Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
erklären, wie man Toilettenpapier benutzt.
Ich nahm mir eben das nächste Foto vor, als das Telefon klingelte.
So legte ich Eli »Robin« Hood neben Deluxe und hob ab, weil ich hoffte, dass es Roy war.
Er war es nicht.
Eine heisere Stimme fragte nach mir und ließ dabei zwar das lange »e« am Ende meines Vornamens weg, sprach aber meinen Nachnamen korrekt aus. Der Mann war ein Fremder und offensichtlich anglophon. Ich antwortete auf Englisch.
»Hier spricht Dr. Brennan.«
Es gab eine lange Pause, in der ich Klirren hören konnte und etwas, das klang wie eine öffentliche Durchsage.
»Hier spricht Dr. Brennan«, wiederholte ich.
Ich hörte Räuspern, dann Atmen. Schließlich sagte eine Stimme: »Hier George Dorsey.«
»Ja.« Ich durchforstete mein Gedächtnis, aber der Name sagte mir nichts.
»Sind Sie diejenige, die diese Leichen ausgebuddelt hat?«
Der Klang war dumpf geworden, als hätte George Dorsey die Hand über die Sprechmuschel gelegt.
»Ja.« Jetzt geht’s los.
»Ich habe Ihren Namen heute in der Zeitung ge–«
»Mr. Dorsey, wenn Sie Informationen über diese Personen haben, sollten Sie mit den ermittelnden Beamten sprechen.«
Sollten sich doch Claudel oder Quickwater mit dem postmedialen Zirkus herumschlagen.
»Sind Sie nicht bei der Carcajou?«
»Nicht in dem Sinne, wie Sie glauben. Der ermittelnde Beamte –«
»Dieser Wichser hat den Kopf so weit in seinem eigenen Arsch, dass er ein Sonar braucht, um ihn zu finden.«
Das ließ mich aufhören.
»Haben Sie mit Constable Quickwater gesprochen?«
»Ich kann mit keiner Sau reden, solange dieser Trottel Claudel mich bei den Eiern hat.«
»Wie bitte?«
»Dieses Arschloch möchte Karriere machen, und deshalb hocke ich hier und fresse Scheiße.«
Einen Augenblick lang sagte keiner etwas. Der Anruf klang, als würde er aus einer Tiefseetauchkugel kommen.
»Er stoppelt wahrscheinlich nur was für CNN zusammen.«
Allmählich wurde ich ungeduldig, aber ich wollte es mir nicht verbauen, an Informationen zu kommen, die vielleicht nützlich sein konnten.
»Rufen Sie wegen der in St.Basile geborgenen Skelette an?«
Ich hörte, wie Schleim hochgezogen wurde, und dann: »Scheiße, nein.«
In diesem Augenblick erinnerte ich mich wieder an den Namen.
George Dorsey war der Verdächtige, den Claudel eingesperrt hatte.
»Wurden Sie schon angeklagt, Mr. Dorsey?«
»Nein, verdammt.«
»Warum werden Sie festgehalten?«
»Sie haben mich mit sechs Einheiten Meth geschnappt.«
»Warum rufen Sie mich an?«
»Weil von diesen anderen Arschlöchern keiner zuhört. Ich habe Cherokee nicht umgelegt. Das war eine Stümperarbeit.«
Ich spürte, wie mein Puls sich beschleunigte.
»Wie meinen Sie das?«
»Das waren keine Brüder, die klar Tisch gemacht haben.«
»Wollen Sie damit sagen, dass der Mord an Cherokee nicht bandenbezogen war?«
»Volltreffer.«
»Wer hat ihn dann getötet?«
»Schieben Sie Ihren Arsch hier rüber, und ich verklicker es Ihnen.«
Ich sagte nichts. In der Stille klang Dorseys Atmen sehr laut.
»Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen trauen sollte.«
»Und Sie sind auch nicht gerade meine Traumfrau, aber von den anderen Wichsern hört ja keiner zu. Die haben ‘nen D-Day des Scheißebauens angezettelt und mich am Omaha Beach abgesetzt.«
»Ich bin beeindruckt von Ihrem Geschichtswissen, Mr. Dorsey, aber warum sollte ich Ihnen glauben?«
»Haben Sie ‘ne bessere Spur?«
Ich ließ die Frage einen Augenblick in der Luft hängen. Auch wenn er ein Verlierer war, in diesem Punkt hatte George Dorsey nicht Unrecht. Und anscheinend schien heute sonst keiner mit mir reden zu wollen.
Ich schaute auf die Uhr. Elf Uhr zwanzig.
»Ich bin in einer Stunde bei Ihnen.«
21
Was polizeiliche Aufgaben angeht, ist die Communauté Urbaine de Montréal in vier Sektionen unterteilt, jede mit einer Zentrale, in der sich Interventions-, Analyse- und Ermittlungsabteilungen befinden, außerdem ein Untersuchungsgefängnis. Verdächtige, die wegen Mordes oder Sexualverbrechen verhaftet wurden, sind in einer Einrichtung in der Nähe der Place Versailles im äußersten Osten der Stadt untergebracht. Alle anderen warten in einem der vier Sektionsgefängnisse auf ihre Vernehmung zur Anklage. Für den Besitz von Methedrin kam Dorsey in die für seine Gegend zuständige Einrichtung, das Op South.
Die Op-South-Zentrale liegt an der Rue Guy und dem Boulevard René Levesque am Rand von Centre-ville. Die Gegend ist vorwiegend französisch und englisch, es
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