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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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haben musste. Immer wieder hob er einen Arm, um die Schläge, mit denen die Frau ihn zu treffen suchte, abzuwehren. Keiner der beiden schien dem anderen jedoch wirklich wehtun zu wollen. Doch wer war diese Frau? Blond wie eine Normannin und winzig wie ein Pygmäe, und mit einem gewaltigen Busen … Ah, natürlich,
das war ja diese Virginia, die Friseurin, die auch als Wahrsagerin arbeitete und aus Karten oder Kaffeesatz las und deshalb die Sapúta, die Wissende, genannt wurde. Was, zum Teufel, machte sie hier mit Angelo, und was hatten die beiden miteinander zu bereden? Immerhin wirkten sie sehr vertraut … Und wann war im Leben ihres Bruders jemals die Rede von Frauen gewesen? Angelo war doch keiner, der zu Huren ging! Und über jene Virginella dort hatten sich die Leute schon immer das Maul zerrissen, weil sie nun wahrlich nichts taugte! Was hatte Angelo mit ihr zu schaffen? Mit einer Friseurin! Andererseits … wenn man es recht bedachte … »Aber ja, erinnerst du dich noch, Candelò?«, fragte Fatima. »An dem Donnerstagabend, als wir nach Maglie ins Kino gingen. Da haben wir diesen Film gesehen über die beiden alten Frauen, die sich wegen dieses nichtsnutzigen Neffen ruinieren … genau, so hieß er … Die Schwestern Materassi … und als wir nach Hause kamen, stand da all das schmutzige Geschirr in der Spüle, und wir haben die Teller gezählt und gesagt, da hätten doch zwei Personen gegessen. Und dann damals, als wir in unserer Haarbürste dieses blonde Haar fanden… Ganz genau! Was hat das alles zu bedeuten?« Fatima hatte sich bekreuzigt und wartete darauf, dass ihre Schwester es ihr nachtat, doch Candelora blieb regungslos stehen, den Blick ins Leere gerichtet, als liefen vor ihrem inneren Auge bereits all die Familienkatastrophen ab, die diese mysteriöse Verbindung, die sie gerade eben entdeckt hatten, zweifellos auslösen würden. Und so war es auch.
    Die Schwestern hatten niemals den Mut aufgebracht, den Bruder nach jener blonden, kleinwüchsigen Frau zu fragen.

    Und auch Angelo erwähnte die Sache nie. Von jenem Tag des Streites auf der Straße an hatte sich sein Zustand zunehmend verschlechtert.
    Verschlossen und jähzornig war er immer schon gewesen, ein Verhalten, das die Zwillingsschwestern jahrelang auf ein ausgeprägtes jugendliches Temperament zurückgeführt hatten, gebremst durch eine angegriffene Gesundheit, die ihn immer wieder zu allerlei medizinischen Behandlungen und Kuren zwang. Wer weiß, ob nicht körperliches Leid auf lange Sicht dazu führt, dass ein Mensch verrückt werden kann?
    Vielleicht hatte auch deshalb der Bruder an einem bestimmten Punkt, als ihm die Schmerzen in seinen Knochen nicht einmal bei Nacht Ruhe ließen, mit dem Gitarrespielen begonnen. Bis zu jener Zeit hatte es in seinem Leben kaum etwas anderes gegeben als das Vieh und den Hof, mehr wussten sie deshalb auch nicht. Vielleicht ab und zu ein Frauenzimmer, jedenfalls Dinge, die nur Männer angingen. An Wein bestand kein Mangel, aber Freunde gab es keinen einzigen. Sicher wechselte er hie und da ein paar beiläufige Worte mit den Bauern, die auf dem Gut arbeiteten, und mit ihnen beiden beim Mittagessen und Abendbrot, doch ansonsten war Angelo schweigsam. Nur bei Nunzio Solimene war das anders.
    Von dem Tag an, als Nunzio begonnen hatte, bei ihnen als Bauer zu arbeiten, hatte sich zwischen den beiden Männern eine Beziehung entwickelt, deren Natur sich die beiden Zwillingsschwestern nicht recht erklären konnten. Was konnte einen Gutsherrn nur so eng an einen Untergebenen binden? Denn das war Solimene schließlich für
Angelo: ein Untergebener. Möglicherweise, so sagten sich die Schwestern eines Tages, war es ja genau ihre Verschlossenheit gegenüber dem Rest der Welt, die diese beiden Männer einte.
    Dann war jene Gitarre aufgetaucht. Eines Montags hatte Angelo schon früh am Morgen zusammen mit Nunzio das Haus verlassen und gesagt, sie führen nach Maglie, um sich neue Insektenschutzmittel für die Pflanzen anzusehen, und am Nachmittag war er mit der Gitarre zurückgekehrt, eingesperrt in einem schweren und harten Futteral, das Ähnlichkeit mit einem Sarg hatte. Ein solches Instrument hatten Fatima und Candelora noch nie gesehen. Sie war ganz anders als die Gitarren, die von den Bauern der Gegend gespielt wurden, allesamt bauchig, mit hauchfeinen Saiten, und man konnte auch nicht behaupten, dass sie einer jener französischen Gitarren ähnelte, mit ihren Saiten aus Darm und dem wunderbar seidigen Klang.

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