Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan
rauschenden Abend in der ältesten französischen Stadt Nordamerikas.
Pizza. Badewanne. Baseball.
Birdie blieb bis zum achten Inning und rollte sich dann auf dem Bett im Gästezimmer zu einem Knäuel zusammen. Als ich um viertel nach elf in mein Bett ging, streckte er sich und zog auf meinen Schlafzimmersessel um.
Ich schlief fast sofort ein und träumte wirres, sinnloses Zeug. Kit winkte von einem Boot, Andrew Ryan stand an seiner Seite. Isabelle servierte Abendessen. Ein kopfloser Cherokee Desjardins hob mit einer Pinzette Fleischfetzen auf und steckte sie in eine Plastiktüte.
Als Kit nach Hause kam, wachte ich kurz auf, war aber zu müde, um Hallo zu sagen. Er wurschtelte noch immer in der Küche herum, als ich wieder wegdöste.
Am nächsten Morgen sah ich mir gerade Pelletiers Knochen an, als Denis in mein Labor kam.
»C’est la vedette!«
Der Star? O nein.
Er schlug ein Exemplar von Le Journal de Montreal auf und deutete auf ein Foto, das mich auf dem Clubgelände der Vipers zeigte. Daneben stand ein kurzer Artikel, in dem die Entdeckung von Gately und Martineau rekapituliert und dann der Coroner mit den Worten zitiert wurde, bei dem geheimnisvollen dritten Skelett handle es sich um die sechzehnjährige Savannah Claire Osprey, eine Amerikanerin, die seit 1984 vermisst werde. Die Bildunterschrift bezeichnete mich als Angehörte der Carcajou-Einheit.
»C’est une promotion ou une reduction?«
Ich lächelte, fragte mich, ob Quickwater und Claudel den Irrtum als Beförderung oder Degradierung betrachten würden, und machte mich dann wieder an die Knochen. Bis jetzt hatte ich zwei Lammkoteletts, einen Rinderbraten und mehr gegrillte Hähnchen, als ich eigentlich zählen wollte.
Um zehn war ich mit den Knochen fertig und hatte einen detaillierten Bericht geschrieben, in dem ich ausführte, dass die Knochen nicht menschlich waren.
Ich brachte den Bericht ins Sekretariat, kehrte dann in mein Büro zurück und rief in der Carcajou-Zentrale an. Jacques Roy war in einer Besprechung und würde erst am späten Nachmittag wieder verfügbar sein. Ich hinterließ Namen und Telefonnummer. Ich versuchte es bei Claudel und hinterließ dieselbe Nachricht. Charbonneau. Selber Name, selbe Nummer. Bitte ruft an. Ich überlegte, ob ich sie anpiepsen sollte, sah dann aber ein, dass es so dringend auch wieder nicht war.
Frustriert drehte ich mich in meinem Stuhl herum und schaute auf den Fluss hinaus.
Die Mikro-Struktur der Knochen aus Myrtle Beach konnte ich nicht untersuchen, weil die Objektträger noch nicht präpariert waren. Nur Gott wusste, wann ich die DNS-Ergebnisse bekommen würde oder ob überhaupt noch etwas vorhanden war, das man sequenzieren konnte.
Und jetzt?
LaManche war unten und führte die Autopsie von Cherokee durch. Ich konnte ja vorbeischauen und so vielleicht meine Zweifel in Bezug auf diesen Mord beseitigen.
Nein. Die Vorstellung, noch einen auf dem Autopsietisch ausgebreiteten Biker zu untersuchen, begeisterte mich nicht gerade.
Ich beschloss, das Material zu sortieren, das Kate mir gegeben hatte. Ich war so überstürzt aufgebrochen, dass ich es noch nicht durchgegangen war. Wir hatten nur schnell das Wichtigste zusammengesucht und in meine Aktentasche gestopft, dann hatte ich die Überlassungspapiere unterschrieben und war davongeeilt, um meine Maschine zu erreichen.
Ich leerte die Tasche auf meinen Schreibtisch und stapelte die Fotos links und die Aktendeckel rechts. Dann nahm ich einen braunen Umschlag zur Hand, schüttelte die Fotos auf meine Schreibtischunterlage und drehte eins um. Auf der Rückseite war es mit Datum, Ort, Ereignis, Namen und mehreren Aktenzeichen beschriftet.
Ich drehte das Foto wieder auf die Vorderseite und starrte in das Gesicht von Martin »Deluxe« DeLuccio, auf Film verewigt am 23. Juli 1992 während einer Rallye nach Wilmington, North Carolina.
Die Augen des Abgebildeten waren versteckt hinter einer Sonnenbrille mit Gläsern von der Größe eines Vierteldollars, ein zusammengerolltes Tuch umspannte seinen Kopf. Seine Jeansweste trug den grinsenden Schädel und die gekreuzten Kolben des Outlaw Motorcycle Clubs. Das untere Banner identifizierte den Träger als Mitglied der Ortsgruppe Lexington.
Das Gesicht des Bikers wirkte aufgedunsen, er hatte ein Doppelkinn, und unter der Weste wölbte sich ein dicker Bauch. Er saß auf einer schweren Maschine, ein Michelob-Bier in der linken Hand und einen leeren Ausdruck im Gesicht. Deluxe sah aus, als müsste man ihm
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