Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
Vom Netzwerk:
Gespräch nahm immer eigenartigere Züge an. Bisher entsprach alles, was gesagt wurde, der Wahrheit, und es handelte sich auch gar nicht um irgendwelche Geheimnisse. Aber selbst wenn Hägerström sich geschmeichelt fühlte, wollte er doch gerne wissen, worauf das Ganze hinauslaufen sollte.
    Torsfjäll fuhr fort: »Sie sind nach den zwei Jahren mit Top-Noten entlassen worden. In Ihrem Abschlusszeugnis ist mir beispielweise folgende Beurteilung aufgefallen.«
    Der Kommissar blätterte in der Akte: »›Martin Hägerström gehört der kleinen Gruppe trainierter Jäger an, denen unabhängig vom Schwierigkeitsgrad und den äußeren Verhältnissen alle möglichen Aufgaben anvertraut werden können.‹«
    Er grinste. »Ein solches Zeugnis würde ich mir an Ihrer Stelle an die Wand hängen.«
    Hägerström verzichtete auf einen Kommentar.
    Torsfjäll sprach weiter: »Doch dann schlugen Sie eine Laufbahn ein, die in Ihrem Familienkreis nicht gerade comme il faut war. Sie haben sich an der Polizeihochschule beworben. Oder besser gesagt, Sie wurden von einem Headhunter der Polizeibehörde angeworben. Für uns war das gut. Und jetzt sagen alle, Sie könnten jeden Tag zum Kommissar ernannt werden. Nicht schlecht.«
    Offenbar wollte Torsfjäll ihn rekrutieren, da er ihn so nachdrücklich mit Schmeicheleien überhäufte. Der Kommissar schien ja bereits alles über ihn zu wissen, selbst wie die Einstellung seiner Familie zum Polizeiberuf war.
    »Und in diesem Zusammenhang ist da noch eine Sache, die ich erwähnen möchte. Sie haben sich – leider, wie ich sagen muss – scheiden lassen. Und das Sorgerecht für Ihren Sohn verloren. Das tut mir aufrichtig leid. Gewisse Frauen sind eben Fotzen.«
    Hägerström fehlten die Worte. Das gesamte Gespräch kam ihm merkwürdig vor: ein Resümee über sein Leben, das eher einer Huldigung gleichkam. Und dann das mit Anna. Sicher, sie hatte ihm seinen Sohn weggenommen, und das war unverzeihlich. Aber deshalb würde sie doch niemand Fotze nennen.
    Torsfjäll blickte Hägerström an. »Ich habe vielleicht ein unangemessenes Wort benutzt. Ich bitte um Entschuldigung. Aber jetzt komme ich endlich zum eigentlichen Punkt: des Pudels Kern, wie man sagt. Sie sind also wie geschaffen für einen Job, den ich im Auge habe. Einen besonders umfangreichen Einsatz, mit Genehmigung des Reichspolizeiamts.«
    »Ich hab geahnt, dass Sie irgendetwas in der Richtung sagen würden.«
    Torsfjäll saß nun völlig still da. Nur mit einem schwachen Lächeln um die Lippen. Sein Blick wirkte leblos. Lediglich seine Stimme klang menschlich.
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie UC -Operateur werden wollen.«
    Stille.
    »Sie ahnen wahrscheinlich schon, wen Sie näher in Augenschein nehmen sollen?«
    Hägerström wartete. Selbstverständlich hatte er an einem Kurs für Undercover-Operateure teilgenommen, aber eben nur an einem. Er hatte keine Ahnung, wen er nach Torsfjälls Vorstellungen in Augenschein nehmen sollte. Er ging Torsfjälls weitschweifende Ausführungen noch einmal durch. Die Wege des Kokains und der Amphetamine nach Schweden. Das Netzwerk der Jugos, Radovan Kranjic – der Gottvater aller Gottväter. Hägerström sprach weder Serbisch noch war er mit der serbischen Kultur vertraut. Andere Namen tauchten in seinem Kopf auf. Operation Schneefall: einer der umfangreichsten Zugriffe in der schwedischen Polizeigeschichte. Mrado Slovovic, Nenad Korhan. Abdulkarim Haij. Der verrückte Vogel: Johan, JW , Westlund.
    Die Puzzleteile fügten sich langsam zusammen.
    Er sagte: »Sie wollen, dass ich mich JW nähere.«
    »Exakt. Ich möchte, dass Sie Informationen über Johan Westlund und seine Kreise einholen.«
    »Ich verstehe, Sie gehen davon aus, dass ich der geeignete Mann bin, weil JW einen Stockholmer spielt, obwohl er eigentlich aus Norrland kommt. Sie sind der Meinung, dass ich dafür in Frage komme, weil mein Hintergrund zu JW s Streben, sich bei den Partylöwen um Stureplan zu etablieren, passt. Sie glauben, dass er zu mir aufblicken wird, und ich ihm auf diesem Weg auf die Schliche kommen könnte. Eine Frage nur, warum benötigen Sie eigentlich einen Infiltranten?«
    Torsfjäll antwortete. »Es handelt sich nicht um einen gewöhnlichen Infiltrantenauftrag. Wir wollen, dass Sie als Beamter im Strafvollzug in JW s Abteilung anfangen. Die Reichskriminalpolizei hegt den Verdacht, dass er im Moment einen der Aufseher dort, Christer Stare, als Muli oder Esel benutzt.«
    »Wie ich höre, haben Sie also versucht, etwas

Weitere Kostenlose Bücher