Lass Die Sorgen - Sei Im Einklang
kracht, die Seele ist an diese Äußerlichkeiten nicht gebunden. Sie ist wie ein Vogel, die all dem entkommen kann.
Keine leichte Kunst
Manchmal erlebe ich Menschen, die sich an sich selbst festhalten. Sie meinen, alles loslassen zu können. Aber ihre herabhängenden Schultern zeigen, dass dem nicht so ist: Sie sind innerlich gefangen. Oft braucht es lange, bis sie wirklich loslassen können. Loslassen ist eine befreiende Kunst. Denn das Festhalten bindet und blockiert uns. ,,Ich muss loslassen, woran ich mich geklammert hatte. Solange ich diese Tatsache als Verlust für mich auffasste, war ich unglück lich. Aber sob ald ich sie unter dem Aspekt be trachtete, dass Leben im Loslassen und im Tod befreit wird, kam ein tiefer Friede über meinen Geist." Rabindranath Tagore, der diese Einsicht formuliert hat, weiß: Wenn wir uns zu sehr an etwas kla mmern, werden wir handlungsunfä hig. Wenn wir zu gierig etwas haben wollen, sind wir gef angen. Uns sind die Hände gebun den. Loslassen hingegen ist ein Akt der inneren Befreiung. Loslassen kann tatsächlich manchmal ganz schön schwierig sein, und Gelassenheit ist eine Kunst, die keinem in den Schoß fällt. Eine Kunst muss man erl ernen. Das ist oft und keines wegs nur für junge Menschen nicht ganz ein- fach. Es klingt etwas eigenartig, dass man für die Gelassenheit etwas tun sollte. Es doch kein Tun, sondern ein Lassen. Aber gerade das Lassen im Tun zu üben, ist die eigentliche Kunst. Ich wünsche gerade den Menschen, die viel zu tun haben, diese Kuns t. Sie besteht darin, etwas ein fach geschehen zu lassen. Was wir verbissen tun, wird kei nen Segen bringen. Was in Gelas senheit geschieht, das lässt de r, für den es ge schieht, auch lieber in sich ein. Er wird sich daran nicht verbeißen , sondern das Gelassene auf sei ner Zunge zer gehen lassen. Und sich daran er freuen.
Das Gegenprogramm
Zum Loslassen gehört auch, sich von seinen ei genen Größenphantasien zu befreien. Viele Menschen sind todunglücklich, weil sie an ih ren Illusionen von sich selbst festhalten. Sie hal ten an dem Wunschbild fest, wichtig zu sein, der beste, der spirituellste, der intelligenteste Mensch zu sein. Giuseppe Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., hat diese Versuchung, an Illusionen festz uhalten, offensichtlich auch ge kannt. Aber er hat für sich ein Gegenprogramm entwickelt : ,,Das Bewusstsein meiner Unzu länglichkeit erhält mich in der Einfachheit und erspart es mir, lächerlich zu werden." Und ein anderes Mal spricht er sich selber an: ,,Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!" In solchen Sätzen spüren wir eine erlösende Menschlichkeit. Er war, von außen betrachtet, in hohen Würden. Aber er musste sich nicht anstrengen, das Ideal der Gelassenheit und Einfachheit zu erfüllen. Das Wissen um seine eigene Unzulänglichkeit hat ihn von alleine zu dieser Einfachheit und Klarheit geführt. Wer um sich weiß und sich von Illusionen verabschiedet, der ist vor der Gefahr geschützt, lächerlich zu werden, sobald diese Illusionen von anderen zerstört werden.
Sag einfach, was du denkst
Wer sich sorgt ist angespannt. Das muss nicht unbedingt ein großes Problem sein, das ,,auf die Schulte rn drückt". Ich kenne viele Men schen, die nic ht entspannt und froh in ein Ge spräch gehen können. Immer setzen sie sich unter Druck . Sie meinen, sie müssten im Ge spräch gut abschneiden. Sie müssten dem anderen beweisen, dass sie gebildet sind und über wichtige Themen etwas Entscheidendes zu sagen haben. Sie fühlen sich gleichsam bei jedem Gespräch vor einem inneren Richter, der sie beurteilt, ob sie auch alles gut machen. Es ist eine solche Situation, in die hinein Jesus sagt: ,,Macht euch keine Sorgen, wie ihr euch verteidigen und was ihr sagen sollt." (Lk 12,11) Sag einfach, was du denkst, was aus deinem Innern komm t. Du musst dich nicht verteidi gen und rechtfertigen. Du darfst so sein, wie du bist. Trau deinem Gefühl. Wenn du nichts sagen möchtest, dann höre einfach zu. Und wenn dir Worte kommen, die du gerne zum Ausdruck bringen möchtest, dann tu es. Aber befrei dich von deinem inneren Richter. Er kostet dich zu viel Energie. Lebe einfach dein Leben.
In einer guten Hand
,,Sorge tötet die stärksten Menschen." So heißt es im Babylonischen Talmud, einer berühmten Sammlung jüdischer Weisheiten. Es gibt eine Sorge, die uns auszehrt und verzehrt. Sie raubt uns alle Kraft. Wer sich zu viel Sorgen macht, der hat keinen Appetit mehr. Er
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