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Lass Es Gut Sein

Titel: Lass Es Gut Sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schorlemmer
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Lebensmittel mitwirken
dürfen
«. Trotzdem werden uns Langzeitarbeitslose in den Medien vor allem als Arbeits- und Leistungsverweigerer vorgeführt. Und wir scheinen uns langsam mit dem neuen unsozialen Denken zu arrangieren. Auf die Frage: »Ist es nicht gerecht, dem die Bezüge zu streichen, der nicht arbeiten will?«, würden sicherlich viele Deutsche mit »Ja« antworten und dies sogar ganz selbstverständlich finden. Das sagt schon sehr viel darüber aus, wie der Mainstream »soziale Gerechtigkeit« buchstabiert – als Tauschlogik: »Leistungen nur bei Gegenleistungen«. Ein solches Verständnis ist für Christoph Butterwegge »mit dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes unvereinbar. In den Artikeln 20 und 28 unserer Verfassung steht ja nicht: ›Die Bundesrepublik muss sozial sein, wenn ihr dies der Hilfebedürftige dankt.‹ Vielmehr wird der Staat ohne jede Bedingung zur Unterstützung von Bedürftigen verpflichtet. Leider ersetzt man die Bedarfsgerechtigkeit immer mehr durch Leistungsgerechtigkeit.«
    Sozialpolitische Entscheidungen werden immer mehr unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Effizienz und der Standortfrage getroffen. Somit wird Sozialpolitik letztlich soziale Ungleichheiten fördern, statt sie auszugleichen. Es geht also in den aktuellen Debatten über Reformen nicht bloß um Detailfragen zu Hartz IV, es geht ganz substanziell um den Grundansatz von Politik und um deren Verhältnis zur Wirtschaft. Soll der Staat weiter zugunsten der Freiheit des Marktes zurückgedrängt werden? Oder sollte der Markt stärker politisch reguliert werden? Glauben wir tatsächlich, der Markt würde alles |30| regeln, wenn man ihn nur ließe? Ist es nicht eher so, dass der Markt und seine »Führer« nichts anderes als herrschen wollen und gewinnen, wenn man sie nicht in das Gemeinwesen integriert?
    Luther interessierte sich schon 300 Jahre vor Karl Marx für die (Wolfs-)Gesetze des Marktes, die keinen sozialen Kriterien folgen. Er fragte sich, wie sich der Preis einer Ware redlich bestimmen lässt und welche Aufgabe der Obrigkeit in diesem Zusammenhang zukommt: »Ja, wie teuer darf ich denn verkaufen«, fragst du vielleicht. Wie treffe ich Recht und Billigkeit, damit ich meinen Nächsten nicht übervorteile und betrüge? Die Antwort: Das wird mit keiner Schrift und mit keiner Rede je geordnet werden. Es hat auch noch niemand unternommen, den Preis einer jeden Ware festzulegen, zu steigern oder zu senken, und das aus dem Grunde, dass nicht alle Waren gleich sind. Die eine holt man von weiter her als die andere, eine verursacht höhere Kosten als die andere, so dass hier alles ohne Festlegung ist und auch bleiben muss, man ebenso wenig etwas Allgemein-Verbindliches festlegen kann, wie man einen einzigen festen Ort bestimmen kann, woher man alle Waren holt oder feste Kosten, die auszugeben wären. Denn es kann geschehen, dass ein und dieselbe Ware aus ein und derselben Stadt auf ein und derselben Straße eingeführt in diesem Jahre mehr kostet als in einem Jahre, weil vielleicht der Weg und das Wetter schlechter sind oder sonst ein Umstand eintritt, der zu größeren Unkosten zwingt als zu einer anderen Zeit. Nun ist es aber recht und billig, dass ein Kaufmann an seiner Ware so viel verdient, dass seine Unkosten bezahlt sowie Mühe, Arbeit und sein Risiko belohnt werden. Ein Ackerknecht braucht doch auch Nahrung und Lohn für seine Arbeit. Wer kann umsonst dienen oder arbeiten? Das Evangelium sagt: ›Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.‹ Um aber nicht ganz dazu zu schweigen, es wäre der beste und sicherste Weg, wenn die weltliche Obrigkeit hierfür vernünftige, redliche Leute einsetzte und sie beauftragte, die verschiedenen Waren mit ihren Kosten zu überschlagen und danach Maßstäbe aufzustellen dafür, wie teuer sie sein sollten, damit der Kaufmann zurechtkommen kann |31| und sein geziemendes Auskommen davon hat, wie man an einigen Orten Wein, Fisch, Brot und dergleichen preislich festgesetzt hat.«
    Es bedarf also – nach Luther – politisch gesetzter Maßstäbe, die das Lebensrecht aller am Arbeitsprozess Beteiligten angemessen berücksichtigen. Der Markt hat sich mit seinen Gesetzen in das zivilisatorische Projekt der Demokratie, des Volkswohlstandes, der Menschenrechte einzufügen. Die Wirtschaft muss für den Menschen, nicht bloß für die Profiteure und deren Profite da sein! Es gilt also in Deutschland, den Primat von Politik gegenüber der Dominanz der Ökonomie zurückzugewinnen und Freiheit

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