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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Spieltisch. Ein Croupier teilte die Karten aus. Natalie bekam keine.
    Um den Tisch herum saßen sie, Goran und Thomas plus zwei weitere Männer.
    Der eine: ein ehemaliger Geschäftskollege ihres Vaters aus Belgrad, Ivan Hasdic. Der andere: sein Leibwächter.
    Vor dem Raum saßen sowohl Adam als auch Sascha, und unten am Eingang stand ein weiterer Typ. Die Sicherheitsvorkehrungen waren heute verdoppelt worden.
    Ivan Hasdic legte seine Karten auf den Tisch. Bog die oberen Ecken nach oben – schaute sie sich an, ohne die Augen zu bewegen.
    Natalie beobachtete ihn. Hasdic: Der Zigarettenkönig, die Schmugglerlegende, der wandernde Serbe. Goran hatte ihr erzählt: Radovan hatte bereits Mitte der Neunzigerjahre gemeinsame Geschäfte mit ihm gemacht. Sie kannten sich seit dem Krieg dort unten. Ihr Vater hatte seine ersten dreißigtausend Zigaretten in einem Lastwagen importiert, der Aluminiumstäbe geladen hatte. Verdiente im Schnitt eine Krone pro Zigarette, nachdem die Fahrer und die Zollbeamten ihren Anteil erhalten hatten. Es war gutes Geld. Ihre Beziehung vertiefte sich. Ihr Vater forderte regelmäßig Lastwagen mit Zigaretten an. Ein paar Jahre später bekam Hasdic Probleme mit den Behörden dort unten. Ihr Vater kümmerte sich darum, dass er eine Aufenthaltsgenehmigung in Schweden erhielt, mittels der er sich einer Anklage wegen Anstiftung zum Mord so lange entziehen konnte, bis die Polizei die Anklage gegen ihn fallen ließ. Hasdic zog weiter, wohnte in Österreich, England, Russland und Rumänien. Er verschiffte Schnee zu ihrem Vater – ihr Vater verschiffte gestohlene Flachbildschirme zu Hasdic. Hasdic tat sich mit einem der Zuhälterkönige in Rumänien zusammen – ihr Vater half Hasdic, Trabrennpferde zu kaufen, die im Laufe der Jahre mehr als zwei Millionen Euro an Preisgeld einbrachten. Hasdic schickte ihrem Vater verlässliche Männer, als er Verstärkung brauchte – ihr Vater sorgte dafür, dass die Gemeinde Nacka Hasdic für den Bau eines neuen Heizkraftwerks anstellte.
    Damals: Ivan Hasdic hatte Radovan Kranjic wie seinen eigenen Bruder geliebt.
    Heute war Ivan Hasdic einer der wichtigsten Männer der Unterwelt Serbiens.
    Jetzt versprach Ivan Hasdic Natalie, ihr so gut es ging zu helfen.
    Natalies Serbisch war miserabel. »
Kum
Ivan«, sagte sie, »vielen Dank, dass du herkommen konntest. Ich heiße dich willkommen in Schweden. Das letzte Mal haben wir uns unter weniger angenehmen Umständen gesehen. Wir hatten leider keine Zeit, uns zu unterhalten.«
    Ivan war auf der Beerdigung ihres Vaters gewesen, musste jedoch noch am selben Nachmittag wieder zurückfliegen.
    Natalie stand auf. Ging auf ihn zu und überreichte ihm eine Flasche Johnnie Walker Blue Label.
    Ivan küsste sie auf die Wangen: rechts, links, rechts.
    Er dankte ihr für die Flasche. Schmeichelte ihr mit dem herkömmlichen Du-hast-so-schöne-Augen-Kompliment. Er sagte, wie sehr sie ihn an ihren Vater erinnerte. Fragte sie nach ihrer Mutter. Natalie wich den Fragen über ihre Mutter so gut es ging aus – ihr Verhältnis war eiskalt.
    Sie setzten sich wieder.
    Natalie kam direkt zur Sache. Sie erklärte ihm, was sie über den Mord an ihrem Vater wusste. Was sie über Semjon Averin alias John Johansson, alias Volk, den Wolf, herausgefunden hatte.
    Es dauerte über eine Stunde.
    Ivan schaute die ganze Zeit über auf seine Karten. Spielte mit Goran und Thomas weiter. Schnickte mit den Jetons. Fingerte an dem Stoffbeutelchen herum, das immer aufs Neue aufgefüllt wurde. Doch Natalie sah, dass er ihr zuhörte. Manchmal nickte er leicht. Manchmal kratzte er sich am Kinn, um sich etwas zu merken.
    Also: Welche entscheidenden Dinge wusste sie eigentlich heute, die sie nicht schon vor einem Monat gewusst hatte? Okay, sie wusste, dass der Täter ein gedungener Mörder mit einem bestimmten Namen war. Dennoch: Sie war der zentralen Frage keinen Schritt nähergekommen – wer hatte Averin den Auftrag gegeben? Wer hatte ihn angeheuert? Wer stand eigentlich hinter dem Mord an ihrem Vater?
    Vielleicht waren es die Russen. Vielleicht war es aber auch eine schwedische Gang.
    Zugleich schrie ihr gesamter Körper: Stefanovic. Die Verbindung zum Black & White Inn, die geplante Übernahme des Imperiums ihres Vaters, der Übergriff auf ihre Finanzen, der genau zum selben Zeitpunkt stattfand wie der Mord. Hinzu kamen: Stefanovics Verhalten während der polizeilichen Vernehmungen und die Tatsache, dass niemand außer Stefanovic und möglicherweise ihre

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