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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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ehrlich – Jorge hatte noch nie zuvor in einer Jolle gesessen. Boote, Sommerhäuser auf dem Land, Meer, Kühe – für Vollblutschweden bestimmt ebenso natürlich wie zu scheißen. Für Jorge hingegen genauso unnatürlich, wie Unsummen von Steuern zu bezahlen.
    Das Boot schaukelte. Das Wasser war dunkel. Reichte ziemlich weit hoch. Wenn er den Arm hinunterstrecken würde, könnte er die Wasseroberfläche erreichen. Er versuchte runterzuschauen. Sah nichts weiter als glitzernden Schaum. Der Motor brummte. Die Schraube durchschnitt das Wasser wie eine Machete. Sie passierten zwei andere Motorboote. Mit einer kleinen roten Lampe an der linken und einer kleinen grünen Lampe an der rechten Seite. Ansonsten waren keine weiteren Boote im Wasser.
    Drüben an der Helikopterbasis hingegen müsste jetzt jede Menge los sein. Auch wenn sie nichts als
jack shit
finden würden, außer zwei abgeknallte Hunde und zwei völlig ruinierte Chopper. Sergio hatte den registrierten Wagen in die Stadt zurückgebracht. Jorge und Mahmud hatten den gefakten Wagen ans äußerste Ende des Fähranlegers gefahren und von dort ins Wasser geschoben.
     
    Zurück aus der Welt der Gedanken. In der Bude. Mahmud und Sergio saßen auf Jorges Sofa. Sergio war locker drauf. Riss Witze, blödelte herum. Quatschte von der Helikopterschlacht.
    »Habt ihr eigentlich den
Express
gelesen? Sie schreiben, dass sie die Helikopter jetzt nicht mehr zur Bekämpfung von Mücken einsetzen können.«
    »Ist das wahr? Shit, wie entsetzlich. Haben sie denn keine Rettungshubschrauber?«
    »Doch, aber die dürfen sie nicht gegen die Mücken einsetzen. Kapiert ihr eigentlich, was wir dem schwedischen Volk angetan haben? Jetzt werden sie lauter Mückenstiche kriegen. Hilfe.«
    Jorge grinste. Ging im Geiste seine Liste durch. Die Overalls, die Handys für den Überfall, die SIM -Karten, die Autos, die Absperrungen, die Synchronisation der Uhren. Dachte an Mahmuds und seinen eigenen kleinen Deal – den Bonus, der nur ihnen gehörte.
    Mahmud und er inspizierten die Waffen. Eine Softair-Gun und die beiden Kalaschnikow – sie funktionierten, das wussten sie inzwischen. Die restlichen Utensilien waren bereits bei Tom und den anderen Jungs.
    Sie kontrollierten ihre Handys. Bei der Sprengung der Helikopter hatten sie einen Extrasatz Headsets verwendet. Vor dem Coup würden sie neue Handys aktivieren, sobald sie ihre jeweiligen Positionen eingenommen hätten. Der Grund: Die Bullen sollten ihre Handys nicht über Masten in der Nähe ihrer Wohnungen orten können.
    Es wurde acht Uhr. Jorge erhielt eine SMS von Tom: »Eins, null.« Das war der Code: Tom war wach und bereit. Soft.
    Sergio und Mahmud studierten ein letztes Mal die Landkarten, bevor sie unten im Papiermüll verbrannt werden sollten.
    Vor seinem inneren Auge zogen die Posten auf seiner To-do-Liste vorbei. Der GPS -Jammer, die Alufolie, die Walkie-Talkies, die Flex, die Nagelteppiche. Der Radlader. Jimmy hatte einen aufgetrieben – er würde das Tor von Tomteboda leichter durchbrechen als die Teile des Legobausatzes, die Jorgito von J-Boy geschenkt bekommen hatte.
    Dennoch: Würden die Jungs es wirklich packen?
     
    Um halb neun ertönten vier Pieptöne von eingehenden SMS in Jorges Headset: »Vier, null«, »Drei, null«, »Fünf, null«, »Zwei, null«. Die Jungs waren auf den Beinen und unterwegs. Er antwortete mit seinem Code: »Gutes Resultat.« Jetzt wussten sie: er, Mahmud und Sergio hatten ihre jeweilige Position eingenommen.
    Sie gingen runter auf die Straße. Die Leute waren auf dem Weg zur Arbeit oder brachten ihre Kinder in den Kindergarten. Gestresste Mienen, eilige Schritte, starre Blicke. Kinder schrien. Chefs nörgelten herum. Busfahrer schlossen ihre Türen unmittelbar vor den Augen von Rentnern, die nicht schnell genug einstiegen. Ein Leben, das Jorge nie vorhatte zu leben.
    Der Kastenwagen stand vier Häuserblocks entfernt, damit niemand ihn in der Nähe von Jorges Haustür sehen würde. Er linste in seine Richtung. Ein Mercedes. In der vergangenen Woche geklaut, das eine Nummernschild ausgetauscht und das andere unkenntlich gemacht. Wenn man sie anhalten und fragen würde, warum sie mit einem gestohlenen Nummernschild fuhren, konnten sie sagen, dass sie den Wagen als gestohlen gemeldet hatten. Mit dem Finger auf das entfernte Schild deuten: »Sehen Sie doch hier, uns fehlt eins.« Es war Mahmuds Idee gewesen. Eigentlich ziemlich smart.
    Sergio öffnete die hinteren Türen. Sie quietschten. Jorge

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