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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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kamen nie wieder zurück.
    Der gesamte Raubüberfall: eine solche Referendarwoche. Sie hatten so coole Pläne, so tolle Ideen, so einen Superplan. Jorge hatte geglaubt, die Kriminalgeschichte neu schreiben zu können:
Legendario
zu werden, J-Boy Royale, König, der Vorortsmythos mit dem heftigsten Ruf in Nordeuropa. Dann landeten sie den Coup, der mittelprächtig lief. Sie kamen zwar ungeschoren davon, aber mit einem Range Rover, dem mehr DNA -Spuren anhafteten als einem alten Rasierhobel. Die Beute: nicht gerade so minimal wie der Sack einer Mücke, aber weitaus weniger als erwartet. Und dann, dann kam das Ende der Geschichte. Sechs Jungs in Thailand, die es nicht schafften zusammenzuhalten. Die anfingen, sich mit der russischen Mafia anzulegen. Die sich miteinander anlegten. Ausrasteten. Sich auseinanderdividierten.
    Nicht nur die Kriminalangst.
    Jorge wurde von Panik erfasst.
    Er wollte am liebsten losheulen und davonlaufen und nie wieder zurückkommen.
     
    Er stand im Aufzug nach unten. Hatte ein paar Worte mit einer Schwester gewechselt – Mahmud hatte sich irgendeine Infektion zugezogen, teilte sie ihm mit. Er würde noch mindestens zwei Wochen bleiben müssen. Aber nur, wenn jemand dafür bezahlen konnte.
    Es kam wie ein Schock für ihn – wie lange würde es noch so weitergehen? Dennoch: Jorge hatte versprochen, die Dinge zu regeln. Er musste eine Garantie unterschreiben und dreißigtausend Baht als Vorschuss bezahlen.
    Er dachte daran, dass er Mahmud versprochen hatte, seine Schwester Jamila anzurufen. Dann musste er an seine eigene Schwester denken, Paola. Er hatte sie nach dem Unfall von Mahmud von einer Telefonzelle aus angerufen. Wollte ihre Stimme hören. Sich vergewissern, dass es Little-Jorge gut ging, dass seine Mutter noch lebte. Zehn Minuten Gespräch, davon sieben Minuten Weinen.
    Die Aufzugtüren öffneten sich.
    Jorge verließ das Gebäude durch den Eingangsbereich.
    Draußen schlug ihm die Hitze entgegen. Von der Kühle der Klimaanlage in die Hitze der Hölle.
    Er musste mehr Knete lockermachen – hundert pro.
    Er benötigte etwas, wovon er sich ernähren konnte: eine Bar oder ein Café. Wollte sein Versprechen Mahmud gegenüber einhalten. Aber vielleicht war der Kumpel auch völlig raus aus dem Rennen.
    Er musste ein paar Jahre hier bleiben, bis sich zu Hause die Lage beruhigt hatte.
    Er musste mit JW reden. Er brauchte Hilfe.
    Von jemandem, der sich in Thailand auskannte.
    Er hatte keine Ahnung, wer das sein könnte.

38
    Hägerström lehnte seinen Kopf zurück. Er verspürte leichte Rückenschmerzen. Der Flugzeugsessel war schon in Ordnung, nur der Freiraum für die Füße war etwas eng. Er saß inzwischen bereits neun Stunden hier. Hatte das Magazin der Airline und einen Krimi von Roslund & Hellström gelesen sowie Filme und Naturdokumentationen auf dem winzigen Bildschirm angeguckt, der sich drei Dezimeter von seinem Gesicht entfernt befand.
    Er war auf dem Weg zu einer neuen Dimension der Operation Ariel Ultra. Eine unerwartete Wendung des Geschehens. Er war auf dem Weg nach Thailand, und zwar im Auftrag von JW .
    Er stand auf und schob sich an den anderen Passagieren vorbei. Er streckte seinen Körper. Versuchte sich zu dehnen.
    Das Flugzeug war ziemlich groß und mit einer Treppe ins Obergeschoss ausgestattet, wo die Passagiere der Ersten Klasse saßen. Hägerström wäre zumindest gerne in der Economy Flex geflogen, doch das hätte einen gewissen Verdacht erregt. Ein ehemaliger Beamter im Strafvollzug konnte es sich nicht leisten, fünfundzwanzigtausend Kröten für einen Flug nach Thailand abzudrücken.
    Er warf einen Blick über die Sitzreihen. Hägerström war diese Route schon mehrfach geflogen. Die Maschine war mit der herkömmlichen Mischung aus Passagieren besetzt. Schwedische Familien der Mittelschicht mit Kindern, die hustend und mit Rotznase in den Gängen umherliefen. Typen in Dreier- oder Vierergruppen, die bereits einen sitzen hatten, als sie eincheckten. Alleinreisende Männer, die in Kakishorts und T-Shirts flogen und das Sinnbild des europäischen Pädophilen abgaben, sich aber lediglich als Geschäftsleute entpuppten. Und schließlich Thais, allein oder mit Kindern, die nach Hause wollten, um die Familie zu besuchen.
     
    Er schloss die Augen. Versuchte zu schlafen. Stattdessen gingen ihm Dinge im Kopf herum, an die er eigentlich lieber nicht denken wollte.
    Nach Abschluss der Polizeihochschule hatte er relativ schnell Karriere gemacht. Polizeiassistent,

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