Lassiter und der Gentleman-Fighter
bringen?«
»Das lässt sich ganz einfach feststellen.« Webber zerbrach das glänzende Siegel. Das Kuvert enthielt nur ein einziges Blatt.
»Was steht darin?« Dem Saloongirl war nicht entgangen, dass seine Miene immer düsterer wurde, je länger er die Seite studierte. »Schlechte Nachrichten?«
»Nein … das heißt, ich weiß es nicht. Ich kapiere nicht, was das zu bedeuten hat.« Er hielt Lassiter und Amber den Zettel hin. »Wird einer von euch vielleicht daraus schlau?«
Auf dem Papierstück gab es keine schriftliche Botschaft. Stattdessen hatte Horace Webber eine eigenhändige Zeichnung in dem Umschlag verwahrt.
»Lass sehen.« Lassiter nahm ihm das Blatt aus der Hand. »Schätze, das ist so etwas wie eine Landkarte«, stellte er nach einem kurzen Blick fest. »Für mich wirkt das wie eine Art Lageplan.«
»Aber für was?« Webber sah ihn skeptisch an. »Wenn Onkel Horace ein Goldgräber gewesen wäre, würde das ja noch irgendwie Sinn machen. Dann könnte das der Hinweis auf eine Mine oder eine andere Fundstelle sein. Aber er war Wagenbauer. Welche besondere Stelle sollte er also auf einer Karte eingezeichnet haben? Einen Wald, wo es das beste Holz für seine Karren gibt?«
»Schätze, dieses Geheimnis lässt sich von uns nicht auf die Schnelle lösen.« Lassiter gab ihm die Karte zurück. »Ich schlage vor, wir schauen uns mal ein bisschen genauer auf dem Hof um. Vielleicht stoßen wir dabei auf Hinweise, die uns klarer sehen lassen. Vorausgesetzt, du hältst das nicht für eine Einmischung in deine ureigenen Angelegenheiten.«
»Nein, im Gegenteil. Die Unterstützung kommt mir sogar sehr gelegen«, beeilte sich Webber zu erklären. »Zwei Damen warten bereits ungeduldig darauf, dass man Hand bei ihnen anlegt. Da könnte ich Hilfe wirklich gut gebrauchen.«
» Damen ?!«, wiederholte Amber mit einem Gesicht, das deutlich erkennen ließ, dass ihr weitere weibliche Gesellschaft nicht gut in den Kram passte. »Bloody Hell, von wem sprichst du?«
»Von diesen beiden Ladys dort drüben.« Webber wies mit dem Daumen zu den Kühen, die sie durch das Gatter ihres Pferchs hindurch erwartungsvoll anglotzten.
***
»Es ist einfach zum Haare raufen.« Webber saß am Küchentisch seines frisch geerbten Anwesens und stützte die Stirn in beide Hände. Seine Augen klebten förmlich auf dem Blatt Papier, das neben seinem Kaffeebecher lag. »Ich werde aus diesem vermaledeiten Wisch einfach nicht schlau. Für mich ergibt die Zeichnung absolut keinen Sinn.«
»Lass mal sehen.« Amber trat hinter ihn, um ihm über die Schulter zu blicken. »Also, dort ist ein Haus eingezeichnet. Ich gehe mal davon aus, dass es sich dabei um das Gehöft handelt, in dem wir uns gerade befinden. Das dort links unten sieht für mich wie ein Gebirgszug aus. Das ist allerdings seltsam, denn die Rockys liegen nicht südwestlich von hier, sondern in nordöstlicher Richtung.«
»Vielleicht hat sich dein Onkel nicht an die übliche Regel gehalten, dass der obere Teil der Karte nach Norden weist«, schlug Lassiter als Lösung vor. »Das könnte eine List gewesen sein, um einen Betrachter zu verwirren, falls sie einmal in falsche Hände fällt.«
»Dann müssten wir sie also einfach auf den Kopf stellen.« Webber drehte den Zettel um hundertachtzig Grad. »Kommt dir das nun logischer vor?« Er sah die Blondine hoffnungsvoll an.
»Nicht wirklich.« Das Saloongirl nagte nachdenklich an seiner Unterlippe. »Haus und Gebirge wären so zwar an der richtigen Stelle. Aber siehst du den Flusslauf, der dort eingezeichnet ist? Er ist mit einem querliegenden Kreuz markiert.« Ein Hauch ihres blumigen Parfüms umwehte ihn, als sie sich über ihn beugte und auf die entsprechende Stelle des Papiers zeigte. »Den gibt es gar nicht. Zumindest nicht an dieser Stelle.«
Lassiter kratzte sich hinter dem linken Ohr. »Das wiederum legt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Haus auf dem Plan überhaupt nicht um dieses, sondern irgendein anderes Gebäude handelt.«
»Aber welches?« Amber richtete sich auf. »Ohne einen konkreten Anhaltspunkt werden wir es niemals finden. Wer sagt überhaupt, dass es ein Haus aus dieser Gegend ist? Vielleicht steht es noch nicht einmal in Colorado. Gegen die Suche nach diesem Kasten wäre die nach der Nadel im Heuhaufen das reinste Kinderspiel.«
»Na wunderbar. Das heißt, wir sind genauso weit wie am Anfang.« Webber schob das Blatt mit einer missmutigen Geste von sich. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee, verzog
Weitere Kostenlose Bücher