Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
Vom Netzwerk:
Rauswurf.« Er nahm den Blick nicht von der Salatschüssel.
    »Kit, du weißt, dass ich dich liebe und dass ich dich sehr gerne hier habe, aber ich glaube, es ist Zeit, dass du nach Hause gehst.«
    »Was sagt man über Hausgäste und alten Fisch? Oder sind es Verwandte?«
    »Darum geht’s nicht, und du weißt das. Aber du bist jetzt schon fast zwei Wochen hier. Ist dir nicht langweilig? Willst du nicht deine Freunde wieder sehen und nach deinem Boot schauen?«
    Er zuckte die Achseln. »Die laufen mir nicht weg.«
    »Ich bin mir sicher, dass Harry und dein Vater dich vermissen.«
    »Aber sicher. Sie haben beide die Drähte heiß telefoniert.«
    »Deine Mutter ist in Mexiko. Es ist nicht einfa –«
    »Sie ist am Montag in Houston angekommen.«
    »Was?«
    »Ich wollte es dir nicht sagen.«
    »Ach so?«
    »Ich wusste doch, dass du mich wegschicken würdest, wenn sie zurück ist.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Er ließ die Hand sinken, seine Finger krümmten sich um den Rand der Schüssel. Draußen heulte eine Sirene, leise, laut, leise. Als er antwortete, sah er mich nicht an.
    »Als ich ein kleiner Junge war, hast du dich bei mir immer sehr zurückgehalten, weil du Angst hattest, dass Harry eifersüchtig werden könnte. Oder wütend. Oder dass sie es dir übel nimmt. Oder sich unzulänglich vorkommt. Oder, oder –«
    Er nahm einen Croûton, warf ihn wieder in die Schüssel. Öl tropfte auf den Tisch.
    »Kit!«
    »Und weißt du was? Sie sollte sich auch unzulänglich vorkommen. Das Einzige, wofür ich Harry dankbar sein sollte, ist, dass sie mich nicht gleich nach der Geburt in einem Schuhkarton vergraben hat.« Er stand auf. »Ich packe mein Zeug.«
    Ich stand ebenfalls auf und packte ihn am Arm. Als ich ihn ansah, war sein Gesicht verkniffen vor Wut.
    »Harry hat damit überhaupt nichts zu tun. Ich schicke dich heim, weil ich Angst um dich habe. Ich habe Angst wegen der Leute, mit denen du dich triffst, und wegen dem, was sie vielleicht tun, und ich habe Angst, dass du dich in Dinge hast hineinziehen lassen, die dich in Gefahr bringen können.«
    »Das ist doch alles Blödsinn. Ich bin kein Baby mehr. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen.«
    Frosch Rinaldi blitzte vor mir auf, sein Schatten, der über ein Grab fiel. Gately und Martineau hatten eine Entscheidung getroffen. Eine tödliche Entscheidung. Savannah Osprey ebenfalls. Und George Dorsey. Ich würde nicht zulassen, dass Kit dasselbe tat.
    »Wenn dir etwas passiert, verzeihe ich mir das nie.«
    »Mir wird schon nichts passieren.«
    »Ich kann dieses Risiko nicht eingehen. Ich glaube, du bist in gefährliche Gesellschaft geraten.«
    »Ich bin keine sechs mehr, Tante Tempe. Du kannst mich rauswerfen, aber du kannst mir nicht mehr sagen, was ich tun soll.« Seine Kiefermuskeln traten hervor, dann hüpfte sein Adamsapfel.
    Wir verstummten beide, denn wir merkten, wie nahe wir Worten waren, die, würden sie ausgesprochen, verletzend wären. Ich ließ ihn los, und Kit verschwand in seinem Zimmer. Ich hörte nur noch das leise Tapsen seiner nackten Füße auf dem Teppichboden in der Diele.
    Ich schlief unruhig, wachte dann auf, lag in der Dunkelheit und dachte über meinen Neffen nach. Die Jalousie vor dem Fenster erhellte sich von Schwarz zu Anthrazit. Ich stand auf, kochte mir Tee und ging mit der Tasse auf die Veranda.
    Eingewickelt in Großmutters Quilt, sah ich zu, wie am Himmel die Sterne verblassten, und dachte an Abende in Charlotte. Als Katy und Kit noch klein waren, suchten wir oft bekannte Konstellationen am Himmel und tauften unsere eigenen. Katy sah eine Maus, ein Hündchen, ein Paar Rollschuhe. Und Kit sah eine Mutter mit Kind.
    Ich zog die Beine an und trank die heiße Flüssigkeit.
    Wie konnte ich Kit begreiflich machen, warum ich ihn nach Hause schickte? Er war jung und verletzlich und sehnte sich verzweifelt nach Anerkennung und Zustimmung.
    Aber Anerkennung und Zustimmung von wem? Warum will er bei mir bleiben? Biete ich ihm eine Basis, von der aus er Dinge tun kann, die er mir nicht verrät?
    Vom Tag seiner Ankunft an hatte seine Apathie mich verwirrt. Katy hätte sofort den Kontakt mit Gleichaltrigen gesucht, Kit dagegen schien zufrieden zu sein mit ein paar Ausflügen, Videospielen und der Gesellschaft seiner alternden Tante und ihrer alternden Katze. Der augenblickliche Kit passte so überhaupt nicht zu dem Jungen, an den ich mich erinnerte. Aufgeschürfte Knie. Genähte Platzwunden. Knochenbrüche. Kits Bewegungsdrang hatte dafür gesorgt,

Weitere Kostenlose Bücher