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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Süßigkeitenautomat und einer mit belegten Brötchen. Dann eine schmale Treppe hinauf. Der Typ schaltete das Licht an, als sie den ersten Stock erreicht hatten.
    Natalie schaute sich im Raum um. Er war groß. Erstreckte sich über das gesamte Obergeschoss des Gebäudes. Balken an der Decke. Linoleum auf dem Fußboden. Weiße Strukturtapete. Vier große Spieltische, mit grünem Filz ausgekleidet, über den Raum verteilt. In der Mitte: ein ausladender Roulettetisch aus dunklem Holz. Um die Spieltische herum standen Bürostühle mit Achtzigerjahreflair: mit dicken schwarzen Lederpolstern und Armlehnen aus Holzimitat. An den Wänden hingen Werbeplakate für unterschiedliche Internetspielportale und die Zeitschrift
Poker
.
    Sie befanden sich im Västerås Gaming Club. Ein teilweise schwarz geführter Spielklub für Leute, die ihre Knete beim Poker, Roulette oder Würfelspielen verzocken wollten. Sie hätten dem Ganzen allerdings ein wenig mehr Glamour verleihen können – es würde dem Spiel bestimmt zuträglich sein. Andererseits waren sie hier auf dem Land – vielleicht reichte ein Roulettetisch den Leuten aus Västerås ja aus, um sich wie Dandys zu fühlen.
    Natalie und Goran setzten sich jeder auf einen Stuhl an einem der Spieltische. Das Lederpolster gab Zischlaute von sich, als es zusammengepresst wurde. Der Typ sprach schlechtes Schwedisch. »Er kommt gleich.«
    Goran entgegnete: »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Ruf ihn an.«
    Der Typ hatte eine Tätowierung auf dem rechten Unterarm, ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Natalie kannte sich aus: Es war die assyrische Standardtätowierung.
    Der Typ schob die Hände in die Taschen. Wiederholte, was er gerade gesagt hatte. »Er kommt gleich.«
    Dann ging er die Treppe hinunter.
    Goran hatte sie vorgewarnt. Es war ein Spielchen – wer muss auf wen warten. Wer beugt sich vor wem. Wer fickt wem in den Arsch. Und im Moment waren sie diejenigen, die Informationen einholen wollten.
     
    Zwanzig Minuten später kam Gabriel Hanna mit dem Typen im Schlepptau die Treppe hinauf. Er sah nicht so aus, wie Natalie ihn sich vorgestellt hatte. Er war gut gekleidet. Frisch rasiert. Sein Haar mit einem sauberen Seitenscheitel frisiert. Hellblaues Hemd, dunkelblaues Jackett und beigefarbene Chinos mit Bügelfalten. Ehrlich gesagt: Hanna sah aus wie ein verdammter Rechtsanwalt, er erinnerte sie sogar an JW . Das Einzige, was ihn vielleicht von einem Stockholmer unterschied: deutlich sichtbare Säume entlang der Schuhe. Gummisohlen. Vor allem aber: Die Schuhe liefen nach vorne hin extrem spitz zu. Natalie musste daran denken, was Lollo immer sagte: »Man kann sich für Geld vieles kaufen, aber keinen guten Geschmack.«
    Hanna smilte. Streckte die Hand vor.
    »Hej, hej, schön, dass ihr herkommen konntet.«
    Västeråsdialekt. Angenehme Art. Angenehmer Tonfall trotz des Dialekts. Nicht gerade so, wie Natalie sich einen Händler von illegaler Ware wie Waffen vorgestellt hatte.
    Er setzte sich. Nickte dem Typen zu, der daraufhin verschwand.
    Natalie sagte: »Ich freu mich, dass du Zeit für mich hast.«
    Sie legte den Packen Unterlagen von der Voruntersuchung auf den Spieltisch. Goran hatte gesagt, wenn jemand etwas über illegale Waffen in diesem Land wusste, dann Hanna.
    Der Typ kam mit drei Dosen Cola zurück.
    Hanna nahm sie ihm ab und wandte sich Natalie zu. »Wollt ihr?«
    Gorans Dose zischte, als er sie öffnete.
    Gabriel Hanna witzelte herum, machte seine Späßchen und riss einen Kurdenwitz.
    »Wisst ihr, warum alle Kurden ihre Hausaufgaben oben auf dem Dach machen?«
    Natalie wollte lieber zur Sache kommen.
    Hanna beantwortete seine Frage selbst. »Weil sie eine
hohe
Punktzahl dafür bekommen wollen.«
    Er lachte über seinen eigenen Witz.
    Dann begann er Natalies Unterlagen durchzugehen. Im Västerås Gaming Club war es eine Viertelstunde lang still.
    Der Laufbursche spielte mit seinem Handy herum. Goran starrte vor sich hin. Natalie musste an Viktor denken. Er lachte auch immer über seine eigenen Witze. Sie hatten sich über eine Woche nicht mehr gesehen. Beim letzten Mal hatte er fast ausschließlich von seinem Geldmangel und seinen neuen Geschäftsideen gefaselt. Natalie wollte lieber mit ihm vögeln. Um für eine Weile den ganzen Scheiß zu vergessen. Doch dann hatte Viktor von etwas anderem angefangen: Er glaubte, dass es Leute in Thailand gab, die mit dem Mord zu tun haben könnten. Er kannte ein paar kriminelle Typen, die sich kurz darauf dorthin abgesetzt

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