Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
Stadtrand zu Harmonys Flugplatz, wo ihr
einmotoriges Flugzeug geparkt war. Der Flugplatz war ein Witz. Außer dem
Hangar, wo immer noch die Leichen der Familie Toms aufbewahrt wurden, bis man
sie abholte, bestand er nur aus einer kurzen Landebahn aus festgestampftem
Schnee, gesäumt von Landescheinwerfern, die kaum über die höchsten
Schneeverwehungen hinausreichten.
Alex' De Havilland Beaver hatte einen Nachbarn,
eine kleine Super Cub mit dicken Reifen statt Kufen. Ein Windstoß fegte über
die geräumte Landebahn und wirbelte eine Wolke Pulverschnee über den Boden.
„Viel Betrieb hier, was?“
„Es ist besser als nichts.“ Sie parkte das
Schneemobil, und sie stiegen ab.
„Steigen Sie schon mal ein. Ich muss noch die
Systeme überprüfen, bevor wir abheben können.“
Normalerweise ließ Kade sich nicht von Frauen
herumkommandieren, aber es faszinierte ihn, mit welchem Selbstbewusstsein Alex
an ihre Arbeit ging. Er kletterte in das unverschlossene Cockpit des Flugzeugs
und schloss die Tür.
Auch wenn die Beaver als solides, geräumiges
Transportflugzeug im schwer zugänglichen Hinterland das Transportmittel Nummer
eins war, überraschte die klaustrophobische Enge des Cockpits Kade. Mit seinen
eins neunzig und hundertfünfzehn Kilo ohne Waffen und Kleider war er ein in
jeder Hinsicht großer Mann, und auf dem Beifahrersitz der einmotorigen Maschine
fühlten sich die gewölbten Metallwände mit den kleinen Fenstern wie ein enger
Käfig an.
Alex kam zu ihrer Seite rüber und sprang auf den
Sitz hinters Steuer. „Na dann“, verkündete sie fröhlich. „Schnallen Sie sich
an, dann sind wir sofort in der Luft.“
So weit im entlegenen Hinterland von Alaska war es
nicht überraschend, dass es keine Flugüberwachung gab, keinen Tower, den man
für die Starterlaubnis anfunken musste. Es lag ganz allein an Alex, sie in die
Luft zu bringen und auf den richtigen Kurs zu kommen. Kade sah ihr bei der
Arbeit zu, schwer beeindruckt davon, wie sie das Flugzeug handhabte und auf der
jämmerlich kurzen Startbahn in Bewegung brachte. Eine Minute später erhoben sie
sich in die Dunkelheit, stiegen höher und höher in den Morgenhimmel, lichtlos
bis auf den fernen Sternenteppich, der über ihnen glitzerte.
„Wow“, sagte er und sah sie an, als sie die
Flughöhe erreicht hatte und das Flugzeug durch eine kurze Strecke mit heftigen
Windböen steuerte. „Sie machen das anscheinend öfter.“
Sie lächelte und warf ihm einen schnellen
Seitenblick zu. „Ich fliege, seit ich zwölf bin. Aber für die offizielle
Ausbildung und die Lizenz musste ich natürlich bis achtzehn warten.“
„Sind Sie gerne hier oben, bei den Sternen und
Wolken?“
„Ich liebe es“, sagte sie und nickte nachdenklich,
überprüfte ein paar Anzeigen auf dem Armaturenbrett und sah dann wieder in das
endlose Nichts hinaus, das sich vor ihnen ausbreitete. „Mein Vater hat mit das
Fliegen beigebracht.
Als ich klein war, hat er mir immer gesagt, der
Himmel ist ein magischer Ort.
Manchmal, wenn ich Angst bekam oder aus einem
Albtraum aufwachte, nahm er mich mit hoch - egal um welche Uhrzeit. Wir flogen
hoch in den Himmel hinauf, wo uns nichts Schlimmes mehr einholen konnte.“
Kade konnte die Zuneigung in ihrer Stimme hören,
als sie von ihrem Vater sprach, und auch den Kummer über seinen Verlust. „Wie
lange ist Ihr Vater tot?“
„Ein halbes Jahr - er hatte Alzheimer. Vor vier
Jahren hat er angefangen, vergesslich zu werden. Es ist ziemlich schnell
schlimmer geworden, und nach etwa einem Jahr ließ sein Reaktionsvermögen beim
Fliegen nach. Da hat er sich dann endlich von mir ins Krankenhaus nach Galena
bringen lassen. Die Krankheit hat unterschiedliche Verlaufsformen, aber bei Dad
ist es furchtbar schnell gegangen.“ Alex stieß einen tiefen, nachdenklichen
Seufzer aus. „Ich glaube, er hat aufgegeben, sobald er die Diagnose erfuhr. Ich
weiß nicht, vielleicht hat er sein Leben schon vorher aufgegeben.“
„Warum?“
Er hatte nicht bohren wollen, aber sie biss sich
reflexartig auf die Lippen.
Offenbar hatte sie wohl das Gefühl, ihm schon zu
viel gesagt zu haben. An dem plötzlichen unbehaglichen Blick, den sie ihm
zuwarf, konnte er sehen, dass sie versuchte, ihn irgendwie einzuschätzen, zu
entscheiden, ob sie ihm vertrauen konnte.
Als sie endlich sprach, war ihre Stimme leise und
ihr Blick wieder fest auf die Windschutzscheibe gerichtet, als ob sie es nicht
erzählen und ihn gleichzeitig ansehen konnte. „Mein, äh ... mein
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