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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Domentat
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Spiegel überprüfe ich mein Aussehen und lege vielleicht noch etwas Make-up nach.
    Wenn ich kalte Hände habe, halte ich sie eine Zeitlang unter warmes Wasser. Dann bringe ich den Gast ins Zimmer, meist legt er sich umgehend aufs Bett.
    Normalerweise liegt er auf dem Bauch. Über seinem Gesäß kniend, verteile ich das Öl in me inen Handflächen. Riecht er angenehm, benutze ich ein neutrales Körperöl. Ist das nicht der Fall, so nehme ich eine Ölmischung mit Zitronengras-anteil. Nachdem ich das Öl auf seinem Rücken verteilt habe, variiere ich die Streichbewegungen: mal parallel, ma l gegenläufig, mal sanfter, mal dynamischer. Nach ein paar Minuten frage ich nach, ob ihm meine Berührungen gefallen.
     
    Ich kann aber auch an seiner Atmung und seinem
    Muskeltonus erkennen, ob er sich entspannt. Auch ich lasse mich stark von der Musik leiten. Wenn ich einen Gast habe, der mir gefällt, wenn die Musik schön ist, wenn es mir an dem Tag gut geht, kann ich mich selbst in Stimmung massieren und eine Verschmelzung erreichen.
    Wenn ich den Mann von Kopf bis Fuß massiert habe, rolle ich mit Brüsten und Bauch über seinen Rücken, bis mein Körper seinen ganz und gar bedeckt. Einige Momente verharren wir beide in einer Art inniger Umarmung.
    Manchmal fühlt sich diese Umarmung mehr energetisch als sexuell an. Dann können wir entweder den Bewegungen nachspüren und auf Sex verzichten, oder ich führe seine Erektion zum Beispiel durch eine Handmassage wieder herbei. Nach dem Verkehr liegen wir meist noch ein paar Minuten beisammen, ehe wir uns ankleiden und verabschieden. Dann bringe ich das Badehandtuch in die Wäsche, mache Ordnung im Zimmer und gehe zurück zu meinen Kolleginnen. Der weitere Tagesverlauf hängt davon ab, wieviel Gäste uns besuchen bzw. ob Verabredungen mit Stammkunden anliegen. Wenn meine Schicht vorbei ist, zähle ich meine Einnahmen. 40% davon gehen an die Chefin.
    Diesen Betrag lege ich in einen Briefumschlag, schreibe meinen Namen und das Datum darauf und werfe ihn in einen hausinternen Briefkasten.
     
    Klischee Nr. 7:
    Sexarbeit bedeutet Ausbeutung und Risiko.
     
    Sexuelle Tauschgeschäfte sind in unserer Gesellschaft so allgegenwärtig wie Supermärkte. Sie finden überall statt: in Luxushotels und Absteigen, in Bordellen und Privatwohnungen, in Autos und Parkanlagen, Ehebetten und Büroräumen, in Sexkinos und auf Kasernenpritschen. Der Ort des Geschehens ist aber nicht der einzige Faktor, der die persönliche Autonomie und den Grad an Sicherheit, die Verdienstmöglichkeiten und den sozialen Status innerhalb der Prostitutionshierarchie beeinflußt. Die Arbeitsorganisation ist mindestens ebenso ausschlaggebend. De facto haben sich drei unterschiedliche Modelle der Arbeitsorganisation eingespielt: Prostituierte können als Arbeitnehmerinnen, Selbständige oder als Arbeitgeberinnen auftreten. Grundsätzlich gilt: Je vermittelter das Tauschgeschäft abläuft, desto mehr Abgaben fallen an. Dafür entstehen in der Regel keine Werbungskosten, und zumindest theoretisch ist für einen sicheren Rahmen gesorgt. Wird der Kontakt direkt angebahnt, entfallen zwar die Abgaben, dafür liegen Werbung, Preispolitik, Infrastruktur und die persönliche Sicherheit in der eigenen Verantwortung.
     
    Modell Arbeitnehmerin
     
    In den vermittelten Prostitutionsformen übernehmen Betreiber von Bordellen, Studios und Agenturen die Kundenakquise und stellen die Infrastruktur. Die Prostituierte profitiert von der Vermittlung von Kunden und/oder der Nutzung von Arbeitsräumen. Die Dienstleistungspreise sind meist vorgegeben - für Frauen mit wenig Verhandlungsgeschick oft ein Vorteil. Bordellbetreiber dürfen ihre Beschäftigten jedoch nicht anweisen, bestimmte Dienstleistungen für bestimmte Kunden zu erbringen. Ein relativ hoher Organisationsgrad bringt schon in kleineren Häusern Arbeitszeitabsprachen mit Kolleginnen und Betreibern mit sich. Die Verhältnisse in gut geführten Bordellen - sanitäre Anlagen, Rückzugs möglichkeiten in Aufenthaltsräumen Kommunikation mit Kolleginnen, soziale Kontrolle und Sicherheit sowie vertretbare Abgaben bzw.
    Sozialversicherungsbeiträge erinnern von allen Prostitutionsformen zumindest organisatorisch am ehesten an einen bürgerlichen Berufsalltag.
    In puncto Abgabepolitik existieren unterschiedliche Modelle. In Großbordellen, wo auf einer Etage mehr als ein Dutzend Frauen im Gang Spalier stehen und sich schlecht nachvollziehen läßt, wieviel der einzelne Freier zahlt,

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