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Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)

Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)

Titel: Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier
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Planschbecken und Bälle, die wir als Städter nie benutzt hatten; farbenfrohe Spielgeräte oder auch nur deren Einzelteile, über deren Gebrauchswert wir lange rätseln mussten. Wir hielten uns nicht lange auf und schmissen den ganzen Plunder weg. Hätten wir damals Mamicards besessen, hätten wir diese Zeugnisse der Mutterpeinlichkeit vermutlich in einem rituellen Feuerchen auf dem Gasherd verbrannt.
    Alles, was wir brauchten und deshalb auch mit aufs Land nahmen, waren zwei wichtige Teddys, die Triptrapstühle, sämtliches Buddelzeug und natürlich Lego, Duplo und Playmobil. Die waren so verdammt teuer gewesen. Ungefähr so teuer wie heute die japanische Krabbeldecke oder das gesegnete Mönchsbändchen. Im neuen Haus angekommen, stellte sich schnell heraus, dass die Kinder keine Lust mehr hatten, damit weiträumig ihre Zimmer zuzubauen. Wir packten die teuren Bausteine in Eimern auf den Dachboden, und da warten sie nun – tja, worauf? Dass meine Kinder mal Kinder kriegen? Geb’s Gott, dass das noch lange dauern möge. Und wenn, dann kriegen sie von mir Omicards geschenkt. Die können meine Töchter dann verteilen, wenn sie mich im Rollstuhl durch den Park schieben. Da steht dann drauf: Hanna, Tochter von Anja. Und hinten lasse ich draufdrucken, dass ich alt bin, streitsüchtig und auf ein Spenderherz warte.

D ie kleine Lady oder
    S okrates für Achtjährige

    W ürdest du mir bitte mal den Pastetenteller reichen?«, fragt die kleine Lady. Ich tue wie geheißen. »Danke«, sagt sie, »das Entenconfit ist ja leider alle, aber so ein einfaches Rillette tut es für heute auch.« Beherzt greift die Kleine zu. Zwischen Käse- und Pastetenhäppchen spült sie brav mit etwas Evian nach, und die Baguette-Krümelchen in ihren zartrosa Mundwinkeln wischt sie beherzt mit dem roten Pulloverärmel weg.
    Die kleine Lady ist acht Jahre alt. Sie ist ein ganz und gar wunderbares Kind, munter, gewitzt, von properer Körperlichkeit. Sie isst halt gern. Und gut. Ihre Mutter ist eine begnadete Köchin, die hier, in ihrer Altbauküche, eine große Wärme und Gastlichkeit verbreitet. Sie steht am Herd, schnippelt und rührt und redet, sie bestreicht kleine Sandwiches als Vorspeise, während im Rohr das Biofleisch bei hundert Grad seiner Bestimmung entgegensummt. Die kochende Mutter sieht, wo der Wein fehlt, bevor der Gast selbst es bemerkt hat, und sie pflegt eine erfrischende Konversation bei Tisch. Kein Wunder also, dass die kleine Lady weiß, wie ein gutes Olivenöl zu schmecken hat, was ein gelungener Abend ist oder dass sie in ihrem zarten Alter Spaß am Verzehr Grüner-Mandel-Tapenade findet.
    Wir sitzen also da und reden und spachteln, der gute Wein fährt in die Köpfe, das feine Essen macht die Beine schwer, die kleine Lady, einziges Kind in unserer Runde, nippt am Wasserglas und unterhält mit Schnurren. Nebenbei malt sie auf Vaters iPad ein paar ganz raffinierte Bilder mit Zauberblumen und Pferden, die »Shut up!« wiehern. Es ist einer jener großartigen Momente purer Freude am Nachwuchs. Kinder, denke ich, sind so was Großartiges. Was für ein Glück, wenn sie gesund sind. Und was für ein grandioses Leben wir mit ihnen führen …
    Die Eltern der kleinen Lady zum Beispiel tun eine ganze Menge dafür, dass ihre Tochter umfassend auf das Leben da draußen vorbereitet wird. Gut, ihre Wohnung ist recht klein, schließlich brauchen sie das Geld, um dem Kind die zweisprachige Privatschule zahlen zu können. Aber das ist auch schon alles an Einschränkung: ein bisschen weniger Platz als die Lofthouse-Angeber-Familien in der Nachbarschaft. Dafür jede Menge Spaß für eine dreiköpfige Familie, in der das Kind mit allem ausgestattet ist, was Erwachsene mögen: Intelligenz, Schönheit und – wichtig! – Humor. Als die kleine Lady neulich im Linolschnittverfahren ihre Katze besonders lebensecht porträtiert hatte, haben die Eltern das Kunstwerk in kleiner Auflage als Postkarten drucken lassen – so begeistert waren sie vom Talent ihres Kindes. Nun überreicht die kleine Lady Besuchern beim Abschied den gelungenen Katzen-Druck.
    Man sieht und spürt sie, die enge Vertrautheit zwischen Eltern und Kind. Es wird geschmust und sowohl in deutscher als auch englischer Sprache gescherzt. So wie ihr Vater liebt auch die Tochter den Dichter Erich Kästner – und unter großem Gegacker tragen beide gern Gästen die lustigsten Verse aus Kästners Lyrischer Hausapotheke vor. Und wenn die kleine Lady, nur mal zum Beispiel, einen

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