Lass mich in Dein Herz
»aber ich –«
Sie sah Andrea an und begriff, dass sie nichts tun konnte. Wenn überhaupt, konnte Andrea etwas tun. Aber das wollte sie offensichtlich nicht. Sie klammerte sich an die Vergangenheit wie an einen Felsen in der Brandung. Sie hatte Angst, das Meer würde sie verschlingen, wenn sie diesen felsigen Hafen aufgab. O Gott!
Gina nickte betrübt. Es sollte eben nicht sein. Sie zog ihren Judoanzug wieder an. »Mach dir keine Sorgen. Ich komme schon damit klar«, erklärte sie gegen ihre innere Überzeugung. Es sollte leichthin gesagt klingen.
Aber Andrea ließ sich trotz ihres mitgenommenen Zustandes nicht täuschen. »Es tut dir weh. Das sehe ich doch.«
Und wer ist daran schuld? Gina versuchte ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. »Ja«, gab sie zu. »Aber was ändert das? Lassen wir das Thema also. Es bringt nichts.«
Andrea sah sie an. »Hast du Lust . . . wollen wir zusammen essen gehen? Morgen?« fragte sie. »Ich erinnere mich gerade, dass du einmal sagtest, du bevorzugst die altmodische Art. Warum probieren wir es nicht damit?«
»Meinst du das ernst?« erwiderte Gina unschlüssig. War das schon wieder einer von Andreas Tricks, um an ihren Körper heranzukommen und ihr dann das Herz zu brechen?
»Ich verspreche, ich werde mich absolut altmodisch verhalten.« Andrea hob lächelnd zwei Finger zum Schwur.
Gina schüttelte den Kopf. »Aus dir werde mal eine schlau.«
»Das gelingt mir im Moment selbst nicht«, meinte Andrea. »Was magst du?« fuhr sie fort. »Italienisch, griechisch, französisch, chinesisch – oder etwas anderes?«
»Ich mag griechisches Essen.« Gina sah sie an.
»Schlecht fürs Küssen«, meinte Andrea. »Passt also perfekt.«
Oh, sie meint es wirklich ernst? Erstaunlich. Zumindest für den Moment war Gina überrascht.
»Wann soll ich dich vom Studio abholen?«
»Sagen wir um sieben? Angesichts deines heutigen Erfolges über die Lehrerin ist es wohl zulässig, das Training auszulassen«, schlug Gina vor.
»Madame, die Kutsche wird pünktlich vorfahren.« Andrea verbeugte sich galant.
Gina lachte über die theatralische Geste. So ernst es ihr irgend möglich war, erwiderte sie: »Madame wird warten.«
Andrea ging.
Gina schaute ihr nach und fragte sich einmal mehr, wie es nur möglich war, dass sie dieser Frau nichts abschlagen konnte.
12.
G ina stand inmitten der Kindertrainingsgruppe. »So – und zum Schluss spielen wir noch eine Runde Fußball. Bildet zwei Mannschaften!«
Die Kinder stellten sich schnell in einer Reihe auf und zählten ab.
»Mannschaft zwei nimmt die blauen Armbinden. Mannschaft eins holt die Tore«, bestimmte Gina. »Martin, bringst du bitte den Ball mit?« Die Kinder rannten los.
Innerhalb von zwei Minuten war alles für das Spiel bereit. Gina warf den Ball hoch und rief: »Los!«
Sieben Minuten später beendete Gina das Spiel. Außer Atem und mit erhitzten Gesichtern sammelten sich die Kinder um Gina. »Mannschaft zwei gewinnt mit drei zu eins und räumt die Tore weg«, verkündete Gina. Mannschaft zwei johlte. »Und jetzt alle ab in die Duschen!«
Die Kinder liefen los.
Gina ging in den Umkleideraum. Auf dem Weg dorthin traf sie Judith.
»Alles klar?« fragte die im Vorbeigehen.
»Alles bestens. Alles bestens«, erwiderte Gina gutgelaunt.
Judith stoppte abrupt. »Hä?« Ginas gute Laune überraschte sie. War die nicht eigentlich unglücklich verliebt? »Was ist los?« fragte Judith neugierig.
»Was soll denn los sein?«
»Du bist so . . . aufgekratzt.«
»Dir kann man es aber auch nicht recht machen«, stellte Gina grinsend fest. »Bin ich betrübt, vermutest du Unheil. Bin ich gut drauf, vermutest du dasselbe.«
»Ich dachte nur, weil du doch . . . hat sie ihre Meinung geändert?«
»Nein.«
»Und warum bist du dann so gut drauf?«
»Sie hat mich zum Essen eingeladen.«
Judith sah Gina an, als wäre die nicht ganz klar im Kopf. »Entschuldige mal. Aber in eurem Fall ist das ja wohl eher ein Rückschritt.«
»Da irrst du dich gewaltig.« Gina zog Judith mit sich in den Umkleideraum. »Andrea braucht einfach etwas Zeit.«
»Ach, Gina . . .« Judith sah ihre Freundin fast mitleidig an. »Die Frau nutzt deine Gefühle aus. Mag ja sein, dass sie in einer Notlage ist. Aber wenn sie Augen im Kopf hat, muss sie doch merken, was mit dir los ist. Es ist egoistisch von ihr, dennoch deine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Du reißt dir alle Beine für sie aus. Und zum Dank dafür lässt sie dich am ausgestreckten Arm
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