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Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Lasst Knochen sprechen: 3. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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den Respekt des Fotografen spüren, dieses Angezogen- und zugleich Abgestoßensein von der Aura der Outlaw-Biker.
    In der nächsten Stunde arbeitete ich mich durch die Umschläge. Von Sturgis, South Dakota, bis Daytona Beach, Florida, waren die Szenen und Teilnehmer von einer ermüdenden Gleichförmigkeit, ob nun von der Polizei oder einem Normalbürger aufgenommen. Rallyes. Zeltplätze. Tauschbörsen. Bars. Um eins hatte ich genug gesehen.
    Es war Zeit, mit Kit zu reden.
    Ich wappnete mich für das Gespräch, ging zur Tür des Gästezimmers und klopfte.
    Nichts.
    Ich klopfte lauter.
    »Kit?«
    »Ja.«
    »Es ist nach eins. Ich möchte gern mit dir reden.«
    »Mmmmm.«
    »Bist du wach?«
    »Mhhhm.«
    »Schlaf nicht wieder ein.«
    »Gib mir fünf Minuten.«
    »Frühstück oder Mittagessen?«
    »Ja.«
    Ich nahm das als Bestätigung des Letzteren, weil mir der Sinn eher danach stand, und machte Schinken- und Käse-Sandwiches mit Dillgurken. Als ich Kates Material zusammenschob, um auf dem Tisch Platz zu schaffen, hörte ich die Tür des Gästezimmers aufgehen und dann Aktivität im Bad.
    Nach einer Weile tauchte mein Neffe auf, und meine Entschlossenheit schwand. Seine Augen waren rot gerändert, sein Gesicht hatte die Farbe von Haferschleim. Seine Haare erinnerten am Jim Carrey.
    »Morgen, Tante T.«
    Als er die Hände hob und sich damit übers Gesicht fuhr, sah ich den Rand eines Tattoos aus dem Ärmel seines T-Shirts herauslugen.
    »Es ist Nachmittag.«
    »‘tschuldigung. Bin ziemlich spät nach Hause gekommen.«
    »Ja. Schinken-Sandwich?«
    »Klar. Hast du Coke?«, fragte er mit belegter Stimme.
    »Diet Coke.«
    »Cool.«
    Ich holte zwei Dosen aus dem Kühlschrank und setzte mich zu ihm an den Tisch. Er beäugte das Sandwich wie andere eine zerdrückte Küchenschabe.
    »Du fühlst dich gleich besser, wenn du was isst«, ermunterte ich ihn.
    »Ich muss nur erst richtig aufwachen. Mir geht’s gut.«
    Er sah so gut aus wie ein Pockenopfer. Winzige rote Adern durchzogen das Weiß seiner Augen, und Rauchgeruch hing in seinen Haaren.
    »Ich bin’s, Kit. Ich kenne das.«
    Das tat ich wirklich, und ich wusste, was er durchmachte. Ich erinnerte mich an das Gefühl, wenn der Restalkohol durch den Kreislauf schwappt, einem den Magen umdreht und in den erweiterten Gefäßen im Hirn pocht. Der trockene Mund. Die zitternden Hände. Das Gefühl, dass einem jemand Bleischrot in die Magengrube gekippt hat.
    Kit rieb sich die Augen, streckte dann die Hand aus und strich Birdie über den Kopf. Ich wusste, dass er jetzt lieber ganz woanders wäre.
    »Essen hilft.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Probier das Sandwich mal.«
    Er hob den Blick und lächelte mich an. Aber sobald er sich entspannte, bogen seine Mundwinkel sich wieder nach unten; ohne bewussten Befehl konnte er die Anstrengung nicht aufrechterhalten. Er biss ein winziges Stückchen von dem Sandwich ab.
    »Hmmm.« Er riss das Coke auf, legte den Kopf in den Nacken und schluckte.
    Es war offensichtlich, dass er nicht in die Richtung wollte, die ich mir vorgenommen hatte. Na ja, eigentlich wollte ich auch nicht so recht. Vielleicht gab es ja gar kein Thema. Er war neunzehn. Er hatte sich prächtig amüsiert. Und jetzt hatte er einen Kater. Das kennen wir doch alle.
    Dann erinnerte ich mich an die Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Und an das Tattoo.
    Es gab Themen, und wir mussten darüber sprechen.
    Ich wusste, dass ich mit dem, was ich sagen wollte, kaum etwas ausrichten würde. Wahrscheinlich gar nichts. Er war jung. Er war unverwundbar. Und er hatte »Feuer im Hintern«, wie Harry gesagt hatte. Aber einen Versuch war ich ihm schuldig.
    »Wer ist der Preacher?«, fragte ich.
    Er ließ seine Coke-Dose auf dem Tisch kreisen und sah mich an.
    »Nur ein Typ, den ich kennen gelernt habe.«
    »Wo?«
    »Im Harley-Laden. In dem ich mit Lyle war.«
    »Was für ein Typ?«
    Er zuckte nur die Achseln.
    »Nichts Besonderes. Ein Typ eben.«
    »Er hat dir eine Nachricht hinterlassen.«
    »Ach so?«
    »Hör sie dir an. Ich kann sie nicht übersetzten.«
    »Ja. Der Preacher ist ein ziemlicher Spinner.«
    Das war eine Untertreibung.
    »Inwiefern?«
    »Weiß auch nicht. Er hängt nur da draußen rum. Aber er fährt einen 64er Panhead-Chopper, der ist einfach krass.« Er trank einen langen Schluck. »Tut mir Leid, dass ich dich gestern Abend versetzt habe. Hast du meine Nachricht gefunden?« Er suchte nach einem neuen Thema.
    »Ja. Was war denn das für ein wichtiges Ereignis?«
    »Ein

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