Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
naheliegend. Eine solche Niederlage vor aller Augen wäre vernichtend und endgültig. Eine Warnung an alle, die ihren Kopf durchsetzen wollen.
Er ging ein paar Stufen hinunter, feuerte auf den Tisch mit den Schnapsflaschen und legte ihn in Trümmer. »Hier bin ich. Los, zeigt euch!«, brüllte er in die grün leuchtende Nacht seines Sichtgerätes.
Er musste lachen. Sie kamen, um ihn zu bestrafen, weil er, Sohn eines einfachen Karosserieschlossers aus Mondragone, es gewagt hatte aufzusteigen, weil er bewiesen hatte, dass man sich durch Unternehmungsgeist zu einem der reichsten Männer Europas hocharbeiten konnte. Weil er einer Menge Hungerleidern Arbeit und Hoffnung gegeben hatte. Weil er die Wirtschaft in diesem Scheißland wieder angekurbelt hatte.
Seine Mutter, diese Heilige, hatte nicht studiert, aber ihr Verstand funktionierte bestens, und sie hatte ihn immer gewarnt. »Salvato’, früher oder später werden sie dich fertigmachen. Sie werden sich verbünden und dich in der Scheiße ersticken.«
Seit Jahren schlief Sasà Chiatti in der Furcht vor diesem Augenblick. Deshalb hatte er ganze Heere von Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsexperten engagiert. Um seine Villa hatte er eine Festungsmauer errichten lassen, um sich zu schützen, hatte einen unterirdischen Bunker ausschachten lassen, um sich dort zu verstecken, hatte israelische Leibwächter angeheuert und seine Autos panzern lassen.
Aber es hatte alles nichts genützt. Sie waren trotzdem gekommen. Sie hatten sein Kraftwerk sabotiert, ihm das Fest verdorben, und nun wollten sie ihn umbringen.
Durch das Nachtsichtgerät konnte er ein paar von ihnen sehen, ziemliche Kraftpakete, die mit vollgestopften Essenstüten zwischen den Resten des Buffets herumliefen. »He, ihr Hungerleider. Soll ich euch was sagen? Ich bin froh, dass es jetzt vorbei ist.« Er lud den Granatwerfer. »Und soll ich euch noch was sagen? Das Fest, die Gäste, die Promis sind mir scheißegal, bringt sie ruhig alle um. Und auch die Scheißvilla kann mich mal. Zerstört sie ruhig. Ihr wollt Krieg? Den könnt ihr haben.« Er sprengte den großen Springbrunnen. Wasser, Seerosen und Marmorsplitter spritzten im hohen Bogen.
Er ging noch drei Stufen hinunter. »Wollt ihr wissen, wer zum Teufel ich eigentlich bin? Wollt ihr wissen, wie ein kleiner Gauner aus Mondragone dazu kommt, sich die Villa Ada zu kaufen? Hier habt ihr die Antwort. Jetzt zeige ich euch mal, wozu Sasà Chiatti fähig ist, wenn er richtig sauer wird.« Mit einer Sturmgewehrsalve räumte er die Tische des Buffets ab. Teller mit Trüffelhäppchen, Tabletts mit Hähnchenkroketten und Bellini-Karaffen zersplitterten. Von Kugeln durchsiebt, klappten auch die Tische zusammen.
Das war ein gutes Gefühl. Der Maschinenkarabiner war heiß geworden und brannte in der Hand. Während er ein neues Magazin aus der Tasche des Morgenmantels zog und nachlud, fiel ihm wieder ein, was er über die griechischen Helden gelesen hatte.
Da gab es einen, den er besonders schätzte, Agamemnon. In dem Film Troja wurde er von einem sehr guten Schauspieler gespielt, dessen Name ihm im Moment nicht einfiel. Der griechische Held hatte die Trojaner besiegt und als Kriegsbeute Chryseis, eine Klassefrau, für sich behalten. Für die Frau hatte ein Gott, ein bedeutender, ein Assistent von Zeus, eine Menge Geld geboten, aber Agamemnon hatte abgelehnt. Agamemnon hatte keine Angst vor den Göttern. Aber die Götter hatten sich gerächt und eine schreckliche Krankheit auf sein Feldlager geschleudert.
»Das ist also eure Rache …« Er blickte in den grünen Himmel hinauf. »Nur dass die griechischen Götter groß und mächtig waren. Die italienischen sind dagegen jämmerlich. Deshalb habt ihr wohl diese Fettwänste geschickt, um mich umzubringen.« Er zielte auf eine Art Molosser, der eine große Tasche mit Getränken hinter sich herschleifte, und streckte ihn zu Boden.
Dann hatte er den Fuß der Treppe erreicht. »Sollte das nicht das Ziel der Demokratie sein? Jedem seine Chance!« Mit einer ruckartigen Armbewegung lud Chiatti den Granatwerfer nach. »Hier ist eure Chance zu verrecken.« Und er brachte einen Fettsack zum Explodieren, der ein ganzes Spanferkel auf den Schultern trug.
»Widerliche Hungerleider … Es lebe Italien!« Er spuckte die Zigarre aus, rannte wild um sich ballernd los und mähte die dicken Auftragskiller nieder. »Brüder Italiens, Italien hat sich erhoben …«, schmetterte er, während die Patronen des TAR-21 nach allen
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