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Lasse

Lasse

Titel: Lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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Musik trifft den Kopf, andere fährt einem in den Körper. Musik, die dir fast befiehlt, dich hinzugeben, zu leben, zu lieben. Ich schlug die Augen auf und erschrak. Da war ich. In einer nassen Armani-Hose, barfuß, mit nacktem Oberkörper. Und neben mir lag ein Mädchen in einem nassen Kleid mit nackten Armen und Beinen. Ein Mädchen, das ich begehrte. Mit dem ich schlafen wollte. Sofort.
    »He, schau dir das an!«
    Sie blinzelte und blickte nach oben in den Spiegel über dem Bett.
    »Die sehen sich beim Ficken zu! Hast du so was schon mal gesehen?«
    »Nö.«
    Es klang unerwartet klar. Sie schwieg und ich wusste warum. Ficken! Dieses grobe Wort. Warum hatte ich nicht lieben gesagt oder Liebe machen oder einfach den Mund gehalten? Die Musik war schuld. Das war purer Sex.
    Ich lag einen Moment wie erstarrt. Egal, was andere glauben, ich weiß, was man in Anwesenheit eines Mädchens sagen kann und was nicht. Ficken gehört nicht dazu, ganz besonders, wenn man noch nicht einmal ihren Namen kannte. Und nun?
    Vielleicht spürte sie meine Erregung, die Energie, die sich entladen musste, denn sie drehte sich auf den Bauch und sah mich an. Sie wirkte nicht mehr betrunken. Ich musste den Blick abwenden und sah nach oben. Und begriff, wozu der Spiegel eigentlich da war. Ich konnte sie betrachten, ohne sie anzusehen. Ihre leicht geschwungene Rückenlinie, ihren Hintern, die Beine. Es erregte mich fast noch mehr. Ich hielt die Luft an und versuchte, klar zu denken. Ich war nicht gewöhnt, mit einem Mädchen in einem Bett zu liegen, es anzusehen und es nicht sofort zu nehmen. Sie ist betrunken , erinnerte ich mich.
    »Ich glaube, es ist nicht okay, dass wir hier sind«, sagte sie leise.
    Sie ist nicht mehr betrunken. Sie klingt nüchtern , dachte ich.
    »Nein überhaupt nicht.«
    »Wie mit dem Swimming Pool.«
    Wollte sie gehen?
    »Absolut.«
    Sie blinzelte unsicher, als würde ihr gerade erst klar werden, dass wir beide hier lagen. »Bist du auch betrunken?«
    »Nein, ich bin ...«
    Ich dachte an Oles oder Gerions Regeln. Sie waren älter, sie wussten immer Bescheid. Aber dies hier war anders, es gab keine Regeln, ich war im freien Fall. Und auf einmal war meine größte Angst, dass sie das Zimmer verließ und ich ihr nicht gezeigt hatte, wie gut sie mir gefiel. Ich wollte mit ihr schlafen, ja auch, aber im Grunde wollte ich mehr über sie erfahren, ihr mehr von mir zeigen.
    »Ich würde dich gerne küssen.«
    Ich hatte das nicht sagen wollen, es war mir eher herausgerutscht. So, als ob ich laut nachgedacht hätte. Als ob diesmal ich losgesprungen wäre, ohne nachzudenken, einfach ins Wasser, in die Tiefe. Der Träger ihres Kleides rutschte über ihre Schulter und ich schob ihn zurück und die kleine Berührung reichte aus, all meine Sicherungen durchbrennen zu lassen. Sie ließ sich zurückfallen, bot sich mir an und ich beugte mich über sie und küsste sie vorsichtig. Ich weiß wie man ein Mädchen erregt. Ich bräuchte nur ihre Brüste freizulegen, ihre Brustwarzen zu liebkosen, die Innenseite ihrer Schenkel zu streicheln. Aber dieser ganze Ablauf war mir auf einmal fremd. Denn es ging nicht darum, sie möglichst schnell gefügig zu machen, um an ein Ziel zu kommen. Ich brauchte selber Zeit. Ihr Blick wanderte an mir vorbei nach oben an die Decke.
    »Was bedeutet es?«
    »Was?«
    Ich rollte zurück. Das Tattoo.
Wow
, Ole war an diesem Abend wirklich allgegenwärtig. Wie ein Geist, der mich verfolgte. Normalerweise entdeckten die Mädchen das Tattoo nicht so schnell. Und ich musste es nicht erklären.
    Vielleicht war es nicht so einfach zu verstehen, aber bis ich sechzehn war, hätte ich alles für Ole getan. Er war einfach der große Bruder. Und aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, dass er das konnte. Ein Tattoo stechen, wenn er sich das vornahm. Er sagte damals, er hätte an Schweinehaut geübt und da er gut zeichnen konnte, fand ich es okay. Natürlich wählte er den Rücken, damit ich ihm nicht zusehen konnte. Ich war sowieso mehr mit Zähne zusammenbeißen beschäftigt. Das Motiv hatte ich selber ausgewählt, eine Art indianisches Sonnenrad. Es ist zu einer Art Talisman geworden und genauso, wie ich mit drei Jahren dachte, mir wachsen Flügel, wenn ich mich darauf konzentriere, gab es mir Kraft, wenn ich daran dachte, dass es zwischen meinen Schulterblättern saß und auf mich aufpasste. Es erinnert mich an den Kreislauf des Lebens. Verrückt, dass ich ihr das alles erzählte. Dinge, die ich noch nie ausgesprochen

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