Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
dieses Manko musste er unbedingt ausgleichen.
Fabrizio warf sich in die Brust, zog den Bauch ein und setzte die angewiderte Miene des verfemten Dichters auf. Er zündete sich eine Zigarette an, steckte sie in den Mundwinkel und schlenderte zerstreut an ihr vorbei.
»Fabri! Fabri!«
Ciba zählte bis fünf, dann drehte er sich um und sah sie so ratlos an, als hätte er einen Mondrian vor sich. »Warte … einen Moment …« Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, tut mir leid, ich komm nicht drauf …«
Die Schauspielerin war weniger beleidigt, sondern eher verwirrt. Dass man sie nicht erkannte, war ihr in den letzten Jahren nur passiert, wenn sie ihren Onkel Pasquale im Blindenheim in Subiaco besuchte. Dann dachte sie, der Schriftsteller sei vielleicht kurzsichtig. »Fabrizio? Ich bin’s, Simona. Sag bloß, du erkennst mich nicht?«
»Kennen wir uns vielleicht aus Recanati?« Fabrizio warf den erstbesten Namen hin, der ihm einfiel. »Vom Leopardi-Seminar?«
» Porta a porta vor vier Wochen!« Die Somaini hätte gern einen Schmollmund gezogen, aber das Botox hinderte sie daran. »Die traurige Geschichte des Kleinen Hans …«
Ciba schlug sich an die Stirn. »Verdammtes Alzheimer … Wie kann man nur die Venus von Milo vergessen! Ich habe sogar deinen Kalender im Badezimmer hängen.«
Die Somaini stieß einen Laut aus, der sich anhörte wie der Lockruf der Brachschnepfe: »Sag bloß! Ein Schriftsteller wie du mit einem Kalender für LKW-Fahrer.«
Fabrizio log hemmungslos. »Den Februar finde ich super.«
Sie warf ihre Mähne zurück. »Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist gar nicht der Typ für solche Feste.«
Ciba zuckte die Achseln. »Keine Ahnung … Eine angeborene, aber unerkannt gebliebene Form von Masochismus vielleicht? Ein unerträglicher Wunsch nach Geselligkeit?«
»Fabrizio, riechst du das nicht … diesen Duft nach Sauce, nach Tomate und Mozzarella?« Das letzte Reisbällchen hatte die Somaini wahrscheinlich bei ihrer Firmung probiert.
»Hm … ich rieche nichts«, sagte Ciba schnüffelnd.
Dann half ihm Rita Baudo vom Tg 4 aus der Verlegenheit. Gefolgt von einem Kameramann, kam sie mit einem Mikrofon auf ihn zu.
»Und hier haben wir die Schauspielerin Simona Somaini, wie immer in Bestform, mit dem Schriftsteller Fabrizio Ciba! Sagt bloß nicht, ich habe hier eine heiße Story erwischt?«
Mit einem pawlowschen Reflex klammerte sich die Somaini an Cibas Arm. »Aber Rita, wie kommst du denn da drauf? Wir sind Freunde!«
»Ihr wollt also den Zuschauern von Varietà nichts verraten?« Rita Baudo hielt Ciba das Mikro direkt vor die Zähne, der es verärgert wegschob. »Hast du nicht gehört, was Simona gesagt hat? Nur alte Freunde.«
»Aber wie wär’s mit einem Gruß an unsere Fernsehzuschauer?«
Fabrizio bewegte eine Hand vor der Kamera: »Ciao.« Und dann ging er mit der Somaini am Arm weiter.
Die Baudo drehte sich zum Kameramann um und sah vielsagend in die Kamera: »Wenn ihr mich fragt, sagen die beiden nicht ganz die Wahrheit!«
Ein unmenschlicher Schrei erschallte aus dem Höllenkreis jenseits der Absperrung. Die Baudo rannte los. Aus einem Hummer stiegen Paco Jiménez de la Frontera und Milo Serinov, der Stürmer und der Torwart von Lazio Rom.
27 Etwa dreihundert Meter vom VIP-Bereich entfernt schufteten die Bestien auf dem Platz hinter der Villa wie die Tiere. Zombie lud fluchend schwere Kisten mit Fiano d’Avellino aus einem Lieferwagen. Mantos war als Küchenhilfe eingeteilt, während Murder und Silvietta die Aufgabe hatten, sechs Kisten Silberbesteck für das indische Essen zu putzen.
Mit gesenktem Blick polierte die Vestalin eine Gabel. »Immer dasselbe mit dir.«
Murder seufzte. »Hör mal, können wir es nicht einmal gut sein lassen …«
»Nein, wir lassen es überhaupt nicht gut sein. Du hast versprochen, es ihm im Auto zu sagen. Warum hast du das nicht gemacht?«
Genervt schmiss Murder ein ungeputztes Messer zu den fertig polierten. »Ich wollte ja … Aber dann hab ich’s nicht mehr über mich gebracht. Wie denn auch nach dieser Rede, die er gehalten hat? Und überhaupt, wieso immer ich, wieso bleiben die schwierigen Sachen eigentlich immer an mir hängen, kannst du mir das mal sagen?«
Empört sprang Silvietta auf. Manchmal fand sie ihren Freund total unmöglich. »Jetzt hör aber auf, du hast doch gesagt, du würdest es ihm sagen. Das sei kein Problem.«
Murder zuckte die Achseln. »So ist es! Wo ist das Problem? Ich sag’s ihm, sobald ich
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