Lasst uns ueber Liebe reden
für
alles, was sie für einen getan hätten, natürlich unendlich dankbar sei.
Außerdem sieben Gedichte über die Bedeutung wahrer Freundschaft.
Gähn.
Nachdem
Vanessa die dritte Kurzgeschichte gelesen hatte, schlappte sie ins Bad, um sich
Rubys Halawa-Set zu holen. Halawa ist eine extreme Schweinerei, aber dafür eine
ganz natürliche und »nahezu schmerzlose« Methode der Haarentfernung. Man
streicht sich die Beine mit einem pappigen braunen Zuckersirup ein, klebt einen
Baumwollstreifen drauf, reißt ihn ab und ist mit einem Ruck alle Haare los.
Schmerzlos? Ja, klar.
Vanessa
befreite sich strampelnd von ihren schwarzen Leggings, breitete ein schwarzes
Handtuch auf ihrer schwarzgrauen Patchwork-Tagesdecke aus und setzte sich
darauf. Nachdem sie sich die strammen, käsigen Waden großzügig mit der Pampe
eingeschmiert hatte, kam sie sich wie ein gigantischer Donut mit Zuckerguss
vor. Normalerweise war sie wartungstechnisch eher anspruchslos, aber da Dan
jetzt mit Supermodeis, Agentinnen und Modedesignern in Berührung kommen würde,
hielt sie es für angeraten, zumindest einen Vernichtungsversuch gegen die auf
ihren Beinen sprießenden Haare zu starten. Außerdem lauerte der Frühling schon
hinter der nächsten Ecke. Vielleicht war sie sogar wahnsinnig genug, es mal
mit einem Minirock zu probieren.
»Fuck!«,
entfuhr es ihr geschockt, als sie den ersten Stoffstreifen abriss. Wer war
überhaupt auf die bescheuerte Idee gekommen, dass Frauen glatt und haarlos wie
Babys sein sollten? Was war an den paar Härchen auszusetzen? Die meisten
Männer waren von den Zehen bis zum Rücken mit Wolle bedeckt.
Sie riss
den nächsten Streifen ab. »O GOTT!« Das war der pure Masochismus. Ihre Haut
lief knallrot an, und es hätte sie nicht gewundert, wenn auch noch Blut gespritzt
wäre.
Als ihr
Telefon klingelte, schnappte sie es und brüllte hinein: »Falls du das bist,
Dan, will ich dir nur mal sagen, dass ich mir gerade mit bloßen Händen die
Haare aus dem Körper reiße, und das tue ich alles nur für dich, was verdammt
poetisch ist, wenn du mich fragst!«
»Hallo?
Vanessa Abrams? Hier ist Ken Mogul, der Filmemacher. Du hast mir vor ein paar
Wochen dein New-York-
Porträt
geschickt. Wir haben uns an Silvester im Central Park getroffen, du erinnerst
dich?«
Vanessa
setzte sich auf und drückte den Hörer richtig ans Ohr. Ken Mogul war
zufälligerweise einer der berühmtesten Regisseure der Independent-Filmszene.
Um Weihnachten herum hatte er einen Film von Vanessa im Internet gesehen und
war so beeindruckt gewesen, dass er ihre Adresse ausfindig gemacht und sie
kontaktiert hatte. Dummerweise hatte er sie genau um Mitternacht an Silvester
im Central Park angesprochen, als Dan auch gerade da gewesen war, um ihr einen
saftigen Neujahrskuss zu geben. Unnötig zu sagen, dass Vanessa Ken Mogul links
liegen gelassen hatte. Immerhin hatte sie ihm aber ihren New-York-Film
geschickt, sobald er fertig gewesen war.
»Na klar
erinnere ich mich«, rief sie völlig überrascht darüber, dass der Regisseur
überhaupt noch mit ihr sprechen wollte. »Worum geht's?«
»Ich hab
deinen Film Jedediah Angel gezeigt, der ein guter Freund von mir ist. Ich
hoffe, das geht d'accord mit dir. Tja, und jetzt würde er ihn gern während
seiner Show auf der Fashion Week am Wochenende laufen lassen.«
Vanessa
wickelte das schwarze Handtuch um die Beine. Irgendwie war es ihr peinlich,
halb nackt und mit brauner Soße beschmiert mit Ken Mogul zu sprechen. »Jeremiah
wer?« Ken redete reinstes Hollywoodesisch und Vanessa verstand nur Bahnhof.
»Jedediah
Angel. Der Modedesigner. Sein Label nennt sich Culture of Humanity by
Jedediah Angel, sagt dir das nichts? Sehr hip gerade. Jed sagt,
du bist der nächste Fellini. Dein Film sei so eine Art Anti->Dolce Vita<.
Du rockst seine Welt, Baby. Das hat er wortwörtlich so gesagt.«
Vanessa
grinste. Wieso mussten die Leute immer so bescheuert reden, bloß weil sie es
geschafft hatten und berühmt waren? Sie hatte also seine Welt gerockt, ja?
»Ganz toll«, sagte sie schließlich, weil sie nicht so recht wusste, was Ken von
ihr erwartete. »Muss ich denn irgendwas machen?«
»Komm
einfach zur Show und mach dir einen lustigen Abend. Ich bin natürlich auch da
und ein paar Leute, die du unbedingt kennen lernen musst. Baby - du bist schon
jetzt eine Göttin der Filmwelt. Du rockst, Vanessa. Du rockst so was von total.«
»Cool«,
antwortete Vanessa, etwas angewidert davon, dass er ihr gleich zweimal
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