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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Möglicherweise waren mehrere Hundert Schweden involviert. Doch leider wusste die Polizei nicht viel mehr als das. Offensichtlich agierte JW ziemlich smart.
    Torsfjäll erläuterte, wie Hägerström auf den Auftrag vorbereitet werden sollte: was er sich anlesen musste, welches Personal außer ihm noch in der Anstalt arbeitete, wie er das Ganze angehen sollte, wie die Kündigung vonstattengehen würde. Letztgenanntes: Hägerströms Entlassung als Bulle musste in einer Art und Weise an die Öffentlichkeit gelangen, die bis zu JW durchdrang.
    Hägerström dachte darüber nach, ob er sich dieser Aufgabe überhaupt annehmen wollte. Es war spannend. Es war definitiv eine Herausforderung. Andererseits war es zweifelsohne sehr riskant. Torsfjäll hatte es bei ihrem letzten Treffen betont – es war gut, dass in den Registern nicht ersichtlich war, dass Hägerström ein Kind hatte. Dennoch: Für eine Weile die Polizeibehörde hinter sich zu lassen, reizte ihn enorm. Außerdem war er sicher, dass er sich als Doppelspieler eignete.
    Torsfjäll beendete seine Ausführungen. »Nur, dass Sie es wissen: Sie sind nicht länger Polizist, Sie sind Kriminalbeamter im Strafvollzug mit einem Auftrag. Sie müssen ohne jegliche Immunität auf eigene Faust agieren. Haben Sie damit ein Problem?«
    Hägerström überlegte kurz. Er würde schließlich weiter Polizist sein, wenn auch geheim, und Torsfjäll hatte ihm versprochen, dass er keine finanziellen Einbußen erleiden würde. Er ging im Geiste die Herausforderungen durch, die in Frage kämen. Wahrscheinlich handelte es sich darum, das eine oder andere Handy ein- und Informationen herauszuschleusen. Vielleicht auch einige Hektogramm Haschisch oder ein paar Gramm Amphetamine hineinzuschmuggeln. Hoffentlich ging es nicht darum, Waffen einzuschleusen.
    »Ich nehme an, dass es sich vor allem um die Standardprozedur handelt?«
    Torsfjäll lächelte. Seine Zähne waren unnatürlich weiß. »Standardprozedur? Nein, ich fürchte, so etwas wird es in diesem Fall nicht geben. Aber ich möchte, dass Sie schon morgen anfangen. Sie müssen alles über diesen JW herausfinden.«
     
    Erneut die große Frage: Wollte er das hier wirklich? Hägerström dachte nach. Er wollte sein ganzes Leben lang Polizist werden. Hatte sich auf dem Gymnasium extra für den sozialberuflichen Zweig entschieden, da er die besten Voraussetzungen dafür bot, später Bulle zu werden. Seine Mutter Lottie und sein Vater hatten sich allein schon darüber aufgeregt, auch wenn seine Mutter es nie offen zeigte. Seine Musterung und den Militärdienst hingegen erachteten sie uneingeschränkt als positiv. Besonders seine Mutter, die der Meinung war, dass »du dann doch wie Gucke Reserveoffizier werden kannst, das wäre doch etwas, und außerdem ist es schick, eine Uniform zu tragen, während alle anderen im Frack herumlaufen«. Gucke hieß eigentlich Gustaf und war Hägerströms Cousin mütterlicherseits – in diesem Zweig der Verwandtschaft hatten sie über Generationen hinweg die Offiziersschule besucht. Aber Hägerström begann stattdessen mit der Polizeihochschule. Die Bestürzung seiner Mutter war so groß, dass sie die Sache mit dem Reserveoffizier niemals wieder erwähnte.
    »Martin, verschwendest du jetzt nicht dein Talent?«, fragte sein Vater.
    »Martin, gibt es denn keine interessanteren Jobs für dich?«, fragte Carl.
    »Martin, ist das nicht gefährlich?«, fragte Tin-Tin, seine Schwester.
    Gefährlich.
    Er hatte während der ersten Jahre im Außendienst gearbeitet. Körperliche Arbeit – nicht selten musste man hart durchgreifen und den einen oder anderen Schlag einstecken. Man hatte es mit Säufern zu tun, die einem ins Gesicht spuckten, mit aufgebrachten Mitbürgern, die der Meinung waren, dass die Polizei ihren Job nicht erledigte, und Jugendlichen, die unbedingt Tarzan spielen mussten und MMA [2] -Griffe anwendeten, obwohl es letztlich doch immer damit endete, dass sie den Asphalt küssten. Aber gefährlich? Er hatte sich eigentlich nie schutzlos gefühlt. Hatte immer Unterstützung von den Kollegen erfahren.
    Aber die Operation Ariel Ultra war gefährlich.
    Und er konnte sich jetzt schon denken, wie der Kommentar seiner Mutter ausfiel, wenn sie mitbekäme, dass sie ihn bei der Polizei rausgeschmissen hatten.
    Vielleicht sollte er doch lieber ablehnen. Und das weitermachen, worin er gut war: Verbrechen aufklären, Verdächtige ergreifen, Ermittlungen aufbauen. Jetzt bestand die letzte Möglichkeit, das Ganze

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