Lass mich dein Sklave sein
wenn Sie von der Richtigkeit Ihrer Behauptungen überzeugt sind. Kommen Sie nach Qarif, und gehen Sie das Risiko ein, zu erfahren, dass Sie vielleicht Unrecht haben, was Rashid betrifft.”
Sie fühlte Ibrahims Blick auf sich, konnte ihren Blick aber nicht von dem Ticket lösen. Unrecht zu haben machte ihr keine Angst. Aber wenn sie nun Recht hatte?
“Es ist ein Blancoticket”, sagte Ibrahim ruhig. “Sie können es jederzeit verwenden. Sie können sich auch das Geld dafür geben lassen, wenn Rashid Ihnen nicht genug bedeutet.”
Ellen hörte, dass die Tür geöffnet und dann wieder ins Schloss gedrückt wurde.
Sie wusste, dass Ibrahim gegangen war, aber sie starrte immer noch wie hypnotisiert auf das Ticket. Sie hatte Angst. Sie, Ellen Sheffield, die Frau, die alles wagte, die in ihren Wonderwoman-Stiefeln aus dem Fenster gesprungen war, die einen zehn Meter hohen Felsen ohne Ausrüstung hinauf-und hinuntergeklettert war, diese Frau hatte Angst vor einer Flugreise?
Natürlich war es nicht die Flugreise, die ihr Sorgen machte, sondern es war der Mann, den sie am Ende dieser Reise wieder sehen würde. Bei ihrem Sprung aus dem Fenster hatte sie sich nur ein paar Knochen gebrochen. Das war ein körperlicher Schmerz gewesen. Aber Rashid ibn Saqr ibn Faruq al Mukhtar Qarif hatte Macht über ihr Herz, weil sie ihn liebte. Sie liebte ihn so sehr, dass sie sogar jeden seiner Namen erinnerte. Doch er erwiderte ihre Liebe nicht.
Aber was, wenn sie Unrecht hatte? Wenn er sie doch liebte? Wenn er genauso unglücklich in dem Palast dort war wie sie in ihrer winzigen Wohnung? Sie konnte es kaum glauben, aber Ibrahim gab ihr die Möglichkeit, genau das herauszufinden. War sie mutig genug, diese Herausforderung anzunehmen?
Sie hatte die Stimmen ihrer Brüder im Ohr, die sich über sie lustig machten, weil sie sich offenbar nicht traue … Sie hatte Rudis spöttisches Lächeln vor Augen, als er sie zu dieser albernen Wette herausgefordert hatte und ihr gesagt hatte, dass sie ja nur Angst vor den Gefühlen habe, die er in ihr hervorrufen könne …
Er hatte Recht gehabt. Als sie die Wette dann angenommen hatte und gewagt hatte, diese Empfindungen zuzulassen, waren sie sogar noch viel stärker gewesen, als sie es je erwartet hätte. Und weil diese Gefühle so stark waren, litt sie nun, seitdem Rudi sie verlassen hatte.
Aber wenn Ibrahim Recht hatte und wenn Rudi sie liebte, dann könnte sie wieder glücklich sein.
Sie hatte sich keine Hoffnungen gemacht, und sie hatte den Schmerz unterdrückt. Aber jetzt hatte Ibrahim ihr Hoffnungen gemacht, und der Schmerz war wieder da. Ibrahim hatte sie herausgefordert, und sie hatte sich noch nie einer Herausforderung aus Furcht entzogen. Sie würde es auch jetzt nicht tun.
Sie musste die Wahrheit erfahren. Also würde sie, zitternd vor Angst und vor Hoffnung, nach Qarif fliegen und die Wahrheit herausfinden.
Rudi hatte das Gesicht der Sonne zugewandt. Er hatte die Augen geschlossen und genoss durch die Balkonwand vor dem Nordwind geschützt, die Wärme. Er hätte nicht so hart arbeiten sollen, aber der Bau des Brunnens war endlich etwas gewesen, das ihn von seinem Verlust ablenkte. Jedes Mal, wenn er eine Arbeitspause eingelegt hatte, war Ellen wieder in seinen Gedanken aufgetaucht.
Also hatte er einfach weitergearbeitet.
Doch allmählich hatte er sich von der Überarbeitung erholt und konnte nun an den nächsten Schritt des Projekts denken. Wasserleitungen sollten in die Häuser der Bewohner gelegt werden. Er würde versuchen, sich diesmal ein wenig mehr Zeit zu lassen.
Er hörte Schritte hinter sich, aber er hielt die Augen geschlossen. Wenn er so tat, als schliefe er, würde man ihn vielleicht in Ruhe lassen.
“Rudi?”
Seine Wachträume wurden ja immer realistischer. Jetzt hörte er schon Ellens Stimme, als stünde sie auf dem Balkon neben ihm!
“Ibrahim hat mir gesagt, dass du vollkommen überarbeitet seist, aber ich hatte ja keine Ahnung …”
Seine Liege wackelte, als sich jemand neben ihn setzte. Er riss die Augen auf.
Es war mehr als ein Traum.
Er richtete sich auf und nahm Ellens Hand. Sie drückte seine Hand. Er berührte ihre Wange und konnte den Blick nicht von ihrem Gesicht lösen.
“Bist du es wirklich?”
„Ibrahim sagte, ich sähe genauso schlecht aus wie du.” Ellen lächelte ihn an, und er fühlte förmlich, wie neue Energie durch seinen Körper floss.
“Aber ich glaube, er hat Unrecht”, fuhr sie fort. “Du siehst viel schlechter aus als
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