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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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Umsicht hätte Ciba damit gut und gerne bis achtzig auskommen können, ohne je wieder einen Handschlag tun zu müssen. Das Penthouse in der Via Mecenate hätte er dann natürlich aufgeben müssen, und auch sein Häuschen auf Mallorca. Und vor allem hätte er, um den gleichen geheimnisvollen Nimbus zu wahren, der Salinger umgab, keine Interviews mehr geben dürfen. Keine Fernsehsendungen, keine öffentlichen Auftritte, keine Feste, kein Rumvögeln, also für den Rest seines Lebens als Mönch in einer abgelegenen Einsiedelei schmoren.
    In Amerika geht das vielleicht. Natur, Wüste, endlose Weiten  … aber in Italien, wo soll ich mich denn da verstecken? In einer Einzimmerwohnung in Boccea vielleicht? Und dann noch ganz allein, in einer Einsiedelei, ohne Frau  … nach ein paar Wochen bringe ich mich um.
    Glücklicherweise brachte ihn das Wort »Frau« wieder auf den Boden der Tatsachen.
    Er musste unbedingt weg, nach Mallorca, für ein paar Tage. Dort, in der Einsamkeit, würde er sich wieder den Roman vornehmen, an dem er nichts mehr gemacht hatte seit …
    In seinem Gehirn machte es unmerklich klick, als würde eine Sicherung rausspringen. Der Gedanke verschwand so schnell, wie er gekommen war, und er dachte wieder an Mallorca.
    Na ja, aber allein  … Aber wen sollte er mitnehmen? Auf jeden Fall musste es eine sein, die ihm neues Selbstvertrauen gab. Vor allem aber nicht nervte mit Heiraten, Kinderkriegen und ähnlicher Hirnwichse.
    Alice Tyler  … die Übersetzerin.
    Nein, zu intellektuell. Und außerdem hatte er sich vor ihr total blamiert.
    Bei dem Superangebot an der Luiss hingegen hatte er nur die Qual der Wahl. Wenigstens sieben der Studentinnen aus seinem Kurs für Kreatives Schreiben würden liebend gern auf ihre Bürgerrechte verzichten, nur um ein Wochenende mit ihm zu verbringen. Darunter eine gewisse Elisabetta Cabras, die bestimmt eine richtige Sau war. Vom Schreiben hatte sie zwar überhaupt keine Ahnung, dafür aber eine ungewöhnliche Begabung für erotische Szenen. Alles selbst erlebt, das merkte man sofort. Ciba stellte sich die Cabras vor, wie sie nackt um den Pool herumging, mit diesen Titten und einer Bloody Mary in der Hand, während die Sonne langsam im Meer vor den Balearen versank.
    Er ging wieder hinein und setzte sich an den Schreibtisch. Auf der Schreibtischplatte herrschte ein heilloses Durcheinander aus Computerausdrucken, Büchern, Ordnern, Bierdosen und überquellenden Aschenbechern. Er machte sich auf die Suche nach der Hausarbeit der Cabras, auf der bestimmt ihre Handynummer stand, griff nach der Maus, und der Bildschirm des Laptops leuchtete auf. Der Anfang des zweiten Kapitels seines neuen Romans:
    Vittoria Cubeddu sprach, was man gemeinhin als reines Italienisch bezeichnete. Im Gegensatz zu allen anderen Mitgliedern der Familie Cubeddu, die den langsamen, gezogenen Dialekt von Oristano sprachen. Das Haus
    Drei Tage hatte er damit zugebracht, diese beiden Sätze zu schreiben, dabei wie besessen die Adjektive ausgetauscht, die Substantive verschoben, die Verben umgestellt. Gegen seinen Willen las er es noch einmal durch und spürte ein saures Aufstoßen. Mit einer Ohrfeige klappte er den Computer zu. »Was zum Teufel ist das denn? Das soll der neue große Italien-Roman sein! Ich bin eine echte Pfeife!« Er lief durch die Wohnung und traktierte Sofa und marokkanische Puffs mit Fußtritten. Dann setzte er sich keuchend aufs Bett. Der Schmerz in den Schläfen war wieder da und quälte ihn erneut. Er musste etwas unternehmen. Tief in ihm, begraben unter einem Meer von sinnlosem Schwachsinn, schlummerte noch immer der Geist des Schriftstellers, der er einmal gewesen war. Den musste er wieder zum Leben erwecken. Er musste Tabula rasa machen, aufhören zu trinken, aufhören zu rauchen und sich wieder ans Schreiben machen, mit der Energie und der Lust der Anfänge.
    Aber wie? In vier Jahren hatte er fünf Romanprojekte angefangen und wieder verworfen. Dann wähnte er sich in dem Glauben, die große sardische Saga sei das richtige, das einzig sinnvolle Projekt, von wegen … das war doch alles Mist. Ja genau, er musste unbedingt weg hier, vierzehn Tag Mallorca, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, das war’s.
    Während er weiter nach der Nummer der Cabras suchte, klingelte das Telefon. Bestimmt irgend so eine Nervensäge. Er nahm trotzdem ab. Vielleicht war es ja auch seine bescheuerte Agentin, die sich entschuldigen wollte.
    Er mimte den Genervten. »Hallo? Wer ist

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