Lass sie bluten
nicht beruhigt hätte.
Und die anderen? Javier hatte im Augenblick lediglich im Sinn, Bräute und brautähnliche Homos zu jagen. Jimmy war zu einfältig und hatte außerdem zu starke Sehnsucht nach seiner Braut in Schweden. Babak war der Teufel persönlich in Flip-Flops. Jorge hätte den Iraner schon längst fertigmachen sollen – wenn er nicht auf dem Wissen gesessen hätte, wie J-Boy den Finnen hintergangen hatte.
Er brauchte jemand anderen.
Er winkte den Barkeeper zu sich. Fragte ihn nach der Telefonnummer von Poppy’s Bar.
Jorge ging auf die Backpackerbräute zu. Er tippte der mit den Dreadlocks auf die Schulter.
»
Excuse me, can I ask you a favour
?«
Das Mädel antwortete in gut verständlichem Englisch. Aber es war nicht gut genug.
Er fragte: »Bist du Schwedin?«
Die Braut starrte ihn an. Dieselbe Reaktion wie immer hier unten – nur weil man wie ein Asi aussah, glaubten die Schweden einem nicht, dass man lediglich auf Urlaub hier war.
Jorge sagte: »Du, ich muss einem Kumpel in Schweden ’ne SMS schicken, aber mein Akku ist leer. Hast du zufällig ’n Handy?«
Das Mädel lachte auf. »Das haben ja wohl alle heutzutage, oder?«
»Also, ich hab’s ’n bisschen eilig. Ich bezahl’s dir auch.«
Das Mädel lächelte erneut. Sie hatte schöne Augen: irgendwie meliert. Schwer zu sagen bei der blau/rot/grünen Beleuchtung in Poppy’s Bar.
Sie ging auf seinen Vorschlag ein. Ihr Handy war von der billigen Sorte. Aber das spielte keine Rolle.
Jorge schickte eine SMS an die Nummer, die er von JW hatte.
Mann, hier ist dein Lieblingslatino. Ruf mich unter 0066–384231433 an, wenn du Zeit hast
.
In Schweden war es jetzt Nachmittag.
Am nächsten Morgen. Früh. Es war erst halb elf. Mahmud dürfte inzwischen wach sein – der Araber war am Abend zuvor immerhin vor Mitternacht schlafen gegangen. Jorge hatte seine Sachen bereits gepackt.
Er ging am Pool vorbei.
Mahmuds Bungalow lag fünfzig Meter von seinem entfernt. Er klopfte an die Tür.
Von innen hörte er Mahmuds müde Stimme. »Wer ist da?«
»Ich bin’s. Mach auf.«
Es dauerte mehr als fünf Minuten, bevor er öffnete. In Boxershorts und Hemd. Dieselbe Malerei an der Decke wie in Jorges Bungalow. Im Hintergrund des Raumes herrschte totale Unordnung. Shit, das konnte dauern.
»Kumpel, wir müssen los. Und zwar heute noch, vor zwölf Uhr.«
»Aber wieso denn, du hast doch gesagt, dass wir diesen Tjing Tjong-Typen die Knete geben würden.«
»
No fucking way
. Wir hauen ab. Entweder nach Krabi oder Phuket. Weißt du, ich hab da ’ne Idee.
Vierzig Minuten später: Jorge hatte Mahmud beim Packen geholfen. Der Typ schien Sonnenöl, DVD -Kopien und Strohhalme förmlich zu sammeln. Aber Jorge wollte entweder alles mitnehmen oder den ganzen Krempel entsorgen. Keine unnötigen Spuren hinterlassen.
Mahmud wollte die anderen Jungs nicht zurücklassen. Jorge überredete ihn so gut er konnte. Versicherte ihm, dass es gut so sei. Versprach es ihm.
Garantierte ihm: »Es ist gut, wenn wir uns eine Weile lang nicht sehen. Mit Babak gibt’s sowieso nur Ärger. Und wenn wir uns irgendwo niedergelassen haben, können die anderen ja nachkommen.«
Sie gingen mit ihren Koffern zur Rezeption im Nachbarhotel. Bestellten einen Minibus in Richtung Süden. Er würde in zwei Stunden losfahren. Dann gingen sie zum Queen Hotel zurück und checkten aus.
Es war Viertel vor zwölf.
Mahmud sagte: »Mann, ich werde die Mösen an der Decke vermissen.«
Sie gingen zu ihren Vespas. Sie mussten sie abgeben und bezahlen. Erneut: Jorge wollte jeglichen Ärger vermeiden.
Er sprang auf seine Vespa und startete sie.
Mahmud tat es ihm gleich.
Sie fuhren auf die Hauptstraße.
Links von ihnen lag das Meer. Die Luft war klar. Jorge dachte: So früh war Mahmud ganz bestimmt noch nie auf den Beinen, seit wir hergekommen sind.
Die Vespas wirbelten Staub auf.
Plötzlich: quietschende Reifen.
Die Leute um sie herum schrien auf.
Ein großer Pick-up, Toyota Hilux, kam angerast.
Er fuhr geradewegs auf Mahmud zu.
Drängte den Araber ab.
Mahmud versuchte ihm auszuweichen. Fuhr auf den Bürgersteig.
Der Toyota folgte ihm.
Die Leute sprangen zur Seite.
Jorge wusste nicht, was er tun sollte.
Er gab Gas, versuchte ihn im Blick zu behalten. Ihm hinterherzufahren.
Der Wagen rammte Mahmuds Vespa am Hinterrad.
Die Vespa geriet ins Schlingern. Jorge rief ihm zu, dass er versuchen sollte, auf den Strand hinunterzufahren.
Die Vespa schwankte erneut.
Die Leute liefen
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