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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Wunsch des Jungen, Teil einer Welt zu sein, der er nicht angehörte. Aber es war die Welt, in der Hägerström aufgewachsen war.
    In der Zeit, bevor Hägerström JW Dienste erwies, hatte er vielleicht nicht genau zugehört. Aber jetzt sog JW alles in sich auf. Hägerström erzählte ihm von der Einladung zur Hochzeit seines Bruders. Alle Gäste hatten per Boten eine große Kiste erhalten. Mit einer Flasche Lanson’s Rosé, Sonnencreme und Hautpflegeprodukten von Lancôme sowie einer extra eingespielten DVD . Robert Gustafsson gab den Guide im Bérard’schen Elternhaus – lockerte die Stimmung auf, machte Witze und veräppelte alle und jeden. Auf einer kleinen Karte stand die Hochzeitseinladung: unbekannter Ort. Drei Tage. Lasst die Kinder zu Hause. Die Kreditkarte ebenfalls. Steckt den Pass ein.
    Doch demnächst hatte Hägerström vor, auf noch heißere Themen zu sprechen zu kommen. Und JW schien zu begreifen.
    Die beiden allein im Wagen. Eigentlich widersprach das dem Reglement, doch Torsfjäll hatte im Hintergrund die Fäden gezogen. Eine zweistündige Fahrt. Hägerström vertraute ihm an, dass er derjenige war, der dafür gesorgt hatte, dass sie alleine fahren würden. JW begann sich zu entspannen. Es gab keinen Grund mehr, nicht zur Sache zu kommen.
    Doch JW kam ihm zuvor. Er fragte: »Wissen Sie eigentlich, wo ich herkomme?«
    Hägerström wusste es.
    »Keine Ahnung, aber wenn ich ehrlich bin, passt du nicht gerade in die Anstalt.«
    »Ich komme aus Västerbotten. Hört man das nicht?«
    »Absolut nicht. Ich finde, du klingst in der Tat wie ein eingefleischter Östermalmare. Nein, eigentlich doch eher wie aus Lidingö. Du sprichst das I genauso aus.«
    JW lachte auf. Offenbar zufrieden mit Hägerströms Antwort.
    »Sie müssen wissen, ich habe eine ziemliche Reise gemacht.«
    In Hägerströms Hirn kribbelte es. Jetzt war er kurz davor, privaten Boden zu betreten. Eine Reise gemacht zu haben, bedeutete in der Welt, aus der er kam, nicht notwendigerweise etwas Gutes. Dass JW es so formulierte, bedeutete, dass er sich öffnete.
    JW fuhr fort: »Ich bin auf die Handelshochschule gegangen. Aber sie ließen mich mein Examen nicht zu Ende machen, weil ich verurteilt wurde, also studiere ich nun stattdessen an der Universität von Örebro. Ich bin im Prinzip bereits fertig, meine Seminararbeit muss nur noch benotet werden.«
    Hägerström wandte ihm das Gesicht zu. Er grinste. Zwinkerte. »Studiere?«
    JW lächelte nur mäßig.
    Hägerström sagte: »Wenn du Lust hast, würde ich dich gerne ein paar potentiellen Geschäftskontakten vorstellen, wenn du wieder draußen bist.«
    »Klingt spannend. Und was für Kontakte?«
    »Du weißt schon, Leute, die Unterstützung im Hinblick auf ihr Geld brauchen. Die Finanzpolitik in diesem Land zwingt die Menschen ja geradewegs dazu, umzudenken, auch wenn wir in der letzten Zeit ja Gott sei Dank eine bessere Regierung hatten.«
    »Tja, keiner könnte Ihnen da mehr zustimmen als ich. Man jagt Menschen, die immer fleißig waren und Geld verdient haben, aber Mörder und Vergewaltiger lässt man laufen. Aber das wissen Sie ja bestimmt, denn Sie sind sowohl Polizist als auch Aufseher.«
    Jetzt befanden sie sich in tiefen Gewässern. Auch wenn Hägerström dadurch eine gewisse Sicherheit verspürte, dass JW begonnen hatte, ihm zu vertrauen, existierten gewisse Regeln, die besagten, wie man über Verbrechen sprach, auch zwischen Kriminellen. Es war besser, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Man vertraute keinem. Man ließ sich nirgends hineinziehen. Heiße Information konnten zu einer Last werden.
    Hägerström richtete seinen Blick auf die Straße. »Genau. Die Leute brauchen also Hilfe, um zu verstehen, was sie mit ihren Geldern machen sollen, um die Raffgier des schwedischen Staates und das ewige Geschwätz zu umgehen.«
    JW kratzte sich eine Weile zerstreut am Kopf. Wirkte nahezu desinteressiert. Es gelang ihm gut, sich zu verstellen.
    Dann sagte er. »Okay, lassen Sie uns weiterreden …« Er machte eine Pause.
    Hägerström dachte kurz: Jackpot.
    Dann beendete JW den Satz: »… wenn ich draußen bin.«
    Scheiße. Das würde dauern.
    Aber vielleicht war es dennoch ein Fortschritt: JW hatte ihn verstanden. Und eingewilligt.
     
    Sie fuhren nach Djursholm. JW wollte in der Henrik-Palmes-Allé abgesetzt werden. Hägerström hatte vor, sich an ihm festzubeißen. Er sah JW die Straße entlangspazieren und in den Sveaväg einbiegen. Er parkte den Wagen. Sprang raus. Joggte

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