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Lass den Teufel tanzen

Lass den Teufel tanzen

Titel: Lass den Teufel tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa De Sio
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öffnete jener Nunzio Solimene, der tagaus, tagein bei Morgengrauen auf dem Gutshof zum
Arbeiten erschien. Dass sie an jenem Morgen zuerst auf ihn traf, war in ihren Augen ein schlechtes Omen. Dieser Nunzio schien ihr ein rechter Totengräber zu sein, immer verdrossen und maulfaul, ein so düsterer Geselle, dass einem unwillkürlich eine kleine Verwünschung über die Lippen kam, wann immer er einem über den Weg lief, und so hatte sie das Gefühl, dass er ihr an einem so wichtigen Tag Unglück brachte. Ohne sie auch nur zu grüßen oder hereinzubitten, und mit leiser Stimme, damit ihn nur ja die Zwillingsschwestern nicht hörten, die sich im Haus aufhielten, sagte er ihr, sein Herr sei schon früh weggegangen und er wisse nicht, wo er sei. Da hatte sich Virginia umgedreht und war zurück ins Dorf gegangen, wo sie beim Überqueren des kleinen Platzes vor dem Dom Angelo erblickte, der gerade aus dem Salon des Barbiers trat, wobei er das Bein ein wenig nachzog, das ihm schon seit geraumer Zeit nicht mehr recht gehorchen wollte. Wie aus Angst, jemand könne sie entdecken, schaute er sich um, als sie ihm mit der Hand ein Zeichen machte und mit einem überaus sonderbaren Ausdruck auf dem Gesicht auf ihn zukam. Dabei war zu jenem Zeitpunkt niemand auf dem kleinen Platz.
    Angelo packte Virginia am Arm und brachte sie, halb ziehend, halb auf sie gestützt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, weil er ja mittlerweile hinkte, so schnell wie nur möglich in die Gasse, die hinter dem Dom vorbeiführte. Kaum waren sie dort um die Ecke gebogen, verpasste er ihr einen Stoß und drückte sie mit der Schulter gegen die Mauer. »Bist du vollkommen verrückt geworden? Was machst du hier um diese Zeit? Du weißt doch ganz genau, ich will nicht, dass man uns zusammen sieht!«

    Als sie Angelo in die Augen schaute, die schon böse und blutunterlaufen blickten, noch bevor er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, überkam Virginia bereits eine böse Vorahnung. Dieses Kind würde zu nichts Gutem führen.
    Während Angelo sie am Ärmel schüttelte und wie ein Inquisitor fragte: »Seit wann weißt du das? Warum hast du’s mir nicht vorher gesagt?«, sah sie das Floß des Glücks an sich vorbeigleiten und versuchte verzweifelt, danach zu greifen. Angelo, der sie immer noch gegen die Mauer drückte, fauchte ihr indessen mit leiser Stimme ins Gesicht: »Du hast ganz genau gewusst, dass so etwas niemals passieren darf! Und wer garantiert mir überhaupt, dass das Kind von mir ist?«
    Da begann Virginia, ihm mit der Faust auf die Brust zu schlagen, was jedoch keinerlei Wirkung bei ihm zeigte.
    Sowie sie auf Angelo einschlug, musste Virginia das Tau loslassen, mit dem sie so verzweifelt versucht hatte, sich am Floß des Glücks festzuhalten. Und da glitt es dahin, immer weiter weg von ihr, und verschwand schließlich in den dunklen Fluten, die in genau dem Moment über das Gässchen hinter dem Dom hereinschwappten.
    Severino
    ALS SEVERINO ZUM ersten Mal das Nonnenkloster San Giovanni in Neapel betrat, hatte er gerade sein achtes Lebensjahr vollendet. Der Flur des Klosters war breit, in Halbschatten getaucht, es war still und kühl. In Severino machte sich ein Gefühl der Ehrfurcht breit, wie man es gewöhnlich empfindet, wenn man einen Ort betritt, der für seine Frömmigkeit bekannt ist. Die Welt draußen, laut und wirr, schien von jenem Flur für immer und ewig verbannt zu sein. Severino atmete die leicht muffige Luft ein. Keine Autos, kein Hupen, keine Geräusche, keine lauten Stimmen. Nein, hier war nur Stille und der Geruch von gewischten Fußböden, der sich unter den Duft der Pasta mit Erbsen mischte, welcher aus dem Refektorium herüberwehte. Ein eisiger Hauch hüllte ihn ein und ging ihm durch Mark und Bein.
    Noch einen Atemzug von dieser abgestandenen Luft, und schon schienen sie ihm so endlos weit entfernt, die Olivenhaine und das Meer, die sonnigen Stunden am Morgen, wenn Onkel Angelo nicht da war und man ihm erlaubte, sich auszutoben. Er schaute sich seine knochigen Knie an, die voller Schrammen und Schorf waren, und dachte an all die Male, wo er gerannt war, bis er keine Luft mehr bekam, wo er hingefallen und, schmutzig und mit zerrissener Hose, einfach im Hof weitergelaufen war, den Hühnern hinterher, von denen er so gerne eins fangen wollte. Ach, was waren
sie schön gewesen, diese Hühner! Er dachte daran zurück, wie sie gelacht hatten, er und Archina Solimene, verschwitzt und mit Rotznasen, wenn sie sich mitten im Staub und der

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