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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Polizeiinspektor. Hin und wieder hatte er sich mit Typen in der Side Track Bar, im Patricia oder im Tip Top getroffen. Er war auch dreimal nach Amsterdam gefahren und hatte im The Bent rumgehangen. Aber er war nie irgendwelche ernsthaften Beziehungen eingegangen. Es funktionierte einfach nicht. Und das eine oder andere Mal hatte er sogar Sex mit Mädels.
    Er lebte ein Doppelleben, ein heimliches Leben, ein Garderobenleben.
    Als er dreißig wurde, mietete er das Restaurant Östergök und lud fünfzig Personen ein, inklusive seiner Eltern und Geschwister. Organisierte eine Geburtstagsparty. Neunzig Prozent der Reden handelten davon, dass er der Schwiegermuttertraum schlechthin sei, der sich nicht binden wollte. Dass er bekommen könne, wen immer er haben wollte, aber dennoch nie zufrieden sei. Dass er seit seiner Zeit auf dem Gymnasium keine vernünftige Beziehung mit einem Mädchen gehabt hätte.
    Er dachte nach. Die Polizeikollegen zogen mit ihren Freundinnen zusammen, bekamen Kinder, verlobten sich, heirateten. Seine alten Freunde machten es andersherum: Sie verlobten sich, heirateten, bekamen Kinder.
    Es dauerte ein gutes Jahr, bis er begriff, dass er sich ebenfalls nach einem Kind sehnte. Aber er konnte mit keinem darüber reden. Hägerström: ein ehemaliger Küstenjäger, karrierehungriger Polizeiinspektor auf dem Weg zur Beförderung zum Kommissar, der sich nach einem Baby sehnte. Das passte irgendwie nicht. Doch die Gedanken ließen ihn nicht los – er überlegte jeden Tag, wie er ein Mädel kennenlernen konnte, mit dem es funktionieren würde.
    Am liebsten aber wollte er eigentlich einfach nur weg.
    Drei Monate später erhielt er ein Angebot, das ihm vorkam wie ein Geschenk des Polizeigottes. Man bot ihm an, sich für einen Auslandsaufenthalt bei der Nordischen Koordinierungseinheit der Polizei in Bangkok freistellen zu lassen.
    Es war eine der schönsten Zeiten in seinem Leben. Der Job beanspruchte ihn nicht allzu intensiv, aber er war interessant. Zu den typischen Aufgabengebieten gehörte die Auslieferung von Skandinaviern, die nach Thailand geflüchtet oder dort in Drogendelikte oder Kinderpornographie verwickelt waren. Er lernte ihre Sprache einigermaßen und eignete sich die Mentalität der Thais an. Er pflegte den Umgang mit den skandinavischen Polizisten in der Abteilung und mit diversen Schweden vom Konsulat. Doch im Großen und Ganzen waren seine sozialen Kontakte eher rar gesät. In seiner Freizeit trainierte er oder erkundete Bangkok. Er verbrachte viel Zeit allein. Entdeckte Gaybars und genoss seine Freiheit.
    Als sein Dienst dort nur noch weniger als zwei Monate andauern sollte, traf er Anna. Sie arbeitete als Sekretärin im Konsulat. Sie begegneten sich auf einer Cocktailparty, die von der Koordinierungseinheit ausgerichtet wurde. Sie war zweiunddreißig Jahre alt, kam aus Tyresö und hatte zuvor als Vorstandssekretärin gearbeitet. Sie teilten denselben Wunsch: Kinder. Hägerström fragte sich, ob sie darüber hinaus noch irgendetwas anderes geteilt hatten.
    Dennoch hatten sie sich häufiger getroffen und waren schließlich gute Freunde geworden. Am Ende seiner Dienstzeit verführte sie ihn, nachdem sie gemeinsam zum Essen ausgegangen waren. Damals gefiel ihm der Gedanke, es zu versuchen; eine Beziehung mit einer Frau einzugehen, mit der er gut befreundet war, und die ebenfalls Kinder wollte. Leider hatten sie mit dem Kinderkriegen größere Schwierigkeiten als erwartet, vielleicht auch deswegen, weil Hägerström so selten bereit war, es zu versuchen. Nach vier Monaten der Qual adoptierten sie einen Jungen, und es erschien ihnen nur natürlich, sich für ein Kind aus Thailand zu entscheiden.
    Pravat war ungefähr ein Jahr alt, als er zu ihnen kam. Sowohl Hägerström als auch Anna erlebten die schönste Zeit ihres Lebens. Sie hatten sich einiges angelesen, Informationstreffen besucht, in Diskussionsrunden gesessen. Er hatte den Eindruck, vorbereitet zu sein, und er wusste, dass er ein guter Vater werden würde. Anna machte ihre Sache ebenfalls gut, eigentlich. Das Problem bestand lediglich darin, dass es ansonsten nicht funktionierte. Ihr gemeinsames Ziel im Leben – ein Kind zu bekommen – hatten sie erreicht, aber zwischen ihnen herrschte weder Liebe noch sexuelle Anziehung.
     
    Zurück im Flugzeug. Zehn Reihen von ihm entfernt hörte eine Gang aufgedrehter Typen Musik aus einem Laptop mit externen Lautsprechern. Neun Reihen entfernt versuchte eine Thailänderin diese Jungs zu

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