Lassiter und die Agentin des Trusts
Chauncey. »Pendleton hat die Nerven verloren, nachdem du und Matt ihm im Dakota Saloon auf die Zehen getreten seid. Ich weiß, dass seine Männer ihre Ohren überall haben. Und über die YELLOWSTONE ROSE ist er bestens informiert, dafür habe ich gesorgt.«
»Gut«, sagte Lassiter, »dann werde ich mich jetzt hinlegen. Ich hab unbedingt Schlaf nötig. Mir fallen schon beim Gehen die Augen zu.«
Chauncey Campbell und Captain Matt Hathaway grinsten breit, während Joe Fowler sich wunderte, dass seine neben ihm sitzende Tochter plötzlich aufsprang und sich ohne ein Wort zurückzog.
***
Da die WAR EAGLE erst in den letzten Nachstunden ablegen würde, um ihre kurze Fahrt zum Big Muddy hinter sich zu bringen, hatte der große Mann geglaubt, acht lange Stunden Schlaf zu finden, die ihm seine gewohnte Spannkraft zurückbrachten.
Doch irgendwann in der Nacht wachte er von Stimmen auf, die aus dem Zelt nebenan kamen, in dem Joe Fowler und seine Tochter Della schliefen.
»Ich kann sowieso nicht schlafen, Dad«, hörte er Della sagen. Sie sprach ungewöhnlich laut, was ihn wunderte, denn sie war sonst jemand, der auf andere Rücksicht nahm. Er hörte den alten Fowler etwas erwidern, verstand aber die Worte nicht. Dann vernahm er, wie nebenan die Zeltplane bewegt wurde, und Della sagte gut verständlich: »Nach dem Bad bin ich wieder zurück, Dad. Schlaf ruhig weiter.« Ihre Schritte verklangen, und es war wieder still im Camp.
Lassiter richtete sich auf. Es war nicht dunkel in seinem Zelt. Ein Vollmond stand am wolkenlosen Nachthimmel. Er hatte Dellas Stimme noch im Ohr, und er wusste plötzlich, dass ihre Worte für ihn bestimmt gewesen waren. Einen Moment überlegte er, ob er liegen bleiben und sich nicht darum kümmern sollte, doch als er sich in die junge Frau versetzte, wusste er, dass er ihr das nicht antun konnte.
Wäre sie wirklich erst achtzehn gewesen, er wäre ihr nicht gefolgt. Doch sie war achtundzwanzig, wie sie behauptet hatte, und in diesem Alter hatten die meisten Frauen im Westen bereits mehrere Kinder. Della hatte wahrscheinlich nie die Gelegenheit gehabt, den richtigen Mann fürs Leben kennenzulernen, weil sie sich immer nur um ihren Vater hatte kümmern müssen.
Er stand auf. Die Hitze hatte auch bis in die Nacht hinein kaum abgenommen, sodass er nackt geschlafen hatte. Er streifte sich nur die Hose über, zog den Remington aus dem Holster, das er neben dem Bett auf dem Boden deponiert hatte, und steckte ihn am Rücken in den Hosenbund.
Bevor er sein Zelt verließ, lauschte er. Keiner der anderen Männer schien wach geworden zu sein.
Die Wächter, die vom Captain eingeteilt worden waren, hatten ihre Beobachtungsposten ein paar Hundert Yards von ihrem Camp entfernt. Dann war draußen und sah, dass das träge fließende Wasser des Creeks im Mondschein glitzerte. Es sah aus, als würde der Creek Kaskaden von Sternschnuppen in die Nacht schleudern.
Er brauchte nicht groß zu lauschen. Della bemühte sich nicht, besonders leise zu sein.
Sie ist nicht anders als alle anderen Frauen, dachte Lassiter. Sie will beachtet und bewundert werden. Er wusste nicht, was ihn erwartete. Aber er würde ihr ganz und gar die Initiative überlassen. Er wollte ihr um keinen Preis der Welt Schmerzen zufügen oder sie auch nur kränken.
Bald hörte er vor sich das Plätschern von Wasser. Er bewegte sich lautlos. Der Creek lag frei vor ihm im Mondlicht, aber nirgends sah er etwas von Della, bis er begriff, dass das Geräusch nicht vom Creek kam, sondern von links.
Er wandte sich in die Richtung. Das lauter werdende Plätschern wies ihm den Weg. Dann sah er das Hemd ihres Vaters, das sie am Nachmittag nach ihrem Bad im Creek angezogen hatte, über einem Busch hängen. Es war das einzige Kleidungsstück. Entweder schwamm sie in ihrer Unterwäsche, oder sie war mit nichts anderem als dem Hemd bekleidet gewesen.
Als er den Busch erreichte, blieb er stehen und starrte auf das atemberaubende Bild, das die Nacht und der Mondschein ihm boten.
Wie eine übernatürliche Erscheinung hob das silberne Mondlicht die nackte Gestalt Della Fowlers von der dunklen, mit glitzernden Punkten übersäten Wasserfläche ab. Della schwamm auf dem Rücken. Nur ihre Hände waren manchmal in Bewegung, um ihren Körper im Gleichgewicht zu halten. Das lange kupferfarbene Haar in das das Mondlicht rötliche Lichtsprenkel verwoben zu haben schien, umgab ihr überirdisch erscheinendes Gesicht wie ein Flies aus dunklen Goldfäden. Er sah, dass die
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