Lass den Teufel tanzen
melancholischen Jungfernschlummer versunken war, begann sie sich mit der Hand zwischen den Beinen zu streicheln und dabei an die Muskeln von Totò zu denken, an den Geruch unter seinen Achseln und an die Art, wie er sie jedes Mal ansah, wenn sie ihm sein Mittagessen aufs Feld brachte. Doch dieser Zustand der Gnade währte nicht lange.
Eines Tages, als die Sonne besonders grell und erbarmungslos schien und es auf den Feldern von Hunderten Taranteln nur so wimmelte, hatte sich Fatima wie immer mit dem Essen für Totò auf den Weg gemacht, das Candelora mit großer Sorgfalt vorbereitet hatte. Es handelte sich um einen Krug Wein und Brot mit Speck, das in ein feuchtes Tuch eingewickelt war. Es war der 29. Juni, der Tag der Heiligen Peter und Paul, die als Schutzpatrone der Spinnen, Schlangen und Skorpione gelten, und wer jemals von jenen Tieren gebissen wurde, dem tat es an diesem Tag des Jahres besonders weh. Fatima hatte keine schöne Stimme, doch das vergaß sie ab und zu und sang dennoch. Und so hatte sie, ohne sich dessen so recht bewusst zu sein, das Lied Santu Paulu meu de le tarante, pizzichi le zitelle, pizzichi le zitelle a menzu all’anche … 1 angestimmt und sich dem Feld genähert, wo der junge Bauer mitten in der Gluthitze arbeitete.
Taumelnd und zerzaust nach einer der unzähligen Nächte, die sie schlaflos mit dem Vertändeln ihrer Jungfräulichkeit verbracht hatte, verspürte sie auf einmal einen heftigen Schmerz am rechten Knöchel, als hätte sie etwas gestochen oder gebissen. Im selben Moment hatte sich Totò Leporàno aufgerichtet und den Arm gehoben, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Die Sonne glitzerte auf den feuchten Muskeln seiner Schultern. Da spürte Fatima, wie sich zwischen ihren Schenkeln etwas löste, als wäre ein uralter, ungekannter Stein in ihrem Leib unter all der Sonne flüssig geworden. Und es gab kein Halten und keine Vernunft mehr. Weder die Katechismuslektionen, die Don Filino den Schwestern Freitag für Freitag im Pfarrhaus aufbrummte, noch all die Heiligenviten, die sich Fatima und ihre Schwester mit solcher Inbrunst zu Gemüte führten, noch die Angst vor dem Unbekannten konnten daran etwas ändern. Fatima ging auf ihn zu wie im Traum, wie in einem Traum ließ sie es zu, dass Totò ihr eine Hand unter das Kleid schob, auf der Suche nach etwas, das einer Brust ähneln könnte; verträumt hob sie die Augen und sah jenen unendlichen Himmel, über welchen die Sonne ihre ganze Strahlkraft ergoss … Und spürte erneut das Brennen ihres Knöchels. Und das war es auch, was ihr widerfuhr! Seht ihr nicht, dass eine Tarantel sie gebissen hatte? Es war also das Gift der Spinne gewesen, das ihr nun die Beine emporstieg, das von ihrem Körper und ihrer Seele vollständig Besitz ergriff. Santu Paulu meu de le tarante … Folglich war es auch kein »Anfall« jenes nächtlichen Schmachtens und jener Sehnsucht und jener Gier nach Zärtlichkeit, der ihr die Brust zum Bersten brachte … Nein, es war die Spinne, das Gift, aber gewiss doch! Und mit diesem
Gift war auch der Geist einer toten Frau auf sie übergegangen und ließ sie all diese Dinge tun … Sie, Fatima, gottesfürchtige Jungfrau, hatte damit gar nichts zu schaffen. Sie traf keine Schuld und folglich auch keine Strafe!
Ergebnis: Krug und Brot auf dem Feld verstreut, das schwarze Kleid beiseitegeworfen, sie auf dem Boden, Totò Leporàno auf ihr drauf. Ende der Szene, Ende der Vergangenheit, Ende der Zukunft.
Die Zukunft Fatimas ging genau am darauffolgenden Morgen in die Brüche, als sie nach turbulentem Schlaf die Augen öffnete und in das entsetzte Gesicht Candeloras blickte, die vor ihrem Bett stand, den Arm in einer melodramatischen Geste ausgestreckt, in den spitzen Fingern Fatimas mit Blut befleckte Unterhose.
Es dauerte nicht mehr als eine Viertelstunde, bis das gesamte Leben Fatimas sich in Flammen aufgelöst hatte und seine Asche in alle Winde verstreut war. Für immer. Der Herr Vater, der im Verlauf einer ebenso kurzen wie geheimen Zusammenkunft mit Candelora, welche in seinem Arbeitszimmer abgehalten wurde, vom Geschehenen in Kenntnis gesetzt worden war, trat aus der Glastür im Erdgeschoss und rief mit lauter Stimme nach seinem Sohn Angelo, damit er ihn bei dem, was zu tun war, begleitete.
Niemand erfuhr, was damals wirklich zwischen Vater, Sohn und dem jungen Bauern vorfiel. Vielleicht versetzten die beiden Totò Leporàno ein paar Tritte und Faustschläge, vielleicht drohten sie ihm auch
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