Lass mich in Dein Herz
Vorteil, kann ihm die Fäden des Spiels aus der Hand nehmen. Stellen Sie sich vor, wenn Valentin das begreifen muss. Und die Aussage Ihres Bruders wird der erste konkrete Beweis gegen Valentin sein.«
»Ich will nicht pessimistisch klingen, aber ich bezweifle, dass mein Halbbruder gegen Valentin aussagen wird. Ganovenehre. Sie wissen schon. Man verpfeift niemanden. In der Sache mache ich Ihnen nicht viel Hoffnung.«
Andrea ging zum Schreibtisch zurück. »Ich biete ihm an, dass seine Identität geheim bleibt. Er muss nur beim Staatsanwalt seine Aussage machen, die wird protokolliert und fertig.«
Brandt sah sie zweifelnd an. »Ob er sich darauf einlässt? Valentin wird wissen, dass es mein Bruder war. Es kann ja gar niemand anders sein, weil sonst niemand von der Sache weiß.«
»Wenn jemand Ihren Bruder davon überzeugen kann, dann Sie«, sagte Andrea. »Fragen Sie ihn. Bitten Sie ihn.« Sie sah Brandt an. »Ich bitte Sie darum. Nicht als Richterin, nur als Mensch.«
Brandt sah sie an und nickte langsam. »Gut.« Er stand auf. »Ich werde tun, was ich kann.«
Andrea blieb zurück, nachdem er sich verabschiedet hatte, und dachte noch einmal über das Ganze nach. Zweifel kamen ihr.
Wenn Löwens Brandt die Wahrheit erzählt hatte – sie ging davon aus, dass Brandt kein Interesse daran hatte, sie zu belügen, und eins zu eins die Informationen seines Halbbruders weitergab –, bestand kein Grund für Löwens unterzutauchen.
Warum dann die Reise?
Nun ja, vielleicht wollte Löwens sein Honorar einfach nur auf angenehme Weise ausgeben.
Aber noch etwas stimmte Andrea bedenklich. Mit Löwens handelte Valentin sich einen unbequemen Mitwisser ein. Warum nahm er das Risiko in Kauf? Sie hatte das ungute Gefühl, dass da irgendetwas nicht stimmte. Nur was?
Das Telefon klingelte und riss Andrea aus ihren Überlegungen. »Jordan«, meldete sie sich.
»Hier ist Judith.«
»Ja?« Der Name sagte Andrea nichts.
»Judith Mahler. Sind Sie Andrea?« Die Stimme klang ungeduldig.
»Ja«, erwiderte Andrea verwundert. »Frau Mahler? Was kann ich für Sie tun?«
»Es geht um Gina. Sie liegt im Krankenhaus. Es gab eine Rauferei vor dem Studio.«
»Was?« fragte Andrea erschrocken.
»Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Schöneberg, Rubensstraße 125. Gina wird gerade geröntgt«, sagte die Frau am anderen Ende.
Andrea zögerte. »Entschuldigen Sie, die Frage muss Ihnen jetzt komisch vorkommen, aber . . . woher weiß ich, dass Sie . . . mir die Wahrheit sagen?«
Am anderen Ende schnaufte Judith. Sie war viel zu aufgeregt, um daran zu denken, dass Andrea allen Grund zur Vorsicht hatte.
»Ich sage Ihnen mal was«, fauchte sie wütend. »Ich weiß, und Ihnen dürfte es auch nicht entgangen sein, dass Gina Sie liebt. Und wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist Ihnen Gina nicht gleichgültig. Das wäre also der passende Moment, dass Sie mal für Gina da sind. Umgekehrt war das ja schon häufiger der Fall.«
Andrea schluckte. Dass Valentin sich eine weitere Mitwisserin aufladen würde, war unwahrscheinlich. Sie musste das Risiko eingehen. Schließlich ging es um Gina – und sie fühlte, dass sie selbst, wenn sie wollte, nicht nein sagen konnte. »Ich bin auf dem Weg«, sagte sie.
»Na also.« Judith legte auf.
~*~*~*~
E s war die typische Krankenhausatmosphäre, die Andrea empfing. Sie versuchte die aufkommende Beklemmung zu beherrschen. Die Erinnerung an die zwei schrecklichsten Tage ihres Lebens brach schmerzlich über sie herein: Als sie wartend und hoffend nach Marens Unfall an deren Bett gesessen hatte.
Maren war nicht mehr aufgewacht.
»Ich suche Gina Gilbach. Sie muss vor kurzem eingeliefert worden sein«, erklärte Andrea der diensthabenden Schwester an der Anmeldung.
Die gab den Namen in den Computer ein. »Ja«, sagte sie. »Frau Gilbach ist noch in der Unfallstation. Sie folgen dem Gang nach rechts bis ganz nach hinten. Dr. Gerold hat heute Dienst.«
»Danke.« Während Andrea den Flur entlanglief, machte sie sich die größten Vorwürfe. Du! Du bist schuld, dass Gina verletzt ist!
Es gefiel Valentin offenbar nicht, dass sein Opfer Unterricht in Selbstverteidigung nahm. Also überfiel er kurzerhand die Trainerin. Oder hatte er ein paar Schläger angeheuert? Andrea stellte fest, dass sie vor Schreck ganz vergessen hatte zu fragen, was genau eigentlich passiert war.
»Andrea Jordan?« Eine hochgewachsene, schlanke Frau kam auf Andrea zu. Die Frau strich eine Strähne ihres Ponys aus der Stirn, die
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