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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Drogenvergehens. Amphetamine, die in doppelt geschweißten Unterböden von Minibussen aus Estland eingeschmuggelt worden waren. Sieben Verdächtige hatten bereits fünf Monate lang in Untersuchungshaft gesessen. Waren insgesamt vierhundert Stunden lang vernommen worden. Das machte Tausende von Seiten, die durchzugehen waren. Einige von ihnen fungierten als Kuriere, andere waren Dealer und einer das Hirn hinter dem Schwarzhandel. Es galt lediglich herauszufinden, wer wer war.
    Das Telefon klingelte. Eine polizeiinterne Nummer, die Hägerström nicht kannte.
    »Guten Tag, hier ist Kommissar Lennart Torsfjäll.«
    Hägerström reagierte unmittelbar auf den Namen. Kriminalkommissar Torsfjäll war ein hohes Tier. Ein Superbulle. Eine Legende unter den Polizisten – von diversen Megaoperationen bekannt. Aber den Gerüchten nach zu urteilen, waren Torsfjälls Arbeitsmethoden nicht immer ganz koscher. Offenkundig war er aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Polizeipräsidenten bezüglich gewisser Zugriffe versetzt worden. Der Kommissar hatte nicht nur angeordnet, wo und wie seine Einheiten zugreifen sollten – er hatte ebenfalls befohlen, wie viel Gewalt sie anwenden sollten. Und in den allermeisten Fällen lautete die Order unmissverständlich: Ergreift die Verdächtigen so brutal wie möglich.
    Inzwischen war er anderweitig tätig. Hägerström wusste nicht genau, in welchem Ressort.
     
    Eine Stunde später stand er vor der Tür zu Torsfjälls Büro. Der Kommissar hatte ihn gebeten, sofort zu ihm zu kommen.
    Torsfjäll saß nicht in der Polhemsgata, wo alle anderen hohen Tiere saßen. Er saß auch nicht in einem der anderen Polizeigebäude des Verwaltungsbezirks. Sein Büro befand sich in einem weitaus weniger repräsentativen Gebäude – Torsfjäll logierte in den Räumen des Dezernats für Zustellungen in der Norrtullsgata. Zustellung: Gleich nach der Beschlagnahmeabteilung war dies wahrscheinlich die langweiligste Abteilung, in der ein Polizist tätig sein konnte. Absolut unsexy. Aber Hägerström hegte den Verdacht, dass er sich eigentlich mit weitaus anspruchsvolleren Dingen beschäftigte.
    Er hatte keine Ahnung, was Torsfjäll von ihm wollte. Aber seine Bitte, zu ihm zu kommen, war keine Anfrage gewesen. Es war eine glasklare Order.
    Er klopfte und trat ein.
    Kommissar Torsfjälls Raum erinnerte an ein Museum, oder vielleicht eher an eine kitschige Kunstgalerie. Er hatte jedes einzelne Diplom, jedes Kurszertifikat und jedes Zeugnis, das er erhalten hatte, eingerahmt und aufgehängt. Es handelte sich um Examensurkunden von der Polizeihochschule anno 1980, Urkunden von Schießwettbewerben, ein 1988 datiertes Wappen vom Einsatzkommando Norrmalm sowie ein Diplom über zwanzig Punkte in Kriminologie an der Universität Stockholm. Des Weiteren hingen dort Bescheinigungen über Kurse zur DNA -Bestimmung und Abhörtechnologie, über Lehrgänge für Führungskräfte, die Polizeikurse der Staatsanwaltschaft Teil eins bis fünf, Teilnahmebescheinigungen über Kurse in Zusammenarbeit mit Interpol, dem State Police Department in Texas und den verschiedensten Polizeieinheiten in der EU .
    Hägerström fiel lediglich ein Begriff zur Beschreibung des Raums ein: intim. Er fragte sich, wo Torsfjäll in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren die Zeit zum Arbeiten hergenommen hatte. Der Kommissar hatte so viele Fotos von Kindern und Enkeln aufgehängt, dass man den Eindruck gewinnen könnte, er sei Mormone.
    Torsfjäll unterbrach seine Beobachtungen. »Willkommen. Setzen Sie sich doch. Sind sie nicht süß?«
    »Auf jeden Fall. Wie viele sind es denn?« Hägerström fragte nach, obwohl er die Antwort bereits selbst errechnet hatte.
    »Sieben. Und ich war bei allen Babysitter.«
    »Nicht schlecht.«
    Hägerström setzte sich. Die Stuhllehne knarrte, als er sich zurücklehnte.
    Torsfjälls Schreibtisch war außer einer Akte, die vor ihm lag, leer. Sonnenstrahlen drangen durchs Fenster. Hägerström fiel auf, dass kein einziges Staubkorn im hellen Licht flimmerte.
    Torsfjäll öffnete die Akte vor sich auf dem Tisch. »Ich weiß nicht, wie vertraut Sie mit der aktuellen Entwicklung innerhalb der organisierten Kriminalität im Großraum Stockholm sind, deshalb dachte ich, Ihnen ein paar Hintergrundinformationen zu geben.«
    Hägerström sah ihm in die Augen. Er begriff nicht ganz, worauf das Ganze hinauslaufen sollte. Aber er fragte nicht nach. Torsfjäll sollte ihm erst sagen, was er von ihm wollte.
    Der Kommissar begann die realen

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