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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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hinein.
    Versuchte ihn im Schloss zu drehen.
    Es funktionierte nicht.
    Sie zog ihn wieder heraus. Steckte ihn erneut hinein. Versuchte erneut, ihn zu drehen.
    Nein, er ließ sich nicht im Schloss bewegen.
    Sie nahm den anderen Schlüssel zur Hand. Führte ihn zum Schloss.
    Hinein.
    Versuchte ihn zu drehen.
    Nein.
    Es funktionierte auch nicht.
    Sie versuchte es erneut.
    Verdammt, verdammt, verdammt.
    Es war nicht der richtige Schlüssel.
    Ein Geräusch: ihr Handy – ihr Handy klingelte.
    Sie kannte die Nummer, es waren die Polizeiärsche. Sie klickte das Gespräch weg. Natalie würde schon noch zur Vernehmung kommen, sie bräuchten sich keine Sorgen zu machen.
    Sie steckte das Handy und die Schlüssel in ihre Handtasche.
    Sie fühlte sich einsam.
    Sie blieb vor der Wohnungstür stehen. Drehte sich um. Begann die Treppe wieder hinunterzugehen.
    Wartete auf den Aufzug. Sie hörte, wie die Zugseile knirschten. Er war auf dem Weg nach oben.
    Die Türen des Aufzugs öffneten sich: Ein Mädel in ihrem eigenen Alter kam aus dem Aufzug. Sie berührten einander flüchtig: die Louis-Vuitton-Handtasche des Mädels – Natalies Bottega-Veneta-bag.
    Das Mädel starrte geradewegs vor sich hin. Würdigte Natalie keines Blickes. Natalie betrat den Aufzug. Wartete, bis sich die Türen schlossen. Drückte auf keinen der Knöpfe.
    Sie schaute durch das Glas der Aufzugtür hinaus. Das Mädel, das gerade gekommen war, ging die Treppe hinauf. Zur Dachwohnung. Natalie hörte, wie sie die Tür dort oben aufschloss. Sie hatte offenbar die passenden Schlüssel.
    Natalie fuhr mit dem Aufzug nach unten. Als sich die Türen öffneten, blieb sie noch einige Sekunden im Aufzug stehen. Horchte.
    In ihrem Schädel brummte es. Sie fasste einen glasklaren entschlossenen Gedanken: Ich muss erfahren, wer sie ist. Ich muss diesem Mädel nach oben folgen.

25
    Kein Radlader.
    Kein verdammter Hurenradlader.
    Jorge schrie, während ihm der Speichel nur so aus dem Mund spritzte. Er sprengte die Grenzen seines Schimpfwortvorrats.
    Sergio starrte vor sich hin. Jorge schrie immer noch.
    »Mierda! ¡Joder! ¡Hostias ya! ¡Me cago en mi puta mala suerte! ¡Le manda cojones! ¡Me cago en su puta madre!«
    Er verstummte. Ihm fielen keine Flüche mehr ein. Er stand einfach nur da. Den Blick auf den halb leeren Parkplatz gerichtet.
    Nada
, kein Radlader.
    Er meldete sich noch einmal bei Tom. »Wo zum Teufel ist der Radlader?«
    Tom meldete sich nach einer halben Minute zurück. »Jimmy und Robert haben ihn gestern dort abgestellt. Sie haben keine Ahnung.«
    Jorge legte auf. Schaute zu Boden.
    Kotze auf dem Asphalt, am Kotflügel eines parkenden Wagens, auf seinen Hosen, seinen Schuhen.
    In seinem Kopf hämmerte es. Seine Hände schlotterten. Sein Puls: wie ein schlechter Techno-Hit.
    Sein Magen rumorte. Obwohl alles bereits ausgekotzt vor ihm lag und stank.
    Was zum Teufel sollten sie machen?
    Was zum Teufel sollte
er
machen?
    Den Ausgangspunkt für den gesamten Coup bildete der Radlader. Er war ein Muss.
    Sie hatten nachgedacht, gegrübelt. Waren schließlich auf eine Idee gekommen. Das Radladermonster würde das elektrische Tor knacken, damit sie in das Heiligste des Heiligsten von Tomteboda gelangten. Das Tor vor den Rampen aufbrechen, wo die Geldkoffer verladen wurden. Wo die Sicherheitsbeamten unvorsichtiger waren.
    Ihnen den Weg für den GTÜ des Jahrzehnts bahnen.
    Und jetzt stand er nicht da.
    In exakt vier Minuten würden sie zuschlagen – so war es jedenfalls geplant. Während die Polizisten in ihrer Garage eingesperrt saßen und die Zufahrten nach Stockholm hinein sowie die Ausfahrten mit Fußangeln und brennenden Autos gepflastert waren.
    Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum.
    Sein Hirn schrie: Brich den Coup ab – sei intelligent. Geh kein Risiko ein.
    Sein Herz brüllte: Knack das Tor stattdessen mit dem Kastenwagen. Entweder jetzt oder nie.
    Get rich or die trying.
    Er weigerte sich, den Coup abzubrechen – er war seine Rentenversicherung. Sein Traum. Aber sie konnten nicht mit dem Mercedes-Kastenwagen durchs Tor fahren. Er würde den Crash nicht überstehen. Die Torpfosten waren viel zu stabil. Plus: Er war lebenswichtig für sie – wenn er nicht mehr fahrtüchtig wäre, wären sie geliefert.
    Die anderen Wagen auf dem Parkplatz konnten sie auch nicht klauen – die elektronischen Wegfahrsperren bewirkten, dass kein Mensch außer Julian-Assange-Hacker neuere Autos knacken konnte. Und das Tor würden sie damit auch nicht sprengen

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