Lass mich dein Sklave sein
Versuchung, ihm mit der Hand durch die zerzausten Haare zu fahren. Aber sie wollte ihn nicht wecken. Vorsichtig schob sie sich aus dem Bett und ging etwas steifbeinig ins Badezimmer. Als Erstes wollte sie mit einer heißen Dusche ihre schmerzenden Muskeln lockern, wobei sie sicher war, dass sie sich ohne Rudis Massage jetzt überhaupt nicht hätte bewegen können.
Nach der Dusche und einer Tasse heißen Kaffee fühlte sie sich beinahe wieder wie ein Mensch. Sie musste an die vergangene Nacht denken und lächelte verträumt. Dass es so etwas wie Rudi überhaupt noch gab. Er war so sanft und geduldig, so aufmerksam und dabei so leidenschaftlich gewesen, dass sie beinahe wieder an die Liebe glauben konnte. Es wäre ihm bestimmt nicht wichtig gewesen, ihr ein so wunderbares Erlebnis zu verschaffen, wenn sie für ihn nichts anderes als eine weitere Eroberung wäre.
Gedankenversunken nahm sie einen Schluck von dem heißen Kaffee und verbrannte sich dabei fast die Zunge. Reiß dich zusammen, sagte sie sich, du musst jetzt einen klaren Kopf haben. Dann hob sie den Hörer des Telefons in der Küche ab. Vielleicht hätte sie sich früher melden sollen, aber wenn sie jetzt kündigte, würde ihr unprofessionelles Verhalten wohl ohne weitere Folgen bleiben.
“Hallo, Jane, ich bin’s.”
“Ellen?” Die Sekretärin flüsterte plötzlich. “Wo bist du bloß gewesen? Mr.
Campanello ist schon ganz außer sich.”
Ellen zog die Augenbrauen zusammen. “Er weiß doch genau, wo ich bin. Ist auch egal, Jane, verbinde mich bitte mit ihm. Vielleicht kann ich ihn ja beruhigen.”
“Sheffield!”
Ellen hielt sich den Hörer vom Ohr ab, bevor sie antwortete: “Hallo, Chef.”
“Wo, zum Donnerwetter, bist du? Du bist entlassen, hast du mich verstanden?”
bellte er in den Hörer. Dann wurde seine Stimme leiser, ja beinahe weinerlich, und Ellen presste den Hörer wieder ans Ohr. “Wie konntest du mir das antun?
Die Araber haben mich schwer unter Druck gesetzt, weil dieser Prinz wieder verschwunden ist. Ich brauche dich, Sheffield.”
„Aber … aber ich habe Marco doch gesagt, dass ich mit Rudi zusammen bin.
Rudi sagte …”
“Wer, zum Teufel, ist Rudi?” Jetzt schrie Campanello wieder.
Plötzlich ging ihr ein Licht auf. Er hieß ja gar nicht Rudi. Sie hatte ganz vergessen gehabt, dass er sich ihr ja nur aus Spaß so vorgestellt hatte. Die anderen kannten ihn wahrscheinlich nur unter seinem richtigen Namen.
“Rudi ist Rashid. Prinz Rashid.” Sie ließ sich auf den Küchenstuhl sinken und stützte den Kopf in die Hand.
“Du bist mit dem Prinzen zusammen? Das ist ja wunderbar! Wo bist du?
Warum hast du dich nicht gemeldet?”
Rudi hatte die Stadt also verlassen, ohne irgendjemandem etwas davon zu erzählen. Er hatte sie lediglich als angenehmen Zeitvertreib mitgenommen und war das Risiko eingegangen, dass sie sein Manöver durch einen schlichten Anruf herausbekäme. Aber dieses Risiko hatte sich für ihn ausgezahlt. Er hatte eine tolle Zeit gehabt. Und nur darauf war es ihm angekommen.
“Ich dachte, du wüsstest, wo wir sind”, antwortete sie matt.
“Und wo ist das, bitte?”
“In New Mexico. In einem Haus, das Ru… ich meine Rashid hier am Fuß der Berge besitzt. Das Haus hat ein fantastisches Sicherheitssystem.” Ellen wischte sich die Tränen von den Wangen. Wie hatte sie nur so naiv sein können!
“Sehr gut. Es sieht nämlich so aus, als sei das auch notwendig. Die Polizei hat einen der berüchtigtsten Terroristen aus Qarif in New York gesichtet. Du musst also Folgendes tun …“
“Halt! Ich denke, du hast mich gefeuert?”
“Ach Unsinn. Natürlich bist du nicht entlassen. Du bist doch meine Stellvertreterin, meine Partnerin.”
“Okay, dann kündige ich eben.”
“Das geht nicht. Geschäftspartner können nicht so einfach ausscheiden. Ich brauche dich bei diesem Fall. Wie lange arbeiten wir denn schon zusammen, Sheffield?”
“Ich weiß es nicht genau. Sechs Jahre vielleicht.”
“Eben. Du kamst frisch von der Polizeiakademie zu mir, erinnerst du dich?
Wer hat dir denn beigestanden, als diese Ratte Lowe dich fallen ließ?”
“Du.” Du liebe Zeit, er wärmte die alten Geschichten wieder auf.
“Wer war an deiner Seite, als die Kollegen aus deinem Bezirk sauer auf dich waren, weil du so schnell Karriere machtest?”
“Du. Ich weiß es, Boss, du brauchst diese alten …“
“Wer hat dich unterstützt, als …”
“Ich habe verstanden”, unterbrach sie ihn schnell. “Ich
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