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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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Mitteln unangreifbar, wird aber durch ein magisches Ritual endgültig vernichtet. Man sieht, wenn Polidoris Geschichte überhaupt einen Einfluss auf Rauschnik hatte, kann dieser nur gering gewesen sein.
    Schließlich ist das Augenmerk noch auf den Domherrn zu richten. Rauschniks »Die Totenbraut« ist meines Wissens die älteste Vampirgeschichte, die einen Vampirjäger verwendet – weder bei Hoffmann noch bei Polidori oder Raupach gibt es diese Figur im eigentlichen Sinne. Bemerkenswerterweise ist sie hier schon mit den zentralen Attributen besetzt: Der skurrile Domherr ist ein leidenschaftsloser, hochgebildeter Mann; er hat Zugang zu geheimem Wissen, sogar zu magischem Wissen – er ist ein Experte, der die richtigen Rituale kennt, um die Vampirin zur Herausgabe der relevanten Informationen zu zwingen, sie zu vertreiben und letztlich auch zu vernichten. Damit könnte er Vorbild für die ihm folgenden Vampirjäger gewesen sein – Baron Vordenburg aus Joseph Sheridan Le Fanus »Carmilla« von 1872 und Dr. Abraham van Helsing aus Bram Stokers »Dracula« sind hochgebildete, exzentrische Experten. Allein das Alter der Vampirjäger-Figur hat sich im Laufe der Jahre sehr geändert: War der Domherr noch ein achtzigjähriger Greis, wurden Vordenburg und van Helsing Männer in den besten Jahren und Vampire Slayer Buffy aus der gleichnamigen TV-Serie ist anfangs ein fünfzehnjähriges Schulmädchen. Ihr Wächter Giles ist jedoch wieder ein väterlicher, hochgebildeter und exzentrischer Experte.

Vorbemerkung
    Ernst Theodor Amadeus Hoffmann wurde 1776 in Königsberg geboren. Wie sein Vater schlug er nach einem Jurastudium eine Laufbahn in der preußischen Verwaltung ein, da in seiner Familie Künstler nicht als Beruf verstanden wurde. Künstlerisch betätigte er sich dennoch; neben seiner Tätigkeit als Komponist war er ein geachteter Maler. Seine Karikaturen von Vorgesetzten führten jedoch 1802 zu Strafversetzungen zunächst ins polnische Plozk und später nach Warschau. Nach der Niederlage Preußens gegen das napoleonische Frankreich wurden 1807 alle preußischen Beamten entlassen. In den folgenden Jahren wirkte Hoffmann in verschiedenen deutschen Städten wie Dresden und Leipzig als Kapellmeister. Nach Napoleons Niederlage 1814 trat er wieder in den juristischen Staatsdienst Preußens. Seinen Zeitgenossen galt die Figur des Knarrpanti aus »Meister Floh« als Karikatur des Ministerialdirektors Kamptz; bevor allerdings Strafmaßnahmen gegen Hoffmann ergriffen wurden, erlag er 1822 einer Form der Syphilis.
      
    Hoffmann selbst begriff sich in erster Linie als Musiker und Komponist, doch in Erinnerung geblieben ist er für seine literarischen Werke. Schon zu Lebzeiten galt er in Deutschland als Held der »jüngeren Gesellschaft«, verkehrte mit bekannten Literaten und übte erheblichen und weiten Einfluss aus, der sich über die Übersetzungen ins Englische, Französische und Russische weltweit bis auf den heutigen Tag feststellen lässt; Hoffmann gilt nicht ohne Grund als der beliebteste und wirkungsmächtigste deutsche Romantiker. Thematisch griff er das Phantastische und Surreale auf, was ihm bei Zeitgenossen den Spitznamen »Gespenster-Hoffmann« einbrachte. Allerdings zielte er darauf ab, das Dämonische nicht in Ungeheuern, sondern in Menschen zu manifestieren. Dabei versuchte er stets, das innerste Wesen der Dinge zu erfassen und im sinnlich Erfassbaren zur Geltung zu bringen.
    Dies war eine Konsequenz des »serapiontischen Prinzips«, der Verbindung von Gegensätzlichkeiten, die in »Die Serapionsbrüder« besonders deutlich wird. »Die Serapionsbrüder« ist eine Sammlung von verschiedensten Erzähltexten, die durch die Rahmenhandlung der Treffen einiger sich unterhaltender junger Leute zusammengehalten wird. Vorbild für diese Treffen waren die Gesellschaften von Hoffmanns Freunden, die sich selbst »Serapionsbrüder« nannten. Die Sammlung wurde in vier Bänden zwischen 1819 und 1821 veröffentlicht, doch der genaue Entstehungszeitraum der einzelnen Geschichten bleibt unbekannt. Die folgende Geschichte entstammt dem vierten Band und wird gelegentlich unter Titeln wie »Cyprians Erzählung«, »Vampirismus« oder »Hyänen« abgedruckt.

Cyprians Erzählung

— E. T. A. Hoffmann
    »Graf Hyppolit«, begann Cyprian, »war zurückgekehrt von langen weiten Reisen, um das reiche Erbe seines Vaters, der unlängst gestorben, in Besitz zu nehmen. Das Stammschloss lag in der schönsten anmutigsten Gegend, und die

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