Lasst uns ueber Liebe reden
Völkchen.«
»Vergess
ich nicht«, sagte Dan ernst. »Noch mal danke, Dad.« Er steckte das Handy weg,
stieß die Schultüren auf und winkte der uralten Aggie im Sekretariat zu, die
jeden Tag eine andere Perücke aufhatte. Dann trug er sich in die Anwesenheitsliste
ein. Sein Handy piepte. Anscheinend hatte jemand versucht, ihn zu erreichen,
während er mit seinem Vater gesprochen hatte. Handys waren während des Unterrichts
verboten, aber die erste Stunde hatte sowieso schon angefangen, und die Flure
lagen wie ausgestorben da. Während er die Treppe zum Chemielabor hochging,
hörte er seine Mailbox ab.
»Daniel
Humphrey? Rusty Klein hier, von Klein, Lowen- stein & Schutt. Ich hab dein
Gedicht im New Yorker gelesen und nehme an, du hast noch keinen Agenten,
also werde ich dich vertreten. Ich hab dich auf die Gästeliste für die Show von Better than Naked nächsten Freitag setzen lassen. Da können wir
dann alles bereden. Vielleicht weißt du es noch nicht, Daniel, aber du bist
heißer als heiß. Die Menschheit braucht einen ernsten jungen Dichter, um sich
wertlos und oberflächlich zu fühlen. Und jetzt, wo alle angespitzt sind, muss
es Schlag auf Schlag gehen. Du bist der neue Keats, und wir machen dich so
schnell so berühmt, dass du glauben wirst, du wärst schon als Star auf die Welt
gekommen. Ich freu mich. Ciao!«
Dan blieb
mit weichen Knien vor der Tür zum Chemielabor stehen und hörte sich Rusty
Kleins laut und gehetzt gesprochene Nachricht ein zweites Mal an. Er wusste,
wer sie war. Sie war die Literaturagentin, die den Millionen-Deal für den
schottischen Jockey ausgehandelt hatte, der behauptete, Prinz Charles'
unehelicher Sohn zu sein. Dan hatte in der Neiu York Post davon gelesen. Er hatte keine Ahnung, wer oder was Better than Naked war, fand es aber ziemlich cool von Rusty, ihn auf die Gästeliste zu setzen,
obwohl sie sich gar nicht kannten. Es schmeichelte ihm auch, als der neue Keats
bezeichnet zu werden. Keats war eines seiner ganz großen Vorbilder, und wenn
Rusty Klein das erkannt hatte, obwohl sie nur ein einziges seiner Gedichte
gelesen hatte, dann wollte er sie unbedingt zur Agentin.
Er steckte
das Handy in die Tasche zurück und zog den New Yorker heraus. Diesmal schlug er die Seite mit den Kurzbiografien auf und las zunächst
den kurzen Eintrag unter seinem Namen, bevor er noch einmal zu Seite zweiundvierzig
zurückblätterte und sein Gedicht las. Er las es von Anfang bis Ende und fand es
gar nicht mehr peinlich, seine eigenen Worte gedruckt zu sehen. Rusty Klein
fand ihn gut - Rusty Klein ! Also stimmte es vielleicht. Womöglich war er
wirklich gut. Er spähte durch die kleine Scheibe in der Tür des Labors auf die
Köpfe der Jungs, die wie Schachfiguren aufgereiht saßen und zur Tafel blickten.
Schule kam ihm auf einmal so banal vor. Er war auf dem Weg zu etwas phänomenal
Größerem und unendlich Besserem.
In diesem
Moment wurde die Tür aufgerissen und der absurd kleinwüchsige Mr
Schindledecker stand in einem häss- lichen Zweireiher vor ihm, zupfte an seinem
braunen Schnurrbart und starrte zu ihm empor. »Haben Sie vor, uns heute noch
mit Ihrer Anwesenheit zu beglücken, Mr Humphrey, oder ziehen Sie es vor, uns
durchs Fenster zuzusehen?«
Dan rollte
den New Yorker zusammen und schob ihn unter den Arm. »Lieber
beglücke ich Sie.« Er schob sich an Mr Schindledecker vorbei, ging gelassen
durch den Raum und setzte sich in die letzte Reihe. Merkwürdig. Gelassenheit
war etwas, das Dan nie besessen hatte, und auch seine Stimme eben war kaum
wiederzuerkennen gewesen. Sie hatte einen anmaßenden Unterton gehabt, als wäre
etwas in ihm erwacht und bereit, losgelassen zu werden.
Er musste
an einen Satz in dem Keats-Gedicht »Why Did I Laugh Tonight?« denken. Verse, Farne and Beauty are interne indeed...
0 ja,
diese Intensität von Poesie, Ruhm und Schönheit spürte Dan gerade ganz
deutlich.
j
und e auf der treppe zum erfolg
»Komm,
gehen wir raus, eine rauchen«, raunte Elise Jenny in der kleinen
Saft-und-Kekse-Pause nach der zweiten Stunde ins Ohr, als alle Schülerinnen
nach unten in die Cafeteria strömten. In den Pausen nach draußen zu gehen, war
nur den Mädchen aus der Oberstufe erlaubt, also schlug Elise etwas extrem
Verbotenes vor.
Jenny
blieb erschrocken stehen. »Du rauchst?«
Elise
machte den Reißverschluss der kleinen Außentasche an ihrem beigen
Kenneth-Cole-Rucksack auf und zog eine Packung Marlboro Light halb hervor. »Nur
ganz manchmal«, sagte sie und
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