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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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an der Jacke herunterlief und eine fettige Schleimspur aus Mozzarella und heißer Sauce hinterließ. Fabrizio riss sich das Reisbällchen von der Schulter, als wäre es ein infizierter Blutegel, und pfefferte es zu Boden. Beleidigt, verhöhnt und gedemütigt, drehte er sich zu der Menge um. Drei Männer in Jacke und Krawatte, mit krausen Haaren und Bart sahen ihn so hasserfüllt an, als wäre er Mussolini persönlich (der im Übrigen in der Villa Ada verhaftet worden war). Mit ausgestreckten Armen zeigten sie auf ihn und riefen im Chor: »Ciba, du Schwein! Du sollst sterben! Du hast dich kaufen lassen.« Nur um Haaresbreite gelang es dem Schriftsteller, einem Ein-Liter-Pappbecher Coca-Cola auszuweichen, der auf der Schnauze des SUV zerplatzte.
    Ein gepanzertes Fahrzeug spuckte eine Gruppe Polizisten aus, die mit Gummiknüppeln auf die Gewalttäter einschlugen. Um sich zu schützen, hoben die drei ein Absperrgitter hoch. Der, der das Reisbällchen geworfen hatte, wurde an der Augenbraue getroffen, das Blut spritzte und verwandelte sein Gesicht in eine rote Maske. Die anderen beiden wurden mit den Gummiknüppeln zu Boden gestreckt.
    Ein junger Polizist nahm den Schriftsteller beim Arm, schob ihn rückwärts und schrie: »Weg, weg hier!«
    Verängstigt und verwirrt folgte ihm Fabrizio, ohne den Blick von dem blutenden Mann am Boden abwenden zu können, der weiterhin brüllte: »Verfluchter Ciba! Du bist genau wie die andern! Ein widerlicher Heuchler, der sich verkauft hat!« Während die Polizisten weiter prügelten, fuhren am roten Teppich die Limousinen vor, und die Festgäste posierten im Blitzlichtgewitter der Fans und Fotografen. Fabrizio Ciba flüchtete sich zwischen die parkenden Autos, das Herz schlug ihm bis zum Hals. »Verdammt …«, keuchte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »… die sind echt verrückt!«
    »Alles in Ordnung?«, fragte ihn der Polizist.
    Ciba nickte.
    »Worauf warten Sie noch? Gehen Sie, gehen Sie schon, hier ist es zu gefährlich.«
    Fabrizio glaubte, sterben zu müssen. Nein, nein, ich will nach Hause.
    Aber er konnte nicht. Im Geiste sah er schon die Schlagzeilen: Alternative Szene greift Schriftsteller an, Fabrizio Ciba verlässt fluchtartig das Fest von Chiatti . Dabei waren die drei Attentäter alles andere als Autonome.
    Nun saß er endgültig in der Scheiße. Jetzt blieb ihm gar nichts anderes übrig, als ein paar Stunden auf dem Fest zu verbringen und dann erst nach Hause zu fahren und einen schön bissigen Artikel zu schreiben. Zähneknirschend machte er sich mit seiner öl- und tomatensoßeverschmierten Jacke auf den Weg zum roten Teppich. Dann beschloss er, die Jacke einfach auszuziehen und sie mit Nonchalance über der Schulter zu tragen.
    Direkt vor dem Eingang war die Lage vollkommen anders. Große, elegante Wagen spuckten weiterhin Schauspieler, Fußballer, Politiker, TV-Sternchen aus, unter dem Applaus und dem Geschrei der Schaulustigen, die an den Absperrgittern hingen wie Hähnchen am Grill. So etwas hatte er nicht einmal beim Filmfestival in Venedig gesehen. Die Promis winkten der Menge zu, und die Frauen ließen sich in ihren Designerklamotten fotografieren. Eine junge Frau schaffte es, die Absperrung zu überwinden, und stürzte sich auf Fabio Sartoretti, den Komiker aus der Fernsehsendung Bazar . Aber die Leibwächter warfen sie zu Boden und bugsierten sie dann zurück in die Menge, in der sie verschwand.
    Ciba nahm allen Mut zusammen, betrat mit gesenktem Kopf den roten Teppich und hoffte inständig, nicht erkannt zu werden. Doch beim Anblick der Fans, die ihn so begeistert begrüßten, konnte er nicht widerstehen und winkte ihnen zu.
    In diesem Augenblick hielt ein BMW mit schwarz getönten Scheiben vor dem roten Teppich. Daraus kamen zunächst zwei scheinbar endlose Beine, dann der Rest von Simona Somaini hervor. Als Kleid trug Miss Italia 2003, die mit SMS aus dem Jenseits eine erfolgreiche Filmkarriere gestartet hatte, ein taschentuchgroßes Strassfähnchen, das den Rücken und einen Gutteil des Hinterns frei ließ und vorne mit Mühe die Brüste verhüllte, nicht jedoch den gebräunten, glatten Bauch. Neben ihr erkannte Ciba die berühmte Showagentin Elena Paleologo Rossi Strozzi, die, im Vergleich mit der Diva, wie eine schrumpelige Zwergin aussah. Obwohl noch immer leicht unter Schock, dachte er beim Anblick der reinrassigen Stute, dass der Tag vielleicht doch noch nicht ganz verloren war. Vor allem, wo er sie noch nie gevögelt hatte, und

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