Lass Es Gut Sein
zukünftige suchen wir.« (Hebräer 13, 12–14) Das Reich Gottes bleibt eine alle menschlichen Reiche, Nationen oder Herkünfte transzendierende Größe. Das meint Ökumene!
Mitglieder der Bekennenden Kirche – voran Dietrich Bonhoeffer – stellten die Rechtmäßigkeit des Eroberungs- und Vernichtungskrieges des Nazizregimes infrage. Doch Frieden höher zu schätzen (und dem Krieg selber den Krieg zu erklären) als das Vaterland, das im Krieg steht und jeden Mann brauche, dazu verstanden sich nur ganz wenige, einzelne Christen. Bereits 1934 hatte Dietrich Bonhoeffer formuliert: »Friede soll sein, weil Christus in der Welt ist. Die Kirche Jesu Christi lebt zugleich in allen Völkern, doch jenseits aller Grenzen völkischer, |176| politischer, sozialer, rassischer Art…« Ein Konzil des Friedens solle »den Frieden Christi aus[zu]rufen über die rasende Welt.« Das war Bonhoeffers Stimme gegen eine völkisch-nationalistisch verirrte Kirche. Er entwickelte einen
Patriotismus des Widerstandes.
Er stellte die jahrhundertealten Theorien des sogenannten gerechten Krieges infrage und warf fast als Erster (seit der Zeit Kirchenvaters Tertullian im 2. Jahrhundert) die Frage nach der Wehrdienstverweigerung aus dem Geist Christi auf, so, wie das die Quäker jahrhundertelang getan hatten.
Niederlage – Befreiung – Neubeginn
Der 8. Mai 1945 ist ein großer und zugleich tragischer Tag für unser Volk – alles in allem ein glücklicher Tag der deutschen Geschichte, weil er das Ende unseres dunkelsten Kapitels bedeutete. Unsere schönen Städte in Schutt und Asche, unsere deutschen Tugenden so missbraucht, das Denken der großen Mehrheit so nazifiziert. Das Leid, das wir anderen zugefügt hatten, war auf uns zurückgeschlagen. Durch eine demütigende Niederlage waren wir als Volk gezwungen, den unvorstellbaren Verbrechen ins Auge zu sehen, die von uns ausgegangen waren. Aber wir bekamen die Chance zu einem Neubeginn. Und wir haben sie genutzt. Heute sind wir als demokratischer Staat wieder
Teil der Völkergemeinschaft
.
Zweimal musste die bedingungslose Kapitulation unterschrieben werden – am 7. Mai ’45 in Reims und am 8. Mai in Berlin-Karlshorst. Vierzig Jahre blieb unser Land geteilt. Wir tragen noch an den Folgen dieser Trennung. Aber was ist das im Vergleich zu dem, was wir überwunden haben?!
Der 8. Mai 1945 wurde in der DDR offiziell als »Tag der Befreiung« bezeichnet; dieser Tag war bis 1974 sogar ein Feiertag. Unter sich sprachen die Menschen meist von »Zusammenbruch«. In der SBZ klang »Befreiung« angesichts der Reparationen ironisch.
|177| In der Bundesrepublik hatte der 8. Mai lange die Konnotation von Kriegsende, Niederlage, »Stunde null«, Untergang des deutschen Nationalstaates, bis Richard von Weizsäcker 1985 klare Worte fand, die unsere Erinnerungskultur in West und Ost nachhaltig prägten: »Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Niemand wird um dieser Befreiung willen vergessen, welche schweren Leiden für viele Menschen mit dem 8. Mai erst begannen und danach folgten. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Kriege führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen … Wir alle, ob schuldig oder nicht, ob alt oder jung, müssen Vergangenheit annehmen. Wir alle sind von ihren Folgen betroffen und für sie in Haftung genommen. Jüngere und Ältere müssen und können sich gegenseitig helfen zu verstehen, warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten. Wir können des 8. Mai nicht gedenken, ohne uns bewusst zu machen, welche Überwindung die Bereitschaft zur Aussöhnung den ehemaligen Feinden abverlangte. Es gab keine ›Stunde null‹, aber wir hatten die Chance zu einem Neubeginn. Wir lernen aus unserer eigenen Geschichte, wozu der Mensch fähig ist.«
Bereits im Januar 1940, als alle deutschen Städte noch heil waren und die berauschenden Siege der Wehrmacht noch bevorstanden, fragte sich Thomas Mann, was aus Deutschland nach Kriegsende werden würde. Es sei unmöglich, zwischen bösen Nazis und guten Deutschen zu unterscheiden. »Das unselige deutsche Volk wird mit all seiner Intelligenz und Lebenskraft« für das Regime kämpfen und »nicht von ihm loslassen, ehe ihm selbst der Atem ausgeht«. Thomas Mann sollte Recht behalten.
Der britische Außenminister Eden erklärte im Mai 1942: »Die Wurzeln des deutschen
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