Lass mich in Dein Herz
Fall verurteilt worden. Von mir.« Andrea schluckte angestrengt. »Damals hat er seine Ex-Freundin verfolgt. Das ging so weit, dass er versuchte, sie mit dem Auto von der Straße zu drängen. Ich verurteilte ihn zu achtzehn Monaten Freiheitsentzug. Er hätte das vermeiden können, wenn er sich zu einer psychotherapeutischen Behandlung bereitgefunden hätte. Aber das hat er verweigert.«
Ginas Gesicht verdunkelte sich zunehmend. »Das heißt, er ist psychisch gestört und will sich jetzt an dir rächen«, stellte sie fest. »Er ist gewaltbereit und ziemlich unberechenbar.«
»So ist es«, bestätigte Andrea.
»Dann schlage ich vor, wir beginnen mit dem Training so schnell wie möglich. Gleich morgen. Wann hast du denn Feierabend?«
»Ich kann gegen sieben hier sein«, entgegnete Andrea.
Sie nickte Gina zu, drehte sich um und verließ das Büro.
Als sich die Tür hinter Andrea schloss, schaute Gina ihr noch eine Weile nach. Dann musste sie sich erst einmal setzen. Das alles war doch ziemlich viel auf einmal. Andrea tauchte nicht nur völlig überraschend hier bei ihr im Studio auf, sie würde auch hier trainieren. Mit ihr, Gina!
Natürlich war der Anlass kein erfreulicher. Aber für den Bruchteil einer Sekunde war Gina diesem Kerl, der Andrea verfolgte, fast dankbar. Immerhin hatte er Andrea zu ihr gebracht. Sie würden sich näherkommen. Warum sollte sich nicht doch noch etwas entwickeln?
Vergiss es, Gina! ermahnte sie sich sofort. Und deute die Zeichen!
Die waren unmissverständlich. Andrea war weder in sie verliebt noch sonst irgendwie interessiert. Sie kam, weil sie sich Hilfe in einer Sache erhoffte, die nichts mit ihnen beiden zu tun hatte. Andrea lebte in einer Beziehung. Nie würde sich zwischen ihnen beiden mehr als Freundschaft entwickeln – wenn überhaupt.
Und Gina wusste, Freundschaft war nicht das, was sie von Andrea wollte.
~*~*~*~
C armen sah ihre Schwester verständnislos an. »Du lässt sie glauben, du bist verheiratet?«
»Es ist besser so. So ist es unkomplizierter.« Andrea wand sich etwas unter Carmens Blick.
Carmen schüttelte den Kopf. »Für mich hört sich das eher komplizierter an. Warum um alles in der Welt tust du das?«
»Damit sie sich keine Hoffnungen macht.« Andrea kniff trotzig die Augen zusammen. »Nicht dass ich denke, sie macht sich welche. Aber es ist sicherer so.« Sie runzelte die Stirn. Sie wollte dieses Thema nicht weiter erörtern. Das führte zu nichts.
»Warum hast du solche Angst davor, dass mehr daraus werden könnte?« fragte Carmen.
»Ich habe keine Angst«, widersprach Andrea.
Doch Carmen kannte ihre Schwester besser. Sie brachte die Sache auf den Punkt: »Maren ist seit vier Jahren tot. Es ist ganz natürlich, dass du dich wieder verliebst.«
»Ich bin nicht verliebt! Es war eine schöne Nacht, nicht mehr«, beharrte Andrea.
»Ja, weil du sofort abgehauen bist«, warf Carmen ein. »Du unterdrückst jedes aufkommende Gefühl für eine andere Frau, weil du es als Verrat an Maren empfindest. Aber das ist Unsinn.«
»So, ist es das? Und warum fühle ich mich jedes Mal so schlecht, sobald ich mich mit einer Frau einlasse?«
Carmen lachte leicht. »Aus genau dem Grund, den du eben bestritten hast: weil du Angst hast.«
»Ich weiß nicht, was du meinst«, behauptete Andrea.
Carmen seufzte. »Ich weiß, es ist schwer. In dem Moment, in dem du zulässt, dass du dich neu verliebst, lässt du auch die Möglichkeit eines neuen Verlustes zu. Deshalb wehrst du dich dagegen.«
»Ich wehre mich überhaupt nicht!« Andrea widersprach fest. »Es ist nur so, dass ich für keine andere Frau das fühlen kann, was ich für Maren gefühlt habe.«
»Das sollst du ja auch gar nicht.« Carmen strich Andrea mitfühlend durchs Haar. »Aber du könntest dennoch lieben, anders als bei Maren und trotzdem genauso tief.«
»Das bezweifle ich.« Andrea presste die Lippen zusammen.
Carmen seufzte. Es hatte keinen Sinn. Andrea weigerte sich strikt, an die Möglichkeit zu glauben, sich wieder verlieben zu können. Carmen wollte Andreas Verlust nicht abschwächen. Ganz gewiss nicht. Auch sie hatte Maren gern gehabt. Aber so konnte es nicht ewig weitergehen. »Ach, Andrea.« Carmens Stimme klang müde. »Du kannst doch nicht bestreiten, dass du dich nach jemandem sehnst. Und das ist auch ganz normal.«
Andrea funkelte Carmen böse an. »Ich sehne mich nach niemandem! Absolut nicht. Lass mich in Ruhe damit!«
~*~*~*~
A uf der Fahrt nach Hause beherrschte Andrea der Gedanke,
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