Lass mich in Dein Herz
Seite.«
Andrea durchquerte den Eingangsbereich und ging den angezeigten Weg entlang, bis sie eine Tür mit der Aufschrift Büro fand. Sie klopfte.
»Herein«, rief eine Frauenstimme.
Andrea öffnete die Tür. Der Raum war dank großer Fenster sehr hell. Andrea sah eine blonde Frau vor einem Regal, die gerade einen Ordner zurückstellte. Genauer gesagt sah sie nur den Rücken der Frau.
»Guten Tag. Mein Name ist Jordan. Ich möchte mich gern über die angebotenen Kurse . . .« Der Rest des Satzes erstarb Andrea auf den Lippen.
Die Frau hatte sich umgedreht. Andrea sah direkt in Ginas mindestens ebenso überraschtes Gesicht.
Im ersten Impuls wollte Andrea das Büro sofort wieder verlassen.
»Hallo. Schön dich zu sehen«, hörte sie Gina da sagen.
Andrea blieb verwundert stehen und blickte in Ginas Gesicht. Sie fand darin nicht die Spur eines Vorwurfs. Sie muss doch sauer sein! Wenigstens verärgert! Du hast dich nicht wieder bei ihr gemeldet! Warum ist sie so nett?
»Hallo«, erwiderte sie unsicher.
»Du bist nicht hier, weil du mich gesucht hast.« Eine Feststellung. Gina hob dennoch fragend die Augenbrauen.
»Nein, bin ich nicht«, bestätigte Andrea.
»Dann gehe ich davon aus, dass du an einem Kurs teilnehmen möchtest.« Gina ließ sich nichts anmerken, obwohl ihr Herz bis zum Hals klopfte. Ihre Freude über das unverhoffte Wiedersehen und die darauffolgende Enttäuschung, dass dieses Wiedersehen nur dem Zufall geschuldet war, hielten sich für einen Moment die Waage.
Doch dann siegte die Freude. Hauptsache, sie ist da! Gina lächelte. Wenn sie jetzt den Fehler machte, Andrea mit Vorwürfen zu überschütten, war die Chance vertan, sie für länger als eine Minute im Raum zu halten. Andrea würde gehen, und Gina sähe sie nie wieder. Das war das Letzte, was Gina wollte. Der Zufall hatte Andrea hierhergeführt. Diesen Zufall gedachte Gina zu nutzen. Unbedingt!
Andrea stand unentschlossen da. »Das wollte ich, aber . . . Ich denke, das ist unter diesen Umständen keine gute Idee.«
»Wie du meinst.« Gina lächelte immer noch.
Andrea zögerte. Sie sollte gehen! Statt dessen versuchte sie, zu erklären. »Ich . . . ich habe mich nicht gemeldet, weil . . .«
»Du bist mir keine Erklärung schuldig. Es war doch nur eine Nacht«, unterbrach Gina sie. Zumindest für dich. Und es ist wohl besser, du glaubst, für mich war es auch nicht mehr.
»Nicht wahr? Es hatte keinerlei Bedeutung«, meinte Andrea nervös. Offenbar nahm Gina die Sache gar nicht so tragisch, wie sie befürchtet hatte. »Vergessen wir es einfach.«
Gina seufzte innerlich. »Ja. Vergessen wir es einfach.« Während sie das sagte, versuchte sie ihr klopfendes Herz ebenfalls davon zu überzeugen. Es war nicht mit ihr einer Meinung.
Sie wechselte das Thema und erklärte in geschäftlichem Ton: »Falls du also an einem Kurs teilnehmen möchtest, erläutere ich dir gern, wie dieses Studio arbeitet.«
Andrea wusste, dass sie ganz bestimmt nicht in dem Studio einen Kurs absolvieren wollte, wo sie mit einer der Trainerinnen eine Affäre gehabt hatte. Sie würde sich zwangsweise jedes Mal, wenn sie das Studio betrat, daran erinnert fühlen. Dennoch nickte sie.
Gina begann zu erklären. »Die Basis unserer Selbstverteidigung bildet das Taekwondo . Um besonders effektiv zu sein, haben wir jedoch auch in anderen Kampfsportarten Techniken entliehen, vor allem beim Boxen, Aikido und Jiu-Jitsu . Ergänzt werden die Kampftechniken je nach Altersgruppe durch Information, Rollenspiele, Übungen, Gespräche, Ausdauer- und Krafttraining und Entspannungstechniken.«
»Das hört sich vernünftig an.« Andrea zögerte einen Moment. »Wie schnell kann man so etwas lernen? Ich meine, effektive Selbstverteidigung.«
Gina musterte sie kurz. Wozu brauchte Andrea so etwas? Es schien ihr wichtig zu sein, wenn sie so drängte. »Die Technik kann man schnell lernen«, sagte sie. »Aber wenn du hier im Training nach kurzer Zeit alles beherrschst, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass du das draußen, bei einem Ernstfall, auch einsetzt. Viele Frauen haben Probleme damit, andere zu verletzen, selbst wenn es ein Angreifer ist, der ihnen Böses will. Indem man immer und immer wieder die Techniken wiederholt, werden diese hoffentlich zu einem Reflex antrainiert. Das ist das Ziel.«
Andrea nickte.
»Wollen wir dann jetzt über deinen Trainingsplan sprechen?« fragte Gina.
»Ich . . .« Andrea schwankte.
»Oh, verstehe.« Gina nickte. Es war
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