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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Domentat
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der Betreiber ist. Einige Frauen haben eine Kontrolle verinnerlicht, die meiner Ansicht nach gar nicht notwendig ist, und reagieren mit Eifersucht auf die, die hier ihre Lust ausleben. Für mich allerdings ist es wichtig, daß die Frau mit Lust dabei ist, denn sonst würde ich mich schon ein bißchen wie ein Zuhälter fühlen. Da ist auch die unternehmerische Kontrolle für mich zweitrangig. Ich merke, daß das manchmal ausgenutzt wird, aber es ist verkraftbar. Ich bin nicht in der Lage, einer Frau etwas anderes zuzumuten.
     
    4 ERFOLGSSTRATEGIEN
     
    Von der Hauswartsfrau zur Geschäftsfrau:
    Mia, Bordellbetreiberin
     
    Nach dem Ende meiner ersten Ehe war ich plötzlich in einer Situation, in der ich Arbeit und eine neue Wohnung für mich und meine beiden kleinen Kinder suchte. So fragte ich mich: Warum nimmst du dir nicht eine schöne, große
    Hauswartsstelle als Fulltimejob? Das Glück war auf meiner Seite, und wenig später war alles mit einem Schlag geregelt: Arbeit und Wohnung. Die Kinder waren tagsüber im Kindergarten und in der Schule, und ich arbeitete täglich acht Stunden und verdiente 2000 Mark im Monat. Dann habe ich meinen zweiten Mann geheiratet. Schnell wurde uns klar: Für gehobene Ansprüche reichte sein Gehalt nicht aus. Eines Tages fragte er mich, ob ich mir vorstellen könne, nebenbei anschaffen zu gehen. Da er vor mir mit einer Prostituierten liiert war, kam ihm der Gedanke gar nicht abwegig vor.
     
    Nachdem ich eine Weile über seinen Vorschlag nachgedacht hatte, fing ich an, Bekanntschaftsanzeigen aufzugeben. Die Resonanz war erstaunlich.
    Die Anbahnung verlief wesentlich langatmiger, aber auch galanter als heute. Zunächst wurden Briefe gewechselt, irgendwann verabredete man sich zum Essen, Tanzen und Plaudern. Die Herren verwöhnten mich mit Blumensträußen: Meine Wohnung glich einem Blumenmeer. Für ein Treffen nahm ich pauschal 100 Mark und ließ mir dafür viel Zeit. Es kam aber auch vor, daß ich mal in der Mittagspause einen Freier empfing, um hinterher schnell wieder meinen Kittel überzuziehen und brav als Hauswartsfrau weiterzuarbeiten.
    Nach einer Weile hatte ich das Gefühl, die Leute denken sich langsam was, weil ja nun immer andere Männer bei uns auftauchten. Als irgendwann ein Freier nach mir fragte, sickerte die Nachricht von meinem Doppelleben durch, und meine beiden Jobs ließen sich nicht mehr vereinbaren. Also kündigte ich die Hauswartsstelle und suchte eine neue Wohnung. Erst dort fing ich richtig an, als Hure zu arbeiten.
    Das ist jetzt über 20 Jahre her, und seitdem hat sich mein Leben völlig verändert. Inzwischen lebe und arbeite ich in einer großen Wohnung, allerdings nic ht mehr zu einem Pauschalpreis von 100 DM für einen Abend. Heutzutage nimmt sich ja kaum noch jemand Zeit für Sex, und die Hundertmarkscheine sitzen auch nicht mehr so locker in der Tasche. Also habe ich mich auf das veränderte
    Kundenverhalten eingestellt und betreibe jetzt eine Art Supermarkt unter den Bordellen. Ich habe die Preise ausdifferenziert, ab 30 Mark aufwärts. Suchen Sie mal ein Bordell mit einer Dienstleistung ab 30 Mark bzw. 40 Mark für einen Schnellverkehr. Ich sage mir eben: Lieber nehme ich etwas weniger Geld, und die Leute sind zufrieden, kommen öfter mal wieder, und mein Laden spricht sich herum. Ich meine, damit ist uns doch allen geholfen. Dafür muß es natürlich zackig gehen. Die Männer kennen die Preise und wissen genau: zackig. Bei den meisten geht's ja auch schnell, die kommen ja her, weil sie's nötig haben.
     
    In meinem Bordell drehen wir auch eigene Pornofilme, bearbeiten und vertonen die Aufnahmen und kümmern uns um den Vertrieb. An vielen Tagen habe ich überhaupt keine Zeit. Ich bin eigentlich kaum mehr die Hure Mia. Bei den unterschiedlichen Aktivitäten fällt natürlich eine Menge Büroarbeit an. Ich kümmere mich um die Werbung, die ich allein am Computer entwerfe, hole die Kunden ran und sehe zu, daß wir einen guten Namen haben. Ich zahle
    Einkommens-, Umsatz-und Gewerbesteuer und finde das vollkommen korrekt, im Gegensatz zu manchen Damen, die 10-bis 12tausend Mark im Monat verdienen und alle paar Wochen zum Sozialamt rennen und dort die Hand aufhalten.
    Mein Gott, jeder schröpft den Staat, und dann beschweren sich alle, warum die Steuern erhöht werden. Aber jeder will durch einen gepflegten Park gehen und über anständige Straßen fahren. Woher soll das alles kommen? Nein, ich finde, die Frauen müssen genauso Steuern zahlen wie alle

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