Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Frau unter sich begraben, nur ein Bein ragte heraus. Auf der mageren Wade kroch eine lange tätowierte Efeuranke nach oben und verschwand zwischen den Trümmern.
Verzweifelt schleppte Saverio den Verrückten mit, der unentwegt weiterredete. »Eigentlich müsstest du mir den Weg weisen, aber du willst uns im Stich lassen.«
Mantos versetzte ihm einen Tritt und schaffte es endlich, ihn los zu werden. »Was willst du eigentlich von mir?«
Kniend sah der Verrückte ihm in die Augen. »Du weißt, was du zu tun hast.«
Erschrocken wich Mantos zurück. Einen Augenblick lang hatte er geglaubt, Zombie vor sich zu haben.
»Wer bist du, verdammt?«, stammelte der Exchef der Bestien und rannte los, wobei er sich mit gesenktem Kopf einen Weg durch die Menge bahnte.
In einer Ecke entdeckte er Larita.
Saverio blieb stehen.
Larita lag zusammenkrümmt auf dem Boden, und die Leute trampelten achtlos über sie hinweg.
Du musst deine Aufgabe erfüllen! Du musst sie opfern. Dann war mein Tod wenigstens nicht umsonst , glaubte er Zombie sagen zu hören.
Brüllend warf er sich dem Strom der Festgäste entgegen und kämpfte sich mit Fäusten und Ellbogen zu der Sängerin durch.
Larita war puterrot im Gesicht und rang mit aufgerissenem Mund nach Luft, als hätte sie einen Asthmaanfall.
Saverio stellte sich schützend vor sie. Er würde sie aus diesem Loch herausholen, zum Forte Antenne bringen und dort zu Ehren Zombies opfern.
Larita schluchzte. »Ich hatte eine Panikattacke. Ich bekam keine Luft mehr. Und alle trampelten über mich hinweg.«
»Jetzt bin ich ja da.« Mantos umarmte sie fest.
Langsam kam Larita wieder zu Atem. Sie wischte sich die Tränen ab und sah ihn zum ersten Mal an. Dann sah sie die schwarze Tunika. »Wer bist du?«
Mantos schwieg, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. Am liebsten hätte er ihr die Wahrheit gesagt. Ihr ins Ohr geflüstert: Ich bin dein Mörder . Aber er sagte nur: »Du kennst mich nicht.«
»Wie nett du bist.«
»Hör zu, hier können wir nicht bleiben. Steh auf. Meinst du, du kannst gehen?«
»Ich glaube schon.«
»Dann los, versuchen wir unser Glück.« Er griff nach ihrer Hüfte und half ihr auf die Beine.
Sie ergriff seine Hand. »Danke.«
Er sah sie an, blickte in diese haselnussbraunen Augen.
Und wer weiß, vielleicht hätte Saverio Moneta, genannt Mantos, ihr sogar gesagt, sie solle ihm nicht danken. Vielleicht hätte er ein Mal in seinem Leben den Mumm gehabt zu sagen … Wie hatte der Nackte gesagt?
Der Schrecken! Ja, der Schrecken eines völlig verkorksten Lebens.
Wer weiß, was er ihr noch alles gesagt hätte, wäre nicht die dunkle, tosende Woge hereingebrochen und hätte sie mit sich fortgerissen.
71 Fabrizio Ciba leuchtete mit einem Feuerzeug in den finsteren Gang und tastete sich langsam vorwärts. Man konnte so gut wie nichts erkennen, und alle zehn Schritte stolperte er über einen Erdhaufen oder trat in ein Loch.
Er bedauerte, dass er Larita im Stich gelassen hatte. Aber mit ihr hätte er es nie geschafft, sich in Sicherheit zu bringen.
Allein die Stärksten überleben. Aber nur, wenn sie keinen Ballast mitschleppen.
Inzwischen war das Dröhnen hinter ihm ohrenbetäubend.
Als er sich ruckartig umdrehte, sah er im Schein der Feuerzeugflamme eine wilde schwarze Wasserwand auf sich zukommen.
»Scheiße …«, das war alles, was er noch hervorbrachte, bevor ihn das Wasser herumwirbelte wie ein schmutziges Kleidungsstück in der Waschmaschine und mit sich forttrug, als wäre er Ballast.
72 Piero Ristori war siebenundsiebzig Jahre alt und wohnte in der Via di Trasone, nur wenige Schritte vom Park entfernt. Seit zehn Jahren war er in Rente, und seit er nicht mehr arbeitete, schlief er schlecht. Um zwei Uhr morgens wurde er wach, konnte nicht mehr einschlafen und wartete darauf, dass es endlich hell wurde. Dann lag er da, neben sich den Körper seiner schlafenden Frau, und erinnerte sich. In der Stille, in der nur das regelmäßige Ticken des Weckers zu hören war, tauchten dann Bilder aus seiner Kindheit in Trento auf wie Gnocchi im kochenden Wasser. Er erinnerte sich an seine Jugend, das Internat, die Ferien in Ligurien. Mit Wehmut sah er wieder seine junge Frau vor sich, atemberaubend schön, im Badeanzug auf einem Tretboot in Cesenatico. Als sie zum ersten Mal miteinander schliefen, waren sie noch gar nicht verheiratet. Und dann Rom. Die Zeitungsredaktion. Tausende von Artikeln, die er in aller Eile geschrieben hatte. Das Klappern der
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