Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
da?«
»Na, du Schwuchtel!«
Entsetzt schloss Fabrizio die Augen und prallte zurück, wie ein Fußballer, der einen Elfmeter verschossen hat.
Es war Paolo Bocchi. Die Nervensäge schlechthin. Aus unerfindlichen Gründen schwirrte der Typ so unermüdlich um ihn herum wie eine blutgierige Mücke. Einen Grund, warum er ihn nicht in die Wüste schickte, gab es, ehrlich gesagt, schon. Professor Paolo Bocchi verfügte nämlich jederzeit über sämtliche psychotrope Substanzen, die Natur oder Chemie für den menschlichen Gebrauch bereitstellten.
Ein bisschen Gras für Mallorca, das wäre tatsächlich nicht schlecht.
»Na, alte Schwuchtel, wie geht’s?«
Wenn ihm etwas zuwider war, dann dieses leutselige ordinäre Gehabe. Die Tatsache, dass sie am Gymnasium San Leone Magno in dieselbe Klasse gegangen waren, gab ihm noch lange nicht das Recht zu solchen Vertraulichkeiten.
»Lass mich in Ruhe, Paolo, heute ist wirklich nicht mein Tag.« Fabrizio versuchte, die Ruhe zu bewahren.
»Frag mich mal. Ich habe heute schon zwei Nasen und einmal Fettabsaugen hinter mir. Mir reicht’s.«
Professor Paolo Bocchi war Chefarzt für Schönheitschirurgie an der Klinik San Roberto Bellarmino. Als Schüler des großen Roland Château-Beaubois galt er unter den römischen Schönheitschirurgen als Nummer eins. Tausenden von Frauen hatte er schon ihre Jugend zurückgegeben. Das einzige Problem war, dass er massenweise Koks zog, so wie ein alter Ofen.
»Hör mal. Ich hab’s geschafft. Ich hab die Löwengrube gelesen. Willst du meine Meinung hören? Großartig!«
»Glückwunsch! Nach gerade mal acht Jahren.«
»Wie schaffst du das nur, dich in die Leute hineinzuversetzen? Besser als ein Film, Ehrenwort. Die Krankenschwestern haben mir das gar nicht zugetraut, dass ich ein ganzes Buch lesen würde …«
»Na gut«, sagte Fabrizio, um die Sache abzukürzen. »Hör mal, ich bin ein bisschen im Stress. Ich bin auf dem Weg nach Spanien. Eigentlich …«
Ein Aufschrei: »Wie bitte? Und das Fest bei Chiatti?«
Fabrizio schlug sich an die Stirn. Das Fest von Salvatore Chiatti hatte er vollkommen vergessen. Die Einladung war vor zwei Monaten gekommen. Ein Quadrat aus Plexiglas mit Goldschrift in Basrelief, streng vertraulich.
Seit knapp einem Jahr wurde über nichts anderes geredet. Zweifellos das exklusivste und abgefahrenste Fest der letzten Jahrzehnte, darin waren sich alle einig. Bei einem solchen Ereignis zu fehlen, war ein schwerer Verstoß gegen den eigenen VIP-Status. Doch Fabrizio war nicht in der psychischen Verfassung für mondäne Ereignisse. Um eine gesellschaftliche Prüfung dieser Art zu bestehen, musste man hundertprozentig da sein, witziger und spritziger denn je. Und momentan war er so witzig und spritzig wie ein Flüchtling aus Uganda.
Salinger. Denk an Salinger.
Fabrizio schüttelte den Kopf. »Nee, ein Fest bei diesem Mafiatypen und Baulöwen? Kommt nicht infrage! Das ist unter meiner Würde.«
»Spinnst du? Du weißt wohl nicht, wie viel dieser verrückte Größenwahnsinnige dafür ausgegeben hat. Mehrere Millionen! So etwas darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Alle werden kommen. Musik, Kunst, Fußballer, Politiker, Models, alle! Ein Jahrmarkt der Superlative. Du könntest einen Roman darüber schreiben.«
»Ach, weißt du, Paolo, solche Feste, die kenne ich doch in- und auswendig. Alles nur saumäßig anstrengend. Und dann dieses ewige Überalldabeisein, das ist genau das, was ich vermeiden muss. Denk an Salinger …«
»An wen?«
»Schon gut. Jedenfalls … wir telefonieren, wenn ich wieder da bin, ja?«
»Bist du sicher?« Paolo Bocchi war ungläubig. »Meines Erachtens machst du einen Fehler. Wo doch alle … wie soll ich sagen …« Mit dem Skalpell war der große Chirurg ein Zauberer, lexikalisch aber ein Desaster. »Du hast es einfach nicht kapiert … es wird dir alles hinterhergeschmissen … Zwei Tage saufen und vögeln im Park. Du spinnst.«
»Ich weiß, ich weiß. Sieh mal, ich hab Probleme mit meinem Verlag. Ich bin einfach nicht in der Stimmung.«
»Da mach dir mal keine Sorgen, für Stimmung sorge ich schon.« Paolo Bocchi lachte herzhaft.
»Vergiss es. Damit ist Schluss.«
»Dann mach doch, was du willst. Eins noch, nur damit du es weißt, Larita tritt dort auf. Das ist das Einzige, was durchgesickert ist. Verstehst du?«
»Larita? Die Sängerin?«
»Nein, Larita, die Metzgerin. Die Sängerin natürlich.«
»Ist mir doch egal.«
»Die hat schon jede Menge Grammys und
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