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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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wieder aufs Neue. Eines schönen Tages würde J-Boy den Jugoking ein für alle Mal fertigmachen. Also: Das Attentat auf Radovan war grandios. Nicht nur für Jorge. Sondern für die gesamte Unterwelt. Alles redete davon, spekulierte. Jeder hatte eine Meinung. Ein Machtwechsel stand unmittelbar bevor; bald würde ein neuer Herrscher das Regiment übernehmen. Eine Chance für mehrere Anwärter, das Territorium einzunehmen.
    Und dennoch: Im Moment konnte er sich nicht darauf konzentrieren. Denn jetzt war der smarteste GTÜ in der Geschichte angesagt. Jorge hatte bereits die Schlagzeilen der Zeitungen vor Augen, die er hinterher lesen wollte:
Kein Bargeld mehr in den Geldautomaten Stockholms – Bankräuber erbeuteten Rekordsumme. Der Coup, der alles in den Schatten stellt. Der größte Überfall aller Zeiten auf einen Geldtransporter
.
     
    Die letzten Rekrutierungen: zwei Schweden.
    So lautete die Order des Finnen von Anfang an. »Ihr braucht auch ein paar Schweden. Um Werkzeug, Fahrzeuge und solche Sachen zu organisieren. Leute, die bessere Kontakte zur Baubranche haben als ihr.«
    Jorge widersprach ihm nicht. Tom Lehtimäki machte Vorschläge. Erwog das Für und Wider. Wem von ihnen man vertrauen könne. Wer hundertprozentig zuverlässig sei.
    Jorge vereinbarte persönliche Treffen mit den beiden, die er ausgewählt hatte.
    Der eine hieß Jimmy. Fliesenleger, der null Komma nix an Steuern zahlte, seine Kohle mit Schwarzarbeit reinholte und außerdem Baumaschinen übers Internet hehlte. Der Typ: extrem positiv, total scharf auf den Job, absolut bei der Sache.
    Der andere Typ: abgeklärter. Redete, als hätte er bereits den absoluten Überblick. Dennoch ’n gutes Gefühl – der Typ schien nicht blöd zu sein. Hatte ’ne eigene Firma. Vertrieb Autos und Boote. Fuhr selber ’nen BMW X6. Er hieß Viktor.
    Tom erwähnte, dass der Viktor-Typ dringend Cash benötigte. Seine Firma lief offenbar mies, auch wenn er selber das Gegenteil behauptete. Und privat war er bis unter seine gezupften Augenbrauen hinauf verschuldet. Jorge sah gewisse Möglichkeiten: ein Typ, der höchstwahrscheinlich bereit war, die Drecksarbeit zu machen. Jorge dankte Tompa für die Tipps – diese Jungs würden eine Bereicherung fürs Team werden.
     
    Jorge und Mahmud hatten den Finnen ein weiteres Mal getroffen.
    Diesmal: im Hinblick auf ein völlig anderes Thema. Der Typ: geradezu ekelhaft smart – wenn sie Spitzel gewesen wären, hätten sie die Bullen nicht darauf vorbereiten können, wo sie sich treffen würden.
    Jorge und Mahmud erfanden die verschiedensten Namen für ihn. Der Rezeptmann, der Planer, das Superhirn.
    Sie fuhren über Södra Länken in den Tunnel und dann direkt hinaus in Richtung Nacka.
    Mit ihrem Wagen, dem Pickup. Mahmud hatte allerdings ’n grünes Teil mit muslimischer Aufschrift an den Rückspiegel gehängt. Er zeigte darauf: »Das bringt Glück.«
    Jorge grinste: »Ihr glaubt wirklich an so viel merkwürdigen Scheiß.«
    »Was ist denn daran merkwürdig?«
    Jorge schnickte den kleinen Kunststoffgegenstand mit dem Finger an. Er schaukelte vor und zurück. »Und inwiefern bringt er Glück? Kannst du den Text denn überhaupt lesen?«
    »Ach hör doch auf. Du hast ja keine Ahnung. Das ist das Glaubensbekenntnis. Das Wichtigste, was wir in unserer Religion besitzen. Ganz ehrlich, das ist das Wichtigste für alle auf der ganzen Welt.
Walla

    »Na klar, ganz bestimmt …« Jorge wurde ironisch. Mahmud redete Scheiße: Der Typ war nicht gläubiger als ’n gewöhnlicher Schwede.
    Mahmud richtete den Blick auf die Straße.
    »Nun sag schon. Kannst du es lesen?«
    Immer noch Schweigen.
    Schließlich entgegnete Mahmud: »Das geht dich gar nichts an.«
     
    Der Parkplatz oberhalb des Badestrandes war absolut leer. Ein Stück entfernt: ein geschlossener Kiosk. Ein verlassenes Klettergerüst. Hinter dem Kiosk parkte ein Ford Focus. Gehörte er dem Finnen? Was für ein langweiliger Wagen.
    Mahmud parkte direkt neben dem Ford, obwohl es rundherum jede Menge freier Plätze gab.
    Er stellte den Motor ab. Sie sagten nichts. Für eine Mikrosekunde: ein Gefühl von leichtem, ganz leichtem Stress. Unterschwelligen Bauchschmerzen. Eine unangenehme Regung in der Magengegend.
    Jorge öffnete die Beifahrertür. Zwinkerte Mahmud zu. »Jetzt gehen wir baden, mein Freund.«
    Sie gingen hinunter zum See. Der Frühling war eiskalt. Jorge zu dünn angezogen. Trainingshosen und Kapuzenpulli. Darüber eine dünne rote Jacke mit Formel-1-Logos

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