Inneren des Wohnhauses war das Geräusch von
raschen Schritten auf Holzdielen zu hören. Und von irgendwo drinnen rief seine
Mutter: „Kir?
Was ist denn, Kir? Was machst du?“
Kades Vater gab keine Antwort.
Die Türen des Haupthauses flogen durch die bloße
Willenskraft des älteren Stammesvampirs auf, der jetzt wie ein Sturm über die
Türschwelle hinausfegte. Er kam eindeutig aus dem Bett und war nur schnell in
ein paar weite Flanellhosen gefahren, bevor er nach draußen stürmte, um sich
der Nachricht zu stellen, die kein Vater jemals hören will.
Bei seinem Anblick keuchte Alex erschrocken auf,
was Kirs überlebenden Sohn nicht überraschte.
Ein Meter fünfundachtzig muskelbepackte geballte
Wut stand wie angewurzelt auf der Veranda des großen Blockhauses. Kirs Dermaglyphen kochten förmlich in den dunklen Farben von Angst und Wut. Seine
grauen Augen brannten bernsteingelb, sie streiften Alex fragend, dann richteten
sie sich sengend auf Kade.
„Sag mir, was mit meinem Sohn geschehen ist.“
Noch nie hatte Kade die Stimme seines Vaters
zittern hören, nicht einmal in Kirs schlimmsten Momenten. Das Beben in diesem
dunklen Bariton fuhr Kade wie eine Messerklinge in die Seele.
„Vater ... es tut mir leid.“
Kir donnerte die Stufen in den Schnee hinunter. Vor
Kade und Alex blieb er stehen, streckte zitternd die Hand aus und hob die Decke
von Seths Gesicht.
„Oh mein Gott. Nein.“ Erwürgte die Worte hervor,
schmerzerfüllt. Dann sah er noch einmal hin, jetzt etwas länger, als wollte er
sich dazu zwingen, das Gesicht des Rogue unter dem Leichentuch genauestens zu
begutachten. „Ich habe gebetet, dass das nie wieder passiert. Verdammt, nicht
einem meiner Söhne!“
„Kir!“ Kade sah auf, als seine schwangere Mutter
auf die Veranda trat, ihr seidenes Nachthemd verdeckt von einem großen Anorak,
den sie sich in der Eile übergeworfen hatte. Ihr Schritt stockte, als sie Kade
mit diesem unverkennbaren Körper auf dem Arm im Schnee stehen sah. „Oh mein
Gott.
Oh nein. Oh du lieber Gott, nein! Bitte sag mir,
dass das nicht...“
„Bleib zurück“, herrschte Kades Vater sie an. Dann
milderte er seinen Ton und sagte mit herzzerreißender Sanftheit: „Victoria, ich
bitte dich ... komm nicht näher. Bitte, Liebes, geh wieder rein. Tu, was ich
sage. Das sollst du nicht sehen.“
Mit einem Aufschluchzen ging sie langsam zur
Haustür zurück und bekam Beistand von Maksim, der auch gerade herausgekommen
war. Max nahm ihren Arm, um sie zu stützen, und führte die Gefährtin seines
Bruders in den Dunklen Hafen zurück.
„Gib ihn mir“, sagte Kades Vater, sobald sich die
Tür hinter den beiden geschlossen hatte und Max und Victoria im Haus waren.
„Gib mir meinen toten Sohn.“
Kade übergab ihm Seth und sah zu, wie sein Vater
ihn barfuß durch den knöcheltiefen Schnee zur Kapelle des Dunklen Hafens trug,
die in der Mitte der Siedlung stand. Dort würde man Seths Leiche, wie es der
Brauch war, für seine Bestattung zum nächsten Sonnenaufgang vorbereiten.
Kade spürte, wie Alex die Arme um ihn legte und ihn
liebevoll umarmte, doch auch das konnte das kalte Reuegefühl nicht lindern, das
an ihm nagte wie ein Geier an einem Stück Aas.
In nur ein paar Stunden würde von seinem Bruder
bloß noch ein Häufchen von der Sonne verbrannte Asche übrig sein -genau wie von
Kades Platz in seiner Familie.
Derweil hatten die Krieger in Harmony alle Hände
voll zu tun, die Lage mit den Einheimischen in den Griff zu bekommen,
angefangen damit, dass sie mehrere Leichen aus dem Kühlhaus beim Flugplatz und
aus der kleinen Klinik der Stadt verschwinden lassen mussten.
„Das Gute an all dem Schnee und der Wildnis hier
draußen ist, dass es hier so verdammt viel Schnee und Wildnis gibt“, bemerkte
Tegan trocken, als er sich einige Meilen außerhalb in den Wäldern auf einem
Forstweg mit Chase und Hunter traf, wo sie mit ihren Schneemobilen auf ihn
gewartet hatten.
Sie waren mit der Familie Toms, Big Dave und Lanny
Ham aus Harmony rausgefahren und hatten die Opfer des Ältesten in eine Höhle im
nahen Gebirge transportiert. Ein paar taktische
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