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Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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allein.
    Dorsey rührte sich nicht, fixierte mich jedoch mit seinem Blick, als ich zur Theke ging und den Hörer in die Hand nahm.
    Ich dachte an das Bild im Schlafzimmer meiner Oma, Jesus mit der Dornenkrone auf dem Haupt und Blutstropfen auf der Stirn. Wohin ich auch ging, der Blick verfolgte mich. Hinschauen, die Augen waren offen. Einmal blinzeln, und sie waren geschlossen. Das Bild war so beängstigend, dass ich während meiner ganzen Kindheit das Zimmer meiner Großmutter mied. Dorsey hatte dieselben Augen.
    Innerlich zitternd setzte ich mich und verschränkte die Hände auf der Theke. Der Mann, der mir gegenübersaß, war dünn und drahtig, er hatte eine Höckernase und rasiermesserschmale Lippen. Eine Narbe lief von seiner linken Schläfe über die Wange bis zum Gestrüppkreis um seinen Mund. Sein Schädel war rasiert bis auf einen dunklen gezackten Blitz, der an der Narbe endete.
    Ich wartete, dass er das Telefon zur Hand nahm und das Schweigen brach. Von draußen drangen Stimmen und das Klirren von Stahl auf Stahl in das kleine Zimmer. Trotz der Intensität seines Blicks sah Dorsey aus, als hätte er schon eine ganze Weile nicht geschlafen.
    Nach einer halben Ewigkeit lächelte Dorsey. Die Lippen verschwanden, kleine gelbe Zähne wurden sichtbar. Aber aus den Augen strahlte keine Freude. Mit einer ruckartigen Bewegung riss er den Hörer von der Gabel und hielt ihn sich ans Ohr.
    »Sie haben Mumm, hierher zu kommen, Lady.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Zigaretten dabei?«
    »Bin Nichtraucherin.«
    Er zog die Füße zurück, bog seine Zehen auf und ließ ein Bein auf dem Zehenballen auf und ab wippen. Wieder verstummte er. Dann: »Ich hatte mit dieser Scheiße in Pointe-St.-Charles nichts zu tun.«
    »Das haben Sie bereits gesagt.« Ich hatte die grausige Szene in den Appartements du Soleil vor Augen.
    »Dieses Arschloch Claudel will mir den Schwanz abschneiden. Denkt sich, wenn er mich nur lange genug durch die Mangel dreht, gebe ich schon zu, Cherokee abgefackelt zu haben.«
    Das Wippen wurde hektischer.
    »Sergeant-Detective Claudel macht einfach nur seine Arbeit.«
    »Sergeant-Detective Claudel macht sogar beim Furzen alles falsch.«
    Es gab Zeiten, da stimmte ich dieser Einschätzung zu.
    »Kannten Sie Cherokee Desjardins?«
    »Ich habe von ihm gehört.«
    Er fuhr mit dem Finger über eine Furche auf der Theke.
    »Wussten Sie, dass er dealte?«
    Jetzt zuckte Dorsey die Achseln.
    Ich wartete.
    »Vielleicht war der Stoff nur für den persönlichen Gebrauch. Sie wissen schon, medizinisch. Ich habe gehört, er hatte Gesundheitsprobleme.«
    Er strich sich mit dem Finger durch seinen Kinnbart und bearbeitete dann weiter die Furche.
    »Sie wurden in Desjardins’ Wohnblock etwa zu der Zeit gesehen, ab er erschossen wurde. In Ihrer Wohnung fand man eine blutige Jacke.«
    »Die Jacke gehört nicht mir.«
    »Und O. J. besaß nie Handschuhe.«
    »Was für ein Trottel behält nach einem Mord ein Souvenir?«
    Da hatte er nicht Unrecht.
    »Warum waren Sie in dieser Gegend?«
    Er schoss nach vorne und spreizte die Ellbogen auf der Theke. Mein Herz machte einen Satz, aber ich zuckte nicht mit der Wimper.
    »Das ist meine Sache.«
    Ich sah, wie er die Augen leicht zusammenkniff, und fragte mich, welche Lügengeschichte er gerade für mich zusammenbastelte.
    Wieder Schweigen.
    »Wissen Sie, wer ihn getötet hat, George?«
    Fehler.
    »O wow!« Er krümmte die Finger der freien Hand und stützte das Kinn darauf. »Und darf ich Sie Tempe nennen?«
    »Das ist kein Freundschaftsbesuch. Sie haben mich gebeten zu kommen.«
    Dorsey drehte sich zur Seite und streckte ein Bein zur Wand hin aus. Die freie Hand spielte mit der Telefonschnur, während er mit einem senkellosen Stiefel nach der Scheuerleiste trat. Draußen rief ein Mann einem gewissen Marc etwas zu. Ich wartete.
    Und endlich: »Hören Sie: Ich sag Ihnen eins. Das waren Amateure. Absolute Stümper.«
    Dorsey drehte sich wieder mir zu und versuchte, mich niederzustarren. Dann senkte er den Blick und öffnete und schloss mehrmals die Faust. Ich sah die Buchstaben F.T.W. über seine Knöchel gleiten.
    »Und?«
    »Das war keine Vier-Sterne-Show, mehr will ich im Augenblick nicht sagen.«
    »Dann kann ich Ihnen nicht helfen. Zu dem Schluss, dass dort schlampig gearbeitet wurde, sind wir auch schon gekommen.«
    Dorsey machte wieder einen Satz nach vorn und breitete die Unterarme auf der Theke aus.
    »Ihr Claudel meint vielleicht, ich bin nur irgendein beschissener

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